Liquiditätsengpass, Haus abkaufen oder Bausparvertrag oder Darlehen ?

  • Guten Tag!


    Aktuell beschäftigt unsere Familie (Eltern und 2 Geschwister) folgende Themen, die wir gern für alle bestmöglich lösen würden:


    Unsere Eltern (beide Mitte 80, gesund) benötigen schnellst möglichst pro Monat 3000,- Liquidität. Sie sind Hausbesitzer (Wert ca. 700.000). Das Haus ist bis auf 80.000,- schuldenfrei. Sie wollen kein Altersheim und aktuell nur im eigenen Haus wohnen bleiben.


    Folgende Alternativen wurden durchdacht:
    Alternative 1: Neuer Bausparvertrag, Zinsen 0,7%, Laufzeit 10 J., sofortige Zuteilung 100.000,-
    Alternative 2: Haus wird gegen lebenslanges Nutzungsrecht und monatlichen Zahlungen verkauft
    Alternative 3: 1 Kind gibt erst mal (ungern) 36.000,- zinsloses Darlehen für das 1. Jahr (Rückzahlung aus Erbe, falls es einmal was zu erben gibt).
    Gibt es weitere gute Möglichkeiten, an die wir nicht gedacht haben?


    Vielen Dank!

  • Wird das Geld für einen häuslichen Pflegedienst verwendet nehme ich an? Daher kommt Vermietung an Fremde nicht in Frage? Müssen die 3.000,- lebenslang zur Verfügung stehen?


    Was bringt denn Variante 1?? Das Geld ist bei 3.000,-pro Monat bzw. 36.000,- pro Jahr in nicht ganz 3 Jahren weg...
    Auch Alternative 3 ist doch nur sehr kurz gedacht. Was ist wenn die Eltern 90 werden??


    Ich würde am ehesten gegen Ratenzahlung verkaufen, sofern für eines der Kinder die Immobilie überhaupt interessant ist. Bei 700.000,- € Wert (wer hat den festgestellt??) hat die Immobilie entweder eine super Lage oder ist riesig. Macht denn das überhaupt Sinn, dass die Eltern darin wohnen bleiben?? Kann sich eines der Kinder mit seiner Familie vorstellen da irgendwann einzuziehen?
    Falls ja, verkaufen auf Ratenzahlung an eines der Kinder (hat eines der Kinder denn überhaupt 3.000,- monatlich??).


    Die m.E. bessere Alternative natürlich rein hypothetisch? An einen Fremden verkaufen, eine seniorengerechte Wohnung für sagen wir mal max. 300.000 € kaufen und die restlichen 400.000,- € reichen dann noch für 11 Jahre.


    Steuern werden beim Verkauf soweit ich das auf Grund Ihrer Angaben überblicken kann nicht fällig, weil die Eltern es ja selbst bewohnt haben.

  • Ein sehr typischer Fall, der den Spruch vom „Eigenheim als beste Altersvorsorge" als das entlarvt, was er ist: Verkäufergeschwätz.


    Das Eigenheim ist nur dann im Rahmen der Altersvorsorge sinnvoll, wenn auch noch ausreichend anderes Vermögen vorhanden ist bzw. die Renten- oder Pensionseinkünfte alle Eventualitäten des Alters abdecken.


    Hier liegen die Dinge so, dass die Eltern sehr vermögend sind. Allein der Nettowert des Hauses von 620.000 € bedeutet, dass die Eltern zu den reichsten 10 % der Bevölkerung im Lande gehören. Das große Problem ist die Liquidität.


    Meines Erachtens müssen Sie – auch wenn's schwer fällt – der Realität ins Auge sehen: das Vermögen muss umgeschichtet werden. Dies bedeutet, dass das Haus verkauft werden muss.


    Wie @RaphaelP schon vorgeschlagen hat, wäre an eine seniorengerechte Wohnung zu denken. Dabei sei nur darauf hingewiesen, dass man eine solche Wohnung auch mieten kann. Während der Verkauf des bisherigen Eigenheims zum jetzigen Zeitpunkt der erheblichen Immobilienpreisblase günstiger nicht sein kann, erscheint ein Neukauf aus eben diesem Grund denkbar ungünstig.


    In München haben sich verschiedene Anbieter schon darauf spezialisiert, Lösungen anzubieten, die es dem Alteigentümer ermöglichen, weiterhin in der bisher gewohnten Immobilie zu verbleiben. Das Stichwort Umkehrhypothek ist bereits gefallen. Andere Möglichkeiten wären die Veräußerung gegen eine Leibrente oder die Umwandlung des Eigentums in Erbbaurecht.


    Allen diesen Alternativen ist jedoch gemeinsam, dass der für den Veräußerer (also Ihre Eltern) erzielbare Kaufpreis erheblich unter dem Marktwert des Hauses liegen wird. Aus wirtschaftlichen Gründen sind diese Alternativen daher nicht sinnvoll.
    Dabei sind vor allen Dingen Sie und Ihre Geschwister die Betroffenen. Ihre Eltern haben beim jetzigen Alter eine überschaubare Restlebenserwartung. Und bekanntlich hat das letzte Hemd keine Taschen. Wenn Ihre Eltern jedoch das familiäre Eigenheim gegen Leibrente oder Erbbaurecht veräußern, wird Ihr Erbe dementsprechend geschmälert.


    Im Englischen gibt es das Sprichwort: "You can't have the cake and eat it." Da ist sehr viel Wahres dran.
    Für die Gespräche im Familienkreis wünsche ich Ihnen Nervenstärke und den besten Erfolg.

  • Nur für mein Verständnis:


    Warum können die Eltern nicht einfach eine Hypothek auf das Haus aufnehmen? Damit ließen sich viele Jahre überbrücken...
    Wenn die Eltern dies nicht können (weil eine Bank mit alten Menschen nicht immer Geschäfte machen will), warum können sie das Haus nicht den Kindern vererben und die nehmen eine Hypothek auf?


    Nach Auszug/Tod der Eltern müssen die Kinder die Hypothek abbezahlen oder diese wird aus dem Hausverkauf getilgt. Das kostet Zinsen, aber die dürften überschaubar sein.


    Stelle ich mir die Welt zu einfach vor???

  • Die Eltern werden aufgrund ihres Alters eine normale Hypothek nicht mehr bekommen. Auch die von @Sabine73 geschilderte Lösung 1 mit einem Bausparvertrag wird aufgrund des Alters nicht mehr funktionieren.


    Die Möglichkeit, den Kindern im Wege der vorweggenommenen Erbfolge das Haus zu übertragen, besteht natürlich.
    Dann müssten die Kinder auf dieses Immobilieneigentum Schulden aufnehmen. Ob sie dazu in der Lage sind, können wir nicht beurteilen. Insbesondere seit Frühjahr diesen Jahres steht fest, dass die Banken den Wert einer Immobilie bei der Ausreichung einer Immobilienfinanzierung für Privatpersonen nicht mehr berücksichtigen dürfen (Wohnimmobilien-Kreditrichtlinie).


    Ob also die drei Kinder als Eigentümergemeinschaft eine Hypothek bekommen, wird von deren Bonität
    (d.h. Einkommenssituation, Familiengröße, sonstige Schulden) abhängen.


    Ferner ist zu berücksichtigen, dass ein Eigenheim zwar keine Miete kostet, jedoch häufig mit beachtlichen Nebenkosten verbunden ist. Das Tückische an diesen Nebenkosten ist, dass sie oftmals jahrelang nicht auftreten und dann aber geballt.


    Ich denke hierbei zum Beispiel an die Erneuerung der Heizung, des Daches oder sonstiger großer Reparaturen, die bei jedem Haus nach Ablauf von 20 oder 30 Jahren unweigerlich fällig werden. Wer soll das bezahlen, wenn die Substanz des in dem Haus steckenden Vermögens durch die Hypothek zur Finanzierung des Lebensunterhaltes weitgehend bereits aufgezehrt ist?


    Ein Eigenheim trägt halt keinerlei Früchte – mit Ausnahme der ersparten Miete. Hingegen lässt sich aus einem Vermögen von 620.000 € auch heute noch ein dauerhafter Ertrag von 36.000 € p.a. erwirtschaften und die Substanz bleibt erhalten.