Makler – Schadensregulierungsverbot - Bundesgerichtshof

  • Versicherungsmakler – Schadensregulierungsverbot - Bundesgerichtshof


    Der Bundesgerichtshof hat in einem Urteil vom 14.01.2016 (Az.: I ZR 107/14) folgendes entschieden (Leitsätze):


    „Schadensregulierung durch Versicherungsmakler
    UWG § 3a nF (§ 4 Nr. 11 aF); RDG §§ 2, 3, 5
    a) Die Schadensregulierung im Auftrag des Versicherers gehört im Regelfall nicht als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild des Versicherungs-maklers.
    b) Der Begriff der Rechtsdienstleistung in § 2 Abs. 1 RDG erfasst jede konkrete Subsumtion eines Sachverhalts unter die maßgeblichen rechtlichen Bestimmungen, die über eine bloß schematische Anwendung von Rechtsnormen ohne weitere rechtliche Prüfung hinausgeht; ob es sich um eine einfache oder schwierige Rechtsfrage handelt, ist dabei unerheblich.“


    https://openjur.de/u/889508.html


    Begründungen des Bundesgerichtshofes (auszugsweise):
    „Für das Berufs- und Tätigkeitsbild des Versicherungsmaklers ist die gesetzliche Definition in § 59 Abs. 3 VVG maßgeblich. Danach ist Versicherungsmakler, wer gewerbsmäßig für den Auftraggeber die Vermittlung oder den Abschluss von Versicherungsverträgen übernimmt, ohne von einem Versicherer oder von einem Versicherungsvertreter damit betraut zu sein. Eine Doppeltätigkeit des Versicherungsmaklers sowohl für den Versicherer als auch für den Versicherungsnehmer bei der Vermittlung von Versicherungsverträgen entspricht nicht diesem gesetzlichen Leitbild.“


    „Zu den Aufgaben des Versicherungsmaklers gegenüber dem Versicherungsnehmer gehört es, den Versicherungsvertrag nach Abschluss weiter zu betreuen, indem er den Vertrag ungefragt auf etwaigen Anpassungsbedarf so-wie Verlängerungen hin überprüft und den Versicherungsnehmer rechtzeitig darauf hinweist, den Zahlungsverkehr fördert, im Schadensfall den Versicherungsnehmer sachkundig berät, für sachgerechte Schadensanzeigen sorgt und bei der Schadensregulierung die Interessen des Versicherungsnehmers wahr-nimmt (vgl. BGH, Urteil vom 22. Mai 1985 - IVa ZR 190/83, BGHZ 94, 356, 359; Dörner in Prölss/Martin, VVG, 29. Aufl., § 59 Rn. 74). Der Versicherungsmakler ist danach Sachwalter des (zukünftigen) Versicherungsnehmers und steht "im Lager des Kunden" und nicht des Versicherers (vgl. BGH, GRUR 2014, 88 Rn. 20 - Vermittlung von Netto-Policen; Dörner in Prölss/Martin aaO § 59 Rn. 72; Schwintowski in Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl., § 59 Rn. 64).“


    „Ein solcher Interessenkonflikt ist bei der Tätigkeit eines Versicherungsmaklers für den Versicherer bei der Abwicklung eines Schadensfalls, der durch eine von dem Makler vermittelte Versicherung abgedeckt ist, gerade bei der Haftpflichtversicherung nicht ausgeschlossen. In Fällen wie dem streitgegenständlichen müssen die Interessen von Versicherer und Versicherungsnehmer bei der Schadensabwicklung keineswegs gleichgerichtet sein. Der Versicherer ist regelmäßig daran interessiert, den von ihm zu zahlenden Betrag für die Schadensregulierung so niedrig wie möglich zu halten. Zwar kann das auch im Interesse des Versicherungsnehmers liegen, doch muss dies keineswegs der Fall sein. Oft wird dem Versicherungsnehmer an einer möglichst raschen und unproblematischen Schadensabwicklung gelegen sein, um seinen geschädig-ten Kunden doch noch halten zu können oder um jedenfalls nicht durch negati-ve Erfahrungen des Kunden bei der Schadensregulierung weiter in die Kritik zu geraten (vgl. auch Henssler/Deckenbrock, DB 2014, 2151, 2155).“


    „Mit dieser Beurteilung hat das Berufungsgericht verkannt, dass sich der Versicherungsmakler in einen Interessenkonflikt begibt, wenn er vom Versicherer mit der Schadensregulierung beauftragt wird. Die Erfüllung dieser Rechtsdienstleistung gegenüber dem Versicherer verlangt, dass dieser eine möglichst niedrige Schadenssumme zahlt, während das vom Versicherungs-makler aufgrund seiner Haupttätigkeit zu wahrende Interesse des Versicherungsnehmers, etwa die Vermeidung eines Rechtsstreits oder einer weiteren Belastung der Kundenbeziehung mit dem Anspruchsteller, durchaus auf schnelle Zahlung einer deutlich höheren Schadenssumme gerichtet sein kann. Zudem gehört es zu den Pflichten des Versicherungsmaklers, dem Versicherungsnehmer gegebenenfalls wegen einer unbefriedigenden Schadensregulierung zu einem Wechsel des Versicherers (Umdeckung) zu raten, was dem Interesse des Versicherers entgegengesetzt ist.“


    „Die für den Versicherer erbrachte Rechtsdienstleistung der Schadensregulierung hat damit unmittelbaren Einfluss auf die Erfüllung der dem Versicherungsmakler gegenüber dem Versicherungsnehmer obliegenden Pflicht, diesen ebenfalls bei der Schadensregulierung zu unterstützen. Aufgrund seiner Pflicht zur Interessenwahrung ist der Versicherungsmakler gegenüber dem Versicherungsnehmer verpflichtet, dessen Interessen auch bei der Erbringung der Rechtsdienstleistung für den Versicherer zu berücksichtigen. Das kann die ordnungsgemäße Erbringung der Rechtsdienstleistung gegenüber dem Versicherer gefährden, weil der Versicherungsmakler den Versicherer etwa dazu veranlassen kann, einen höheren als den gesetzlich geschuldeten Ersatzbetrag an den Geschädigten zu bezahlen. In dieser Konstellation ist der Tatbestand des § 4 RDG erfüllt (ebenso Krenzler, BRAK-Mitt. 2015, 2019, 2021 f.; Henssler/ Deckenbrock, DB 2014, 2151, 2155 f.; vgl. auch Dörner in Prölss/Martin aaO § 59 Rn. 68, 72, die eine Pflichtenkollision beim Versicherungsmakler annehmen, wenn er nach Abschluss des Versicherungsvertrags im Verhältnis zum Versicherer Verpflichtungen übernimmt, die über die mit der laufenden Betreuung des Versicherungsvertrags zusammenhängenden Zusammenarbeits- und Korrespondenzpflichten hinausgehen).“


    Mein Kommentar:
    Die Folgen einer unerlaubten Rechtsberatung sind durch zivil- und wettbewerbsrechtliche Vorschriften sanktioniert. Die wichtigste Folge eines Verstoßes gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz, ist die Nichtigkeit des zugrunde liegenden Vertrags (§ 134 BGB).


    Betroffene Menschen und Unternehmen können demnach das an den Makler gezahlte Honorar bzw. die gezahlte Vergütung zurückfordern.


    Im Übrigen reichen nach Auffassung des Gesetzgebers die Befugnisse von Verbraucherverbänden, Rechtsanwaltskammern und Wettbewerbern nach dem UWG aus, den erforderlichen Verbraucherschutz zu garantieren.


    "Der Kommentar ist frei, die Fakten sind heilig" (C. P. Scott, britischer Journalist und Guardian-Herausgeber)