darf ein Makler so arbeiten

  • Sehr geehrtes Finanztip-Team,


    ich hoffe Sie können mir bei meiner Angelegenheit einen Tipp geben.
    Ich bin seit längerer Zeit auf Suche nach einem Haus zum Kauf in Hamburg. Nun ist endlich ein Angebot eingetroffen, welches mein Interesse geweckt hat. Im Maklerangebot wurde für das Haus ein Festpreis xon 239.000€ genannt (Angebot kam per E-Mail).
    Plötzlich existieren aber einige Interessenten für die Immobilie. Ab hier wird der Kaufpreis in die Höhe getrieben. Noch biete ich mit, obwohl die Summe bereits 20.000€ höher ist als beim Start. Ein Endpreis ist noch nicht absehbar.
    Jetzt zu meiner Frage: darf der Makler den Preis der Immobilie stets erhöhen, obwohl das Haus mit einem anderen Preis angeboten wurde.
    Über eine Auskunft wäre ich Ihnen sehr dankbar.
    Mit ganz freundlichen Grüßen aus Hamburg
    Bettina Lietfien

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Frau Lietfien,


    schön das Sie in diesem Forum ¨gelandet¨ sind. Verstärken Sie doch mit einer Anmeldung und Ihrem Wissen, Ihren Fragen diese Community :)


    Ihre Frage ist aus moralischer Sicht durchaus berechtigt, aber leider mit der Antwort¨ja¨ zu beantworten. Der Makler hat vom Verkäufer den Auftrag den bestmöglichsten Preis herauszuhandeln, u.a. erhält er ja hierfür auch eine höhere Provision.


    Nachstehend habe ich einen Link gefunden, bei dem Tricks und Kniffe der Makler beschrieben werden:


    Darlehensverträgen - Frage stellen - Finanztip Community


    Vielleicht hat ja Finanztip hierzu auch schon etwas veröffentlicht, liebe Franziska?

    "Man kann die raffiniertesten Computer der Welt benutzen und Diagramme und Zahlen parat haben, aber am Ende muss man alle Informationen auf einen Nenner bringen, muss einen Zeitplan machen und muss handeln."

    Lee Iacocca, amerik. Topmanager

  • Hallo Henning,


    das ist heute etwas schwierig zu beantworten. Ich sitze nämlich krank zuhause :( Morgen (falls ich wieder fit bin) kann ich mich aber gerne mal umsehen und umhören.


    Es geht hier um ein Thema, das uns in vielen Facetten immer wieder begegnet: Etwas ist allgemeine Praxis, aber ist es auch gutes Recht??? Spannend, wie ich finde, jedoch mehr als nachteilig gerade für finanzschwächere Hauskäufer.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo @Franziska,


    dann mal gute Besserung und schnelle Genesung :)


    Leider muss ich nun sagen:


    Was soll denn an dieser Praxis nicht rechtlich legitim sein, denn es handelt sich ja noch um den Prozess der Verhandlung, es gibt noch nichts schriftliches und keinen Kaufvertrag ...


    somit ist es freie Marktwirtschaft und vollkommen legitim ....


    Ob es moralisch gesehen richtig ist, steht natürlich auf einem anderen Blatt.


    Aber ist es nicht legitim für den Verkäufer den bestmöglichen Preis zu erzielen?

  • Das ist ja genau das, was spannend wäre zu diskutieren! Wie viele Gesetze kommen aus der Realität, der Praxis? Einige! Man nehme als Beispiel die Abschaffung des Paragraphen gegen Homosexualität. Da hat der Gesetzgeber der gelebten Realität irgendwann nachgegeben.


    Inwiefern beeinflussen Gesetze die Realität?
    Und die Realität Gesetze?


    Für den Verkäufer ist es sicherlich im besten Interessen, den Kaufpreis hochzutreiben. Bei Prachtbauten in Edelvierteln habe ich da persönlich auch keine Probleme mit. Die moralische Diskussion fängt beim "kleinen" Hauskäufer an (und lässt sich sicherlich lange und aufgiebig führen ;) ).

    • Offizieller Beitrag

    Das wäre sicherlich eine interessante und spannende Diskussion, mit viel Moral und philosophischen Ansätzen ... nur wo grenzt man zwischen Luxus und normal wieder ab?


    Daher denke ich ... alle oder keiner :)

  • Liebe Franziska, lieber Henning.
    Danke für Eure Antworten und Tipps. Habe mir die genannten Seiten schon mal durch gelesen. Es scheint so, als wäre ich genau in der Situation die dort geschildert wird. Wenn ich in einer anderen Lage wäre, würde ich wohl lockerer mit dem Kauf der Immobilie umgehen. Da ich in Trennung lebe und nun für meine Tochter und mich eine neue Zukunft aufbauen möchte, liegen meine Nerven leider ziemlich blank. Die Preise auf dem Markt sind unglaublich hoch, so dass man verzweifeln könnte. Das Objekt für welches ich mitbiete liegt NOCH in meinen Möglichkeiten. Falls der Markler aber ein "Spielchen" mit mir treibt und den Preis noch höher treibt, muss ich aussteigen. Gerne würde ich cooler an die Geschichte heran gehen - fällt mir aber unglaublich schwer. Da ich immer mit offenen Karten spiele, wünsche ich mir dies auch von anderen. Leider scheint dies nicht der Fall zu sein.
    Liebe Grüße
    Bettina

  • Hallo Bettina, hallo Henning,


    ich habe mich nach meiner Wieder-Fit-Werdung (bzw. dem, was dem am nächsten kommt ;) ) nun einmal beim Kollegen schlau gemacht.


    Solange kein Vertrag zustandekommt, herrscht noch Verhandlungsfreiheit. D. h. theoretisch kann der Makler den Preis in die Höhe treiben. Bei Vermietung ist z. B. bei Provisionen die Obergrenze von 2 Nettokaltmieten plus Umsatzsteuer gesetzt. Bei einem Verkauf gibt es, so gesehen, noch das Mittel, eine Wuchergrenze anzumelden, d. h. für den Fall, dass die Immobilie überteuert verkauft wurde. Aber die Beweislast liegt wie so oft beim Käufer (und dafür muss ein Vertrag vorliegen - mündlich oder schriftlich). Solange also andere Kaufinteressenten mitbieten, schaut es schlecht aus.


    Lesetipp: §652 BGB


    http://dejure.org/gesetze/BGB/652.htmlNatürlich kann es auch immer anders kommen, als man denkt. Eine konkreten Artikel zum Thema haben wir bei Finanztip (noch) nicht.


    Lesetipp Nr. 2: http://www.finanztip.de/maklerprovision-vermietung/

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Franziska,


    schön wieder von Dir zu lesen ...


    Das mit der Obergrenze finde ich spannend, danke für den Hinweis.


    Ansonsten bin ich ja nicht ganz falsch gelegen.

  • Nein, absolut nicht! Solange keine Gesetze Beschränkungen geben, kann man so gesehen machen, was man möchte. Es liegt dann an der Politik, den Interessensverbänden und denjenigen, die es betrifft, etwas in die Richtung anzustoßen. Oder eben nicht... Ein langer Weg ist es allemal...

  • Ich vermute mal, dass der Makler eine Verkaufsaktion dieser Gestalt nicht zum ersten Mal macht und hier auch ein gewisses Kalkül dahinter steckt. Durch echtes oder scheinbares Verknappen der Ware kann man den Preis treiben, was viele schamlos ausnutzen. Es wäre falsch, jetzt zu sagen, auf einen Makler grundsätzlich zu verzichten.


    Die Frage ist, ob es eine andere Möglichkeit gibt, dem Ziel, eine Wohnung zu guten Konditionen zu kaufen, gerecht zu werden. Meine Erfahrung ist: kehre den gewöhnlichen Ablauf um. Ein Beispiel: in Stuttgart ist das Angebot an Mietwohnung auch relativ knapp, nicht so stark wie in Frankfut oder München, aber die Preise sind relativ hoch. Ich suchte eine Wohnung und meldete mich einmal auf ein Angebot, zu dem gleich 20 oder 25 Leute kamen. Also drehte ich die Situation um und schaltete eine Anzeige in der Tageszeitung, die die Einheimischen, meist Älteren und damit oft Immobilienbesitzer, lesen. Was passierte? Die Wohnungsinhaber, die keine 70 Euro für eine Anzeige bezahlen wollten, meldeten sich. Die Konditionen waren deutlich unter dem Marktpreis. Ich habe dann zwei Wohnungen alleine angeschaut und konnte mich für die bessere entscheiden.


    Es muss nicht "die Lösung" für das Problem sein, ich will nur dazu anregen, weg vom Mainstream hin zum "be different", um dein Ziel zu erreichen. Es soll nur eine Anregung sein, eine Alternative zum Makler zu finden, um den Traum von den eigenen vier Wänden zu verwirklichen.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo @HeikoW,


    die Idee mit der Zeitungsannonce finde ich sehr interessant und werde ich für mich auch selbst in Betracht ziehen.


    Danke schon mal.

    "Man kann die raffiniertesten Computer der Welt benutzen und Diagramme und Zahlen parat haben, aber am Ende muss man alle Informationen auf einen Nenner bringen, muss einen Zeitplan machen und muss handeln."

    Lee Iacocca, amerik. Topmanager

  • Im vorliegenden Sachverhalt soll eine Immobilie verkauft werden. Die Immobilie wird lediglich beworben. Direkte Vertragsbeziehungen zwischen Interessenten und Verkäufer bzw. Makler bestehen nicht.


    Es soll lediglich in der Zukunft ein Geschäft, hier: Immobilienkaufvertrag, geschlossen werden


    Verträge sind zwei übereinstimmende Weillenserklärungen Diese Willenserklärungen können auf verschiedene Arten emacht werden
    -schlüssiges Handeln (Bsp.: Käufer legt im Kiosk einen Euro auf den Tresen und nimmt sich eine Zeitung wortlos mit)
    -mündlich,
    -fernmündlich,
    -Textform,
    -Schriftform (eigenhändig unterschrieben),
    -handschriftlich (Bsp.: einseitige Willenserklärung 'Testament') oder
    -notariell beurkundet.


    Teilweise schreibt das Gesetz keine der o. a. Formen vor (formlos). - Teilweise werden gewisse Formen vorgeschrieben, so beim Immobilienkauf: notarielle Beurkundung. Dies hat der Gesetzgeber extra gemacht, um dem Bürger ausreichend Bedenkzeit zu geben, bevor er einen Vertrag voreilig schließt, an den er auf lange Zeit, vermutlich ein ganzes Leben, gebunden ist und ggf. auch noch eine Finanzierung aufnehmen muß, um den Kaufpreis zahlen zu können oder als Verkäufer seine Behausung/seine Existenz verkauft.


    Wenn hier von Verkäuferseite schon bei den Verkaufs(vor)verhandlungen über den Makler Abstand vom Verkauf genommen wird, weil man anderswo einen besseren Kaufpreis erzielen kann, dann ist dies zwar ärgerlich für den überbotenen potentiellen Käufer, jedoch rechtens, da noch keine Vertragsbeziehungen zwischen Kaufinterresssent und Verkäuferseite existieren.


    Der Immobilienkaufvertrag kommt immer erst nach der letzten beurkundeten Unterschriftsleitung im Notarzimmer zu Stande. Eher nicht.


    Die zur Zeit bestehende Nachfrage nach Immobilien ('Betongold') fördert, daß immer mehr Verkäufer von Vertragsverhandlungen Abstand nehmen und an Höherbietene verkaufen.


    Ärgerlich ist dies schon, aber rechtens.


    Noch ärgerlicher, wenn der potenteille Käufer einer Immobilie schon einen Notar beauftragt hat und der Verkäufer erst danach abspringt. Auch dies ist rechtens, nur hier bleibt der potentielle Käufer bleibt auch noch auf seinen Notarosten sitzen! So entschieden durch AG Hamburg-Barmbek, Urt. vom 21.11.2008 - 821 C 157/0 (Leitsatz: Jeder Verhandlungspartner hat bis zum Vertragsabschluss grundsätzlich das Recht, von dem in Aussicht genommenen Vertragsschluss Abstand zu nehmen; aus diesem Grunde erfolgen Aufwendungen, die in Erwartung des Vertragsschlusses gemacht werden, auf eigene Gefahr.) und OLG Koblenz Urt. vom 25.02.1996 - 3 U 477/96 (Leitsatz: Wer über einen Grundstückskauf verhandelt und in Erwartung dessen Aufwendungen macht, tut dies grundsätzlich auf eigene Gefahr. Der Grundstückseigentümer darf, selbst wenn er den Vertragsabschluß mündlich schon als sicher hingestellt hat, diesen auch ohne triftigen Grund ablehnen)

    'Es sei nicht immer zu verlangen, „dass der Inhalt gesetzlicher Vorschriften dem Bürger grundsätzlich ohne Zuhilfenahme juristischer Fachkunde erkennbar sein muss“.' (BVerfG, Beschl. v. 04.06.2012, Az.: 2 BvL 9/08)

  • Klar darf er das


    Ein Makler vermittelt Angebote. Da es keinen Verkaufszwang gibt, kann er das Angebot solange zurückziehen bis der Notarvertrag geschlossen wurde. Genau das macht er


    Du hast ja die "Macht" NEIN zu sagen

  • Nur mal so als Frage. Kennt jemand einen Bereich in dem ähnlich Verfahren wird und darf?
    Ich stelle mir vor ich will ein Auto kaufen. Der Preis steht beim Autohändler am Fahrzeug befestigt. Ich sage ich nehme das Fahrzeug. Der Händler ruft am andern Tag an und erklärt, es hätten sich weitere Interessenten gemeldet. Ich könnte ja ein neues Angebot machen.
    Hinzu kommt. Wer sagt, das es diese anderem Interessenten wirklich gibt?
    Ich sage nur "Danke freie Marktwirtschaft".