Vorkasse bei Flugtickets und Insolvenzrisiko

  • Bei Online-Flugbuchungen wird ja in aller Regel Vorkasse verlangt, also: Ich zahle meist sofort den verlangten Preis und erhalte dafür einen Buchungscode, der mir den Transport meiner Person und ggfs. auch meines Gepäcks oder eine Bewirtung an Bord verspricht.


    Gerade bei Urlaubsreisen bucht man ja oft Monate vorher, weil es ja auch die Last-Minute-Rabatte inzwischen nicht mehr gibt und die Flugpreise in Richtung Abflugdatum oft deutlich teurer werden. Was aber, wenn in der Zwischenzeit mit der Airline etwas Negatives passiert? Im Extremfall geht sie pleite, oder aber der gebuchte Flug findet aus anderen Gründen nicht statt.


    Die europäischen Fluggastrechte versprechen mir zwar eine Entschädigung für die Nichtbeförderung und sogar den Anspruch auf eine alternative Beförderung, doch gegen eine insolvente Fluggesellschaft lässt sich das wohl kaum juristisch durchsetzen, oder? Da hilft mir am Ende die EU doch auch nicht. Oder habe ich da etwas übersehen?


    Ganz konkret: In letzter Zeit mehren sich die Hiobsbotschaften im Fall Air Berlin. Die fliegt in den tiefroten Zahlen, streicht Strecken, verkauft Flugzeuge, soll gar mit der Lufthansa verhandeln. Sollte man in dieser Situation dort einen Flug buchen, der erst in einigen Monaten geplant ist? Ich bin unschlüssig, ob ich das tun soll.


    Schließlich noch die Frage: Lässt sich das geschilderte Risiko in irgendeiner Weise absichern? Gibt es irgendeine Versicherung, die mir die Mehrkosten meines Fluges bezahlt, wenn ich wegen eines Ausfalls des Air-Berlin-Fliegers am Ende auf eine teurere Airline umbuchen muss?


    Hat jemand Erfahrungen mit Versicherungen gegen das Insolvenzrisiko gemacht, wie sie auf Flugportalen wie z.B. Cheaptickets.de angeboten werden?

  • 1. Zur Rechtslage hinichtlich der Vorkassepraxis von Airlines

    'Fluggesellschaften dürfen schon bei Buchung den vollen Ticketpreis verlangen – auch wenn der Flug erst viel später stattfindet. Der Bundesgerichtshof billigt mit einer Grundsatzentscheidung die Vorauszahlungspraxis der allermeisten Airlines.


    Die Verbraucherzentrale NRW hatte einige Fluggesellschaften wegen der 100-prozentigen Vorleistungspflicht des Ticketkäufers verklagt. Nach Auffassung der Verbraucherschützer ist es rechtswidrig, wenn vom Kunden mehr als eine etwa 20-prozentige (wie es im Pauschalreiserecht der Fall ist) Anzahlung verlangt wird. Der gesamte Flugpreis dürfe frühestens 30 Tage vor Abflug fällig werden.


    Der Bundesgerichtshof sieht das anders. Die Klauseln würden Verbraucher nicht unzulässig benachteiligen. Zwar könnten die Kunden im Fall von Leistungsstörungen den Ticketpreis nicht mehr zurückhalten. Aber das spiele praktisch keine Rolle, weil die Kunden ja normalerweise ohnehin erst kurz vor dem Abflug erfahren, dass es Probleme gibt. Überdies seien Kunden durch die dichte Regulierung des Flugverkehrs abgesichert, dadurch sinke auch das Insolvenzrisiko von Flugfirmen. Im Falle von Flugverspätungen gebe es ohnehin feste Entschädigungssätze.


    Wichtig war für den Bundesgerichtshof, dass Deutschland keine Extrawürste brät. Die Richter verweisen darauf, dass die IATA-Regeln praktisch weltweit gelten. Es sei auch im Allgemeininteresse, dass die Fluggesellschaften international mit gleichen Standards arbeiten können (Aktenzeichen X ZR 97/14; X ZR 98/14; X ZR 5/15).' Quelle: https://www.lawblog.de/index.p…ets-vorkasse-ist-erlaubt/


    2. Was kann der Kunde tun, um das Insolvenzrisiko abzusichern?
    Eine spezielle Versicherung für den Passagier, sein Insolvenzrisiko abzusichern, kenne ich nicht.


    Im Pauschalreiserecht ist es so, daß der Kunde 20 % des Reisepreises anzahlen muß und einen Monat vor Reisebeginn die Restzahlung leisten muß. Im Pauschalreiserecht sind die Kundengelder durch eine spezielle Insolvenzversicherung abgesichert. Der Reiseveranstalter hat dort dem Reisenden einen Sicherungsschein als Nachweis auszuhändigen (vgl. § 651k BGB).


    Ich vermute nur drei evtl. Lösungsmöglichkeiten für den Kunden:
    -zum einen kann sich der Passagier an einen Insolvenzversicherer wenden, der das Insolvenzrisiko bei Pauschlareisen absichert und diesen fragen, ob er ihm einen individuellen Insolvenzschutz für einen Flug verkauft.
    -zum anderen kann der Passagier eine Pauschalreise buchen, wo sein Insolvenzrisiko, wie dargestellt, von Gesetzes wegen abgesichert sein muß
    -zum dritten kann man die Flüge zeitnah vor Abflug buchen (kann teurer werden, kann aber auch preiswerter sein, wenn noch Restplätze 'verscherbelt' werden müssen).
    Aber:
    Für die Mehrkosten dieser drei Varianten könnte man sicherlich auch einen Flug auf einer etwas teureren Airline buchen.
    Und:
    Wenn eine große europäische Airline Insolvenz anmeldet, wird die Insolvenzmasse (in der Regel: die Flugzeuge) durch andere Airlines aufgekauft. Der Erlös wird unter den Gläubigern, u. a. den Passagieren anteilig aufgeteilt. So erhält man im Falle der Insolvenz zwar nicht seinen kompletten Flugpreis erstattet, jedoch einen mehr oder weniger großen Teil davon.

    'Es sei nicht immer zu verlangen, „dass der Inhalt gesetzlicher Vorschriften dem Bürger grundsätzlich ohne Zuhilfenahme juristischer Fachkunde erkennbar sein muss“.' (BVerfG, Beschl. v. 04.06.2012, Az.: 2 BvL 9/08)