Aufgeschobene Rentenversicherung bei der Standard Life – was für meine Auftraggeberin übrig bleibt …
Eine Auftraggeberin hat mich ausdrücklich gebeten, diesen Fall hier in der Community zu besprechen, da ggf. auch andere Standard Life-Kunden von dieser Thematik betroffen sind.
Worum geht es?
Um eine sogenannte aufgeschobene Rentenversicherung mit dem Produktnamen „BESTBASIC“ von der Standard Life Versicherung, Zweigniederlassung Deutschland der Standard Life Assurance Limited (UK), abgeschlossen 2007, eigentlich fällig am 01.12.2018. Zuzahlung zu Vertragsbeginn: 10.000,-- € und Beitragszahlungen je 200,-- € im Monat bis zum 01.11.2018. Ein Vertrag wie er wohl hunderttausende Male in Deutschland abgeschlossen wurde.
Die positive Überraschung, jedoch gepaart mit Zweifeln
Jedes Jahr erhielt meine Auftraggeber pünktlich ein mit „Vertragswerte“ überschriebenes Dokument, in denen Renditen jenseits der 7,00% ausgewiesen worden sind (zuletzt am 19.12.2016 – siehe Anhang). Nun wurde meine Auftraggeberin skeptisch wegen der hohen Renditeangabe und wegen des Zusatzes „… jährliche Rendite auf die investierten Beiträge (gezahlte Beiträge minus Abschluss- und Verwaltungskosten) …“. Sie kam zu mir und bat mich herauszufinden, welche Rendite auf welcher Basis dort berechnet wird und welche Vertragsrenditen tatsächlich zu erwarten seien.
#Akt1 – richtig lesen und verstehen
Als erstes ließen wir und die Kosten des Vertrages offenlegen. Nach einigen Hin- und Her bekamen wir eine Aufstellung der monatlichen Abschluss- und Verwaltungskosten sowie die Gesamtaufstellung der Abschluss- und Verwaltungskosten zugesandt (siehe Anlage). Bei Beiträgen über die Vertragslaufzeit in Höhe 40.460,20 € wurden 4.168,56 € (oder 10,3%) für Abschluss- und Verwaltungskosten verwendet und im Ergebnis nur 36.291,64 € tatsächlich investiert (Sparanteil).
#Akt 2 – Rendite auf Basis der internen Zinsfußmethode
In einem weiteren Schreiben erfuhren wir, dass die Rendite auf Basis der internen Zinsfußmethode von Standard Life berechnet wird und entgegen jeglicher Marktusance bei der Berechnung des internen Zinsfußes Abschluss- und Verwaltungskosten nicht berücksichtigt werden, d.h. Standard Life tut so, als wären die Kosten gar nicht entstanden bzw. bei meiner Auftraggeberin „abgeflossen“. Das ist nach meiner Auffassung eine sehr innovative Vorgehensweise um seine Kunden im Glauben zu lassen, am Ende könnten sie hohe Renditen erwarten.
#Akt 3 – der Gewinner ist: der Versicherungsmakler
Wie der Aufstellung der Abschluss- und Verwaltungskosten zu entnehmen ist, erhielt der Versicherungsmakler wahrscheinlich zwischen 1.200,-- und 1.600,-- € an Courtage und Bestandsprovisionen. Den Rest erhält der Versicherer, der immerhin den Vertrag verwalten und die Gelder meiner Auftraggeberin anlegen muss. Später muss der Versicherer auch die Renten auszahlen. Die dafür vorgesehenen Kosten würden die meisten wohl Menschen akzeptieren. Nach meiner Auffassung verlässt vor allem der Versicherungsmakler den Tisch als Gewinner, denn er hatte einmaligen Beratungs- und Dokumentationsaufwand von schätzungsweise 3 bis 4 Stunden und erhält eine Geldleistung, die bei einem Versicherungsberater ungefähr 16 Stunden an Beratungsleistung entsprechen. Da kann man schon ein bisschen neidisch auf die Makler werden. Aber „Insider“ wissen ja, dass die Courtage bei einem Makler auch die Aufwendungen kompensieren müssen, die andere Menschen bei ihm verursachen, die sich nur beraten ließen, aber keinen Vertrag abschließen. Leider kann meine Auftraggeberin diesen Menschen keine Rechnung schreiben.
#Akt4 – die tatsächlichen Renditen
Nachdem wir alle Informationen beisammen hatten, war es recht einfach aufgrund der Prognosen des Versicherers Renditen auf Basis des internen Zinsfußes zu berechnen. Dabei habe ich drei Szenarien gerechnet. Beim mittleren Prognosefall liegt die Rendite bei mageren 0,6937%. Im besten Prognosefall bei 3,03% und im schlechtesten Prognosefall bei -1,35%. Alles Vorsteuerrenditen, die bei meiner Auftraggeberin nicht zu einem Gefühl der Hochstimmung geführt hatten.
Fazit und Lösung
Wir werden jetzt den Rentenbeginn um zwei Jahre vorverlegen, so dass meine Auftraggeberin zumindest dem „schlechten Geld“ kein „gutes Geld“ hinterherwerfen muss (Auffassung meiner Auftraggeberin). Mehr kann man da leider nicht machen.
"Der Kommentar ist frei, die Fakten sind heilig" (C. P. Scott, britischer Journalist und Guardian-Herausgeber)