Pflegegrade statt Pflegestufen – so heißt es seit dem1. Januar 2017 in der gesetzlichen Pflegeversicherung. Das stellt auch dieprivate Pflegezusatzversicherung vor das Problem, dass die Tarife hierebenfalls ins neue System „übersetzt“ werden müssen. Viele Versicherer hebenihre Prämien nun an, um Mehrleistungen zu finanzieren.
Seit dem 1. Januar 2017 ist die zweite Stufe desPflegestärkungsgesetzes in Kraft getreten. Statt dreier Pflegestufen wird diePflegebedürftigkeit eines Patienten nun anhand von fünf Pflegegraden kategorisiert.
Auch viele Anbieter in der privatenPflegezusatzversicherung haben ihre Tarife entsprechend abgeändert oder planenneue Tarife.
Mehrere Privatversicherer haben bereits mitgeteilt, dasssie die Anpassung automatisch vornehmen werden. Das heißt, in der Regel müssendie Versicherten nicht selbst aktiv werden. Die Versicherer sind verpflichtet,die Kunden zwei Monate vor Inkrafttreten der Änderungen schriftlich zuinformieren.
Die Umstellung auf Pflegegrade bedeutet aber auch, dasssich viele Verbraucher auf Preiserhöhungen in der Pflegezusatzversicherungwerden einstellen müssen, weil die Pflegegrade teils deutliche Mehrleistungenvorsehen. Und die wollen auch von den Privatversicherern finanziert werden.
Moderate Preissteigerungen mit"Ausrutschern"
Bei den meisten Versicherern fallen die Prämienerhöhungenmoderat aus, wie die Deutsche Presse-Agentur (dpa) auf Basis einerFinanztest-Befragung berichtet. Üblich sei eine Anhebung der Beiträge von biszu zehn Prozent.
„Da die Pflegeleistungen erhöht werden, ist dieUmstellung in der Regel mit einer Erhöhung der Beiträge verbunden“, kommentiertPeter Grieble von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Das sei auchabsolut in Ordnung, müssen doch gerade Mehrleistungen für Demenzkrankefinanziert werden. Hier sehen die neuen Pflegegrade teils deutlich höhereLeistungen vor als die früheren Pflegestufen.
Manche Tagegeld-Versicherer haben deshalb zum Beispielangekündigt, dass sie bei Pflegegrad 4 künftig nur 80 Prozent der Summe vonPflegestufe III auszahlen, sofern nicht auch eine Demenz vorliegt. Erst wennzusätzlich auch eine psychische Beeinträchtigung diagnostiziert wird, erhältder Kunde die vollen 100 Prozent ausgezahlt. Solche Neubewertungen sindangemessen.
Doch anscheinend gibt es auch Versicherer, die ihrePrämien teils deutlichnach oben anpassen. "Erhöhungen von bis zu 10Prozent kann ich nachvollziehen", sagt Grieble. Vereinzelt habe er aberauch Erhöhungen von 30 bis 40 Prozent gesehen. Hier fällt so manchemVerbraucher auf die Füße, dass der Gesetzgeber nur vage Vorschriften gemachthat, wie die Privatversicherer ihre Leistungen in das neue Regelwerk umzusetzenhaben.
Keiner darf schlechter gestellt werden
Einerseits schreibt der Gesetzgeber vor, dass bestehendeVerträge nicht zum Nachteil des Kunden abgeändert werden dürfen. Schließlichsind die Leistungen vertraglich zugesichert. Aber laut PKV-Verband gibt eskeine gesetzliche Regelung, wie mit bestehenden Pflegezusatzversicherungen nachder Reform umzugehen ist.
Hier beklagt Grieble gegenüber dpa, dass mancheVersicherer ihre Kundeninformationen wenig transparent gestalten. Zwar würdendie Verbraucher durch die Umstellung nicht direkt benachteiligt. Aber dieAufteilung, wie hoch die Leistungen in den einzelnen Pflegestufen seien, könneso ungünstig ausfallen, dass betroffenen Kunden doch Nachteile gegenüber derjetzigen Situation entstehen. Im Zweifel können Verbraucher das Gespräch mitdem Versicherer suchen oder - falls dies nicht den gewünschten Erfolg bringt -eine Beschwerde bei der Finanzaufsichtsbehörde BaFin einreichen.
Quelle: dpa
Mein Kommentar:
Verträge nicht einfach kündigen!
Trotz der Änderungen und etwaiger Prämienanpassungensollte eine private Pflegezusatz-Police nicht einfach gekündigt werden. Geradefür ältere Versicherungsnehmer oder Menschen mit Vorerkrankungen dürfte esschwer sein, einen neuen Vertrag mit einem ähnlichen Leistungsniveau zu finden.Wer mit den neuen Bedingungen und Konditionen unzufrieden ist, solltestattdessen das Gespräch mit dem Versicherer oder einem Versicherungsberatersuchen.
"Der Kommentar ist frei, die Fakten sindheilig" (C. P. Scott, britischer Journalist und Guardian-Herausgeber)