Fehlerhafte Widerrufsbelehrung - außergerichtliche Einigung mit der Bank

  • Hallo liebe Community Mitglieder!
    Ich lese schon seit geraumer Zeit immer wieder hier im Forum mit, habe bisher aber keinen Beitrag entdeckt, der meine aktuelle Frage beantwortet.
    Deshalb wage ich mich heute an einen eigenen Beitrag.


    Ich habe in 2016 meinen Darlehensvertrag widerrufen. Nachdem die Bank dies nicht akzeptiert hat, habe ich eine Beschwerde beim Ombudsmann der privaten Banken eingereicht. Der Schlichtungsspruch des Ombudsmannes fiel zu meinen Gunsten aus. Demnach ist die Bank zur Rückabwicklung verpflichtet.
    Leider ist der Schlichtungsspruch gemäß Verfahrensordnung für die Bank aufgrund des Gegenstandswertes von > 10.000€ nicht bindend und nach wie vor akzeptiert die Bank nicht. Allerdings wurde mir ein Vergleich angeboten für die sofortige Rückabwicklung und Nutzungsersatz in Höhe von ca. 3,8% der ursprünglichen Darlehenssumme(allerdings "abzüglich anfallender Steuern") . Der angebotene Nutzungsersatz erscheint mir etwas mager, da die im Umlauf befindlichen Rückabwicklungsrechner wesentlich mehr erwarten lassen und auch wegen der noch abzuziehenden Steuern.


    Ich würde der Bank gern einen Gegenvorschlag machen und wollte nun hier im Forum nachfragen, ob jemand mit dieser Vorgehensweise Erfahrungen hat.
    Bisher wurde kein Anwalt eingeschaltet und ich würde dies auch gern vermeiden, da kein Rechtsschutz besteht.
    Da die Bank eine Frist zur Annahme des Angebots gesetzt hat, die Ende dieser Woche abläuft, würde ich mich über kurzfristige Antworten freuen.


    Vielen Dank vorab! :)

  • Hallo ANE,


    gemäß dem Beschluss des Bundesgerichtshofes („BGH“) vom 22.09.2015 (Az. XI ZR 116/15) schuldet der Darlehensnehmer dem Darlehensgeber (1) die Rückzahlung des an den Darlehensnehmer ausgezahlten Nettokreditbetrages ohne Rücksicht auf bereits erfolgte Tilgungen und (2) die Verzinsung auf Basis der vertraglichen Vergütungsregelung bis zum Zeitpunkt des erklärten Widerrufs. Allerdings kann auf Grundlage des § 346 Abs.2 Satz 2, 2. Halbsatz BGB der Verbraucher den Nachweis führen, dass der Wert des Gebrauchsvorteils niedriger war. Letzteres wird üblicherweise als marktübliche Verzinsung bezeichnet.


    Im Gegenzug erhalten die Darlehensnehmer wiederum vom Darlehensgeber (3) die Erstattung der geleisteten Zins- und Tilgungsraten einschließlich Sondertilgungen und (4) die auf diese Zahlungen seit ihrem Empfang gezogenen Nutzungen (oder auch Nutzungsersatz genannt). Der Nutzungsersatz ermittelt sich auf Basis eines Prozentsatzes von 2,50% oder 5,00% über dem Basiszins. Der prozentuale Zinssatz, mit dem der Nutzungsersatz berechnet wird, variiert somit entsprechend der Veränderungen des Basiszinssatzes.


    Daher kann nicht pauschal gesagt werden, ob ein Nutzungsersatz von 3,8% der ursprünglichen Darlehenssumme korrekt ist oder nicht. Hier ist eine Überprüfung der konkreten Berechnung erforderlich.


    Viele im Internet erhältlichen Rückabwicklungsrechner berücksichtigen sowohl die marktübliche Verzinsung wie auch den Nutzungsersatz und weisen beide Parameter getrennt und nachvollziehbar aus. Hierüber können von der Bank vorgelegte Berechnungen überprüft werden. Angaben zum Basiszins erhalten Sie auch unter: https://www.bundesbank.de/Reda…saetze/basiszinssatz.html


    Meiner Erfahrung nach berechnen Banken üblicherweise Steuern auf den von Ihnen zu zahlenden Nutzungsersatz. Ob Sie diesen Betrag jedoch schlussendlich effektiv bezahlen müssen oder eine Erstattung im Rahmen Ihrer Steuererklärung erhalten, hängt von Ihrer individuellen steuerlichen Situation ab.


    Warum fordern Sie nicht von Ihrer Bank die detaillierte Berechnungsgrundlage für den dort ermittelten Betrag an? Über die von Ihnen angesprochenen Rückabwicklungsrechner sollten Sie in der Lage sein, diese recht zügig zu überprüfen. Mögliche Abweichungen können Sie dann ganz konkret mit der Bank besprechen und gegebenenfalls einen Gegenvorschlag unterbreiten.


    Mit freundlichen Grüßen
    Kathleen Gamper

    Sachverständigenbüro
    Kathleen Gamper
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    36037 Fulda


    Von der Industrie- und Handelskammer Fulda öffentlichbestellte und vereidigte Sachverständige für Private Baufinanzierung. Öffentlichbestellte und vereidigte Sachverständige sind nach Maßgabe von § 36 GewO tätig.Ich unterliege den Bestimmungen der Sachverständigenordnung der IHK Fulda. Diesekann unter www.ihk-fulda.de eingesehen werden. Bestellungskörperschaft:Industrie- und Handelskammer Fulda.