Hinterbliebenenrente - wird nicht bezahlt bei "höherem" Einkommen

  • Hallo,


    falls bereits jemand das folgende recherchiert hat, würde ich mich sehr über entsprechende Hinweise freuen.


    Hintergrund: mein Mann ist mit 64 nach 37 Ehejahren und 50 Jahren Beitragszahlung in die Deutsche Rentenversicherung verstorben.
    Im Hinterbliebenenrentenbescheid wird die Rente mit 0,00 Euro ausgewiesen aufgrund meines eigenen Einkommens (ich arbeite selbst noch).
    Die „betriebliche“ Altersversorgung meines Mannes ist die VBL, die sich der Logik der DRV anschließt und die betriebliche Hinterbliebenenversorgung bis auf einen Sockelbetrag einkürzt, obwohl mein Mann jahrelang selbst auch Beiträge in diese Versorgung einzahlen musste.


    Im http://www.finanztip.de/witwenrente/ Artikel wird zumindest angedeutet, dass bei „höherem“ Einkommen eine Hinterbliebenenrente gar nicht bezahlt wird.
    Bei den Informationen der DRV, werden zwar die Bruttobeträge angegeben, ab denen eine Anrechnung erfolgt (monatlich 1339,80Euro Brutto), aber nicht dass eine Kürzung bis auf Null erfolgen kann.


    Meine Fragen:
    Es scheint, dass „höheres“ Einkommen 50.000,- Euro Brutto pro Jahr bedeutet. Ist diese Annahme korrekt?
    Nach so langer Beitragszeit und signifikanten Beitragszahlungen im satten 6-stelligen Bereich: muss ich das so hinnehmen?
    Kann ein Arbeitgeber sich an die Anrechnung der DRV anlehnen und die Hinterbliebenenversorgung entsprechend kürzen?


    Vielen Dank!

  • Schon seit dreißig Jahren wird bei den Hinterbliebenenrenten das Einkommen der Hinterbliebenen anrgerechnet.
    Vor 1986 gab es für Männer grundsätzlich keine Witwerrente. Damals wurde unterstellt, dass die Frau grundsätzlich als Hausfrau eh keine größeren eigenen Rentenansprüche erworben hatte.


    Nur im Ausnahmefall, nämlich wenn der Mann quasi als "Hausmann" gelebt hat und die Ehefrau den Familienunterhalt verdient hat, wurde dem Mann eine Witwerrente zugebilligt.


    Diese Ungleichbehandlung von Männern und Frauen wurde mit der Reform von 1986 abgeschafft. Seither spielt die Einkommensverteilung in der Ehe keine Rolle mehr. Jeder Hinterbliebene - egal ob Witwer oder Witwe - hat Anspruch auf eine Hinterbliebenenversorgung.


    Die Kehrseite dieser Gleichstellung ist allerdings die Einführung einer Anrechnung von eignenem Einkommen. Das gab es vor 1986 für die Witwen nicht. Seither gibt es einen Freibetrag für eigenes Einkommen. Der ist bereits mehrfach angepasst worden und beträgt aktuell 803,88 € netto. Dabei wird das Nettoeinkommen nach einer pauschalierten Methode berechnet.


    Wenn nun Ihr Arbeitseinkommen über diesem Freibetrag liegt, werden 40 % des überschiessenden Betrags von Ihrem Witwenrentenanspruch abgezogen. Je nach Höhe Ihres Einkommens und je nach Höhe Ihres Witwenrentenanspruchs kann dies dazu führen, dass die 40 % aus dem überschiessenden Betrag Ihren Witwenrentenanspruch auf null reduzieren. Dies scheint bei Ihnen vorzuliegen.


    Allerdings: sollte sich Ihre eigenes Einkommen verringern (z.B. durch Umstieg auf Teilzeitbeschäftigung oder durch Eintritt in den Ruhestand), lebt Ihr Rentenanspruch wieder auf. Es kann deshalb durchaus sein, dass Sie eines Tages, wenn Sie selbst Altersrentnerin sein werden, die Witwenrente aus den Einzahlungen Ihres verstorbenen Mannes zumindest teilweise noch beziehen werden. Das hängt davon ab, wie hoch Ihr eigener Rentenanspruch ist und wie hoch der Rentenanspruch Ihres Ehemannes war.


    Die VBL (Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder) ist eine ergänzende Versorgungseinrichtung für Angestellte im öffentlichen Dienst. Dass diese Einrichtung sich an die gesetzliche Altersrente anlehnt ist klar. Übrigens werden auch bei Beamten die Witwen- bzw. Witwer-Pensionen gekürzt, wenn der Berechtigte eigenes Erwerbs- oder Renteneinkommen bezieht.


    Deshalb werden Sie die Kürzung wohl hinnehmen müssen. Eine Klage macht angesichts der seit 30 Jahren bestehenden klaren Rechtslage keinen Sinn.

  • Danke erstmal. War/bin ich hier die Einzige, der nicht bewusst war/ist, dass es keine Hinterbliebenenrente mehr gibt ab ca 50.000,-€ Brutto Einkommen pro Jahr?
    Das ist inzwischen das Einstiegsgehalt für Hochschulabsolventen bei großen Firmen!


    Die DRV hat mir bereits signalisiert, dass ich auch bei eigener Rente nichts bekommen werde.


    Fragen:
    - 803,88 € netto pro Monat sind nicht gerade viel, wenn man davon Miete, Energie-, Fahrt- und weitere Lebenshaltungskosten abzieht. Dass man als Arbeitnehmer die letzten 20 Jahre kaum mehr zusätzliches verfügbares Einkommen generieren konnte, ist ja inzwischen bekannt. Aber wie werden dann solche Sätze angepasst?
    - mein Mann hat in den 50 Jahren Beschäftigung gezwungenermaßen ca. 250.000,-Euro einzahlen müssen. Dieses Geld hat uns quasi zur Selbstvorsorge gefehlt, da steuerlich in der meisten Zeit keine Absetzung möglich war und sobald dies möglich war bereits durch die Einzahlungen in die DRV etc ausgeschöpft wurde. Wie stellt sich der Gesetzgeber hier die Eigenvorsorge vor?
    - auch in die VBL musste mein Mann jahrelang selbst einzahlen, also nicht nur eine reine Arbeitgebervorsorgeleistung. Kann dies dann einfach gekürzt werden?
    Und können aufgrund dieser Logik auch Betriebsrenten für Hinterbliebene angepasst bzw gekürzt werden?

  • - 803,88 € netto pro Monat sind nicht gerade viel, wenn man davon Miete, Energie-, Fahrt- und weitere Lebenshaltungskosten abzieht.

    Das haben Sie richtig erkannt. Eben deshalb handelt es sich bei diesem Betrag ja auch um den Freibetrag, unterhalb dessen überhaupt keine Rentenkürzung stattfindet. Wer als Hinterbliebene/r maximal 803,88 € netto pro Monat zur Verfügung hat, bekommt die Hinterbliebenenrente seines verstorbenen Ehegatten ungekürzt ausbezahlt!


    Nur wer ein höheres Einkommen hat, bei dem wird der überschießende Betrag zu 40 % angerechnet. Diese Anrechnung kann dann allerdings auch dazu führen, dass die Hinterbliebene überhaupt keine Hinterbliebenenrente bezieht.


    Vielleicht sind ein paar Zahlenbeispiele sinnvoll, um die Wirkungsweise darzustellen.


    Fall 1:


    Der/die Witwer/Witwe hat eine eigene Rente (oder Arbeitseinkommen) von 800 € netto monatlich. Der Verstorbene hatte aufgrund eigener Beitragsleistung einen Rentenanspruch in Höhe von 1.500 €.


    In diesem Fall beträgt die Hinterbliebenenrente (vorausgesetzt es sind die Bedingungen für die „große Witwenrente“ erfüllt)
    55 % des Rentenanspruchs des Verstorbenen – also 825 €. Es findet keine Kürzung statt, sodass der/die Witwer/Witwe über einen gesamten Rentenanspruch (aus eigener Rente und Hinterbliebenenrente zusammen) in Höhe von 1.625 € verfügt.


    Fall 2:


    Der/die Witwer/Witwe hat eine eigene Rente (oder Arbeitseinkommen) von 1.200 € netto monatlich. Der Verstorbene hatte aufgrund eigener Beitragsleistung einen Rentenanspruch in Höhe von 1.500 €.


    In diesem Fall findet eine Anrechnung statt. Der überschießende Betrag errechnet sich 1.200 € - 803,88 € = 396,12 €.
    Davon 40 % sind 158,45 €. Dieser Betrag wird von dem Hinterbliebenenrentenanspruch einbehalten. Damit ergibt sich in diesem Fall folgende Berechnung:


    Der ungekürzte Hinterbliebenenrentenanspruch würde - wie im Fall 1- 825 € betragen. Hiervon werden jedoch die 40 % des überschießenden Betrages abgezogen. Damit ergibt sich 825 € - 158,45 € = 666,55 €.


    Der/die Witwer/Witwe hat deshalb eine Gesamtversorgung im Ruhestand von 1.866,55 €.


    Fall 3:


    Der/die Witwer/Witwe hat eine eigene Rente (oder Arbeitseinkommen) von 2.900 € netto monatlich. Der Verstorbene hatte aufgrund eigener Beitragsleistung einen Rentenanspruch in Höhe von 1.500 €.


    Jetzt findet ebenfalls wie im Fall 2 eine Anrechnung statt. Allerdings ist der überschießende Betrag aufgrund der hohen Rente (bzw. des Arbeitseinkommens) nunmehr 2.900 € - 803,88 € = 2.096,12 €.


    40 % von 2.096,12 € sind 838,44 €. Jetzt ist der Anrechnungsbetrag größer als der Anspruch auf Hinterbliebenenrente. Damit ergibt sich im Fall 3, dass keine Hinterbliebenenrente bezahlt wird. Dies gilt zumindest so lange, solange das anrechnungsfähige Einkommen des/der Witwers/Witwe in dieser Größenordnung liegt.


    Fazit: wie Sie aus den drei Beispielen nachvollziehen können, hängt die Frage, ob sich eine Witwenrente ergibt oder nicht, maßgeblich davon ab, wie hoch das eigene anrechnungsfähige Einkommen des Hinterbliebenen ist und wie hoch der Anspruch auf Hinterbliebenenrente sich beläuft.


    Wenn Ihnen die DRV bereits signalisiert hat, dass Sie auch bei eigenem Rentenbezug keinen Anspruch auf Hinterbliebenenrente haben werden, dann lässt dies den Rückschluss zu, dass Sie persönlich über ein sehr gutes Ruhestandseinkommen verfügen werden.


    Auf die Frage, wie viel Beiträge der Verstorbene im Laufe seines Lebens einbezahlt hat, kommt es nicht an.
    Bei Betriebsrenten kann es andere Regelungen geben, ich habe die gesetzlichen Regelungen dargestellt.