Kfz-Versicherung

  • Gibt es Erkenntnisse, ob Klagen wegen der Höherstufung bei 65 bzw. 75 Jahren, selbst wenn VN schon lange in der gleichen Kfz-Versicherung ist?
    Möglicher Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz/Antidiskriminierungsgesetz? Desgleichen die Beitragsunterschiede bei Mietern und Eigentümern.

  • Wenn man da sofort beim Thema Diskriminierung ist, müssten wir in der Kraftfahrtversicherung zu einem Einheitstarif kommen.


    Es ist nun mal so - auch wenn Herr Tenhagen das nicht wahrhaben möchte - dass der Schadenbedarf und die Schadenhäufigkeit in der Kraftfahrt-Haftpflichtversicherung bei älteren Versicherungsnehmern wieder deutlich ansteigt. Das kann jeder Versicherte durch eine Anfrage beim GDV (Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V.) nachprüfen. Der GDV sammelt die Schaden- und Bestandsdaten von über 99% des gesamten Kraftfahrt-Marktes. Das ist eine so große Menge von Verträgen und Schadenereignissen, dass man die Signifikanz der Statistiken nicht ernsthaft in Zweifel ziehen kann.


    Wohngebäude/Garagenbesitz ist eher ein Bonitätsmerkmal und wer sich mit dem Thema Tarifkalkulation und Risikobewertung auseinander gesetzt hat, weiß, dass Bonität und Schadenverhalten gut miteinander korrelieren.


    Natürlich bedeutet das nicht, dass jeder Mieter einen höheren Schadenbedarf hat als ein Eigentümer. Es wird immer Ausnahmen von dieser Regel geben. Genau so ist es mit allen anderen Tarifmerkmalen. Nicht jeder Beamte fährt besser als jeder Nichtbeamte. Dennoch hat sich nach meiner Kenntnis in der Presse noch keiner bzgl. dieser Risikodifferenzierung beklagt.


    Die Versicherer haben nun mal diese Kundendaten und sind - aufgrund der Kundenselektion am Markt - gezwungen, möglichst risikogerecht zu tarifieren bzw. diesbezüglich alle zur Verfügung stehenden Möglichkeiten auszuschöpfen.


    Ein Versicherer mit einem Einheitstarif (d.h. gleicher Preis für alle KFZ/Versicherungsnehmer und damit eine deutliche Subventionsstruktur zwischen guten und schlechten Risiken) würde in einem freien Markt mit Risikodifferenzierung seitens der anderen Marktteilnehmer schnell pleite gehen, weil die guten Risiken zu Versicherern abwandern, bei denen sie die schlechten Risiken nicht subventionieren müssen und daher dort zu günstigeren Preisen versichert werden können. Die schlechten Risiken am Markt würden sich umgekehrt natürlich zum Einheitspreis-Versicherer bewegen, da sie dort von den noch im Bestand verbliebenen guten Risiken subventioniert werden. Es liegt auf der Hand, dass das für den Einheitspreis-Versicherer nicht lange gut gehen kann.


    Eine Risikodifferenzierung bedeutet nach meinem Dafürhalten nicht die Aufhebung der Solidargemeinschaft der Versicherten. Es geht vielmehr darum, dass die Solidargemeinschaft nur für den wirklich zufällig eintretenden Fall der Schäden aufkommt. D.h. es gibt einen nennenswerten Anteil des Schadenaufkommens, der mit den zur Verfügung stehenden mathematischen Verfahren nicht erklärt werden kann - das sind wirklich zufällige Schäden, die in der Kalkulation einen Basisanteil der Prämie ausmachen, der von jedem Versicherten zu entrichten ist. Darüber hinaus gibt es den zweiten Anteil des Schadenaufkommens, der sich mit hoher statistischer Signifikanz bestimmten Risikogruppen zuordnen lässt. Dieser Anteil ist nicht zufällig, sondern kann durch die Risikomerkmale/Tarifmerkmale gut beschrieben werden.


    Nach meinem Dafürhalten ist es viel gerechter, den nicht zufälligen Schadenanteil nicht der Solidargemeinschaft aufzuerlegen, sondern den tatsächlichen Verursachern. In der Risiko-Lebensversicherung gibt es doch gar keine Diskussion mehr darüber, dass Raucher für die von ihnen selbst verursachte Risikoerhöhung Zuschläge zahlen müssen. Ebenso ist es doch einzusehen, dass z.B. in der Wohngebäude-Elementar-Versicherung die Prämie steigt, wenn jemand meint, sein Haus wegen der schöneren Aussicht in einer Überschwemmungszone oder an einem Bergabhang bauen zu müssen. Warum soll für eine solche Risikoerhöhung die sich im Wesentlichen vernünftig verhaltende Solidargemeinschaft aller Elementar-Versicherten bluten ? Wäre das gerecht ?


    Um noch mal auf die älteren KFZ-Versicherten zurück zu kommen:
    Gerade weil in der Presse die Fakten mal lässig auf den Kopf gestellt wurden, hat sich die Mehrheit der Versicherungsunternehmen gar nicht getraut, die aus Risikosicht eigentlich erforderlichen und vom GDV empfohlenen Alterszuschläge zu erheben. Die Wahrheit ist nämlich folgende: Die älteren Versicherungsnehmer werden nicht über den Tisch gezogen, sondern sie werden - ganz im Gegenteil - vom restlichen Versichertenkollektiv jüngeren Alters subventioniert.


    Aus meiner Sicht ist die Darstellung dieser Dinge in der Presse völlig daneben und ich kann nur darüber spekulieren, ob das an schlechter journalistischer Arbeit liegt, oder sogar wider besseres Wissen gemacht wird.


    Einige Marktteilnehmer haben aber endlich damit begonnen, die vom GDV empfohlenen und völlig risikogerechten Zuschläge umzusetzen.


    Die Diskriminierungs-Klagen der Versicherten kommen immer erst dann, wenn sie selber von Zuschlägen betroffen sind. In der Zeit, in der es für sie günstiger ist, wird das natürlich nicht thematisiert.
    Außerdem geht es den vermeintlich diskriminierten alten Kunden immer nur um die eigene Risikogruppe. Die jungen "Raser" und Fahranfänger sollen mal schön weiter die sehr hohen Einstiegsbeiträge zahlen.


    Die KFZ-Versicherung ist nun mal keine private Krankenversicherung, in der Altersrückstellungen gebildet werden.
    Als kleine Altersrückstellung könnte man hier aber den SF-Rabatt nennen, der in der gesamten versicherten Zeit angesammelt wurde.


    Wenn das Alter des Versicherten keine Rolle mehr spielen dürfte, müsste es dazu eine Vorgabe für alle Versicherungsunternehmen geben. Das ist ja z.B. beim Merkmal Geschlecht vor einigen Jahren passiert.
    In einem freien Markt kann man es aus den o.g. Gründen keinem Unternehmen vorwerfen, dieses deutlich risikodifferenzierende Merkmal zu verwenden.