Kapitalabfindung oder lebenslange Rente?

  • Ich erhielt von meiner Versicherung die Nachricht, dass ich mich bis 31.03.2017 entschieden haben muss, ob ich die Kapitalauszahlung oder lebenslange Rente haben möchte. Das Schreiben erhielt ich, da ich im fernen Ausland bin, erst kürzlich.
    Meine Kapitalauszahlung würde etwa 40000 Euro betragen. Gibt es eine grundsätzliche Empfehlung bzgl. Kapitalauszahlung oder lebenslange Rentenzahlung?


    Die Versicherung verweigert übrigens die Übersendung meiner genauen Daten per E-Mail (per Brief würde es viel zu lange dauern), die Bank, über die ich leider diese Versicherung abgeschlossen hatte, gibt mir ebenfalls keine Auskunft und verweist mich an die Versicherung, auf deren Brief steht, dass ich von meiner Bank betreut werde.

  • Gibt es eine grundsätzliche Empfehlung bzgl. Kapitalauszahlung oder lebenslange Rentenzahlung?

    Nein, die gibt es nicht.


    Die Antwort hängt davon ab, wie hoch die angebotene Rente im Vergleich zur Kapitalauszahlung ist. Ferner davon wie lange Sie zu leben beabsichtigen und welche Rendite Sie sich selbst zutrauen, am Kapitalmarkt zu erzielen.


    Tendenz: Wenn Sie wenig von Geldanlage verstehen und sehr, sehr alt werden, fahren Sie mit der Rente besser.
    Wollen Sie hingegen, dass eines Tages Ihre Kinder auch noch etwas erben und trauen Sie sich zu, am Kapitalmarkt wenigstens 6 % pro Jahr zu erzielen, sind Sie mit der Kapitalauszahlung besser dran.

  • Hallo Git,


    muc hat hat ja schon einige Informationen gegeben und zum Ausdruck gebracht, dass eine grundsätzliche Empfehlung schwierig ist. Ich erlaube mir trotzdem einige Ergänzungen. Die "Auskunfts"-Verweigerungshaltung des Versicherers sollten Sie dadurch umgehen, dass Sie jeamanden bevollmächtigen. Das muss kein Versicherungsberater oder Rechtsanwalt, sondern kann auch ein Verwandter usw. sein.


    Wichtig wäre zu prüfen, was passiert, wenn Sie Ihr Wahlrecht nicht wahrnehmen.


    Die Berechnung beider Alternativen ist recht technisch. Sie müssen für die "Leibrentenalternative" tatsächlich die eigene Lebenserwartung einschätzen (hierfür gibt es Berechnungstools; die eigene Lebenserwartung ist dann die statistische ergänzt um einige individuelle Faktoren), den Einzahlungsbetrag berücksichtigen, die Rentenzahlungen vorgeben und eine etwaige Dynamisierung der Renten in die Berechnung einpflegen. Dann können Sie beispielsweise über die interne Zinsfußmethode die IRR-Rendite für diese Alternative berechnen.


    Um die Leibrentenalternative mit der Auszahlungsalternative vergleichen zu können, müssen Sie dann eine Anlage des Auszahlungsbetrags unterstellen und die Rendite für diese Anlage berechnen oder schätzen. Das alles natürlich über vergleichbare Anlagezeiträume (also der Annahme x weitere Jahre zu leben).


    Um nicht Äpfel mit Birnen zu vergleichen, sollte eine Anlage gewählt werden, die ein ähnliches Risikoprofil zu einer Leibrente aufweist. Das sind sicherlich nicht Anlagen auf dem Kapitalmarkt mit 6%-Rendite! Wenn Sie so rechnen, gewinnt immer die von muc ins Feld geführte Kapitalmarktrendite auf den Auszahlungsbetrag.


    Dann können Sie einen Vorsteuervergleich zwischen den gegebenen Alternative herstellen. Die Kür wäre dann die beiden Alternativen steuerlich bewerten zu lassen. Irgendwelche Erbschaftstranskationen würde ich nicht einbauen, dass macht die Angelegenheit noch komplizierter.


    Sie können meine Empfehlungen natürlich alle "über Bord" werfen und ganz und gar auf Ihr Bauchgefühl setzen. Dann sollten Sie sicher aber bitte nicht irgendwann beschweren, auf die falsche Alternative gesetzt zu haben.


    Mit besten Grüßen

  • Eine entscheidende Frage lautet: Alt- oder Neuvertrag, wann abgeschlossen: Vor oder nach 1.1.2005


    Im Fall eines Altvertrags, der spätestens am 31.12.2004 policiert war, ist die Einmalzahlung komplett steuerfrei, während bei Wahl der Rentenzahlung der sog. Ertragsanteil zu versteuern ist (unterstellt, die Police ist mind. 12 Jahre alt)


    Bei Neuverträgen, die seit 1.1.2005 abgeschlossen wurden, besteht generell Steuerpflicht.


    Zusatzfrage:
    Ab welchem Termin ist die Police frühestens zuteilungsfähig, warum die Eile...?
    Solltest Du einen Altvertrag haben, besteht das Kapitalwahlrecht (Rente oder Einmalzahlung), solange der Vertrag läuft, also bis mindestens drei Monate vor Ablauf/Zahltermin.


    Obacht:
    Lass Dich bitte bloß nicht zu einer voreiligen, übereilten Entscheidung drängen, die Du hinterher vielleicht bereuen könntest.


    Warum "verlangt" die Versicherung plötzlich diese ultimative Entscheidung von Dir?
    Was würde im schlimmsten Fall passieren, wenn Du die gesetzte Frist nicht einhältst?
    Erst überlegen, dann handeln!
    ;)

  • Vielen Dank Muc und Herr Gamper.


    Ich habe jetzt mal meine Lebenserwartung kalkuliert. Demnach lebe ich lt. einem im Internet gefundenen Berechnungstool noch 22 Jahre. Erfahrung mit Geldanlagen habe ich so gut wie keine.


    Herr Gamper, Ihr Rat ist leider zu "hoch" für mich. Ich bin keine Mathematikerin o.ä. kann also die Zinsfußmethode nicht anwenden. Meine Einzahlungen belaufen sich auf 25 x 920 Euro. Wie ich eine "etwaige Dynamisierung der Rente in die Berechnung einpflegen" soll, weiß ich auch nicht. Steuern spielen keine Rolle, da meine Rente äußerst gering sein wird und ich voraussichtlich unterhalb der Grundsicherung bleiben werde.


    Was ist eine Anlage mit einem ähnlichen Risikoprofil wie eine Leibrente? Ganz wenig, oder?

  • Hallo HP-Profi,
    vielen Dank für den Hinweis. Mein Vertrag wurde 1994 abgeschlossen. Zuteilungsf'ähigkeit: 2019.


    Bist du dir hinsichtlich deiner Aussage, dass ich bei einem Altvertrag das Kapitalwahlrecht (Rente
    oder Einmalzahlung) bis mindestens drei Monate vor Ablauf/Zahltermin habe?


    Wenn ich die Frist nicht einhalte, heißt das, das ich mich für die Rentenzahlung entschieden habe (so teilte mir das die Versicherung mit).

  • Bist Du sicher, kein Tippfehler?


    Vertragsabschluss: 1994
    Laufzeitende: 2019


    Bingo - das ist Gold wert!
    Offenbar ein klassischer Alt-Vertrag mit jährlicher Mindestverzinsung.


    Natürlich würde Dich die Versicherung gerne deutlich früher als 2019 loswerden, am liebsten gestern schon rausschmeißen ... ;)


    Siehe oben:
    Bitte nicht beirren lassen und auf gar keinen Fall ohne Not überstürzt handeln.
    Oder hast Du selbst etwa irgendeinen Handlungs-/Änderungsbedarf?
    Dein Vertrag läuft, und läuft, und läuft...

  • Langsam!


    Nicht vorschnell übereilt entscheiden und hinterher heulen...


    Nur so eine Idee:
    Schreib Deiner Versicherung (am schnellsten geht's wohl per E-Mail) - etwa so in der Art:


    Nach meinen Unterlagen liegt der Vertragsablauf noch in weiter Ferne.
    Bitte prüfen Sie Ihre Unterlagen und teilen Sie mir mit:
    Mit welchen Beträgen/Summen kann ich zu welchem Termin voraussichltich rechnen - je einmal Rente bzw. Kapitalwahl.
    Bitte schicken Sie mir auch eine aktuelle Standmitteilung zum aktuellen Zeitwert meiner Versicherung.
    Prinzipiell gehe ich davon aus, dass ich mein Kapitalwahlrecht (Rente oder Einmalzahlung) solange ausüben kann, wie der Vertrag läuft, also bis mindestens drei Monate vor Ablauf/Zahltermin im Jahr 2019.


    Denkfehler?
    Irgendetwas vergessen/übersehen....?


    Und niemals nichts überstürzen!

  • Erfahrung mit Geldanlagen habe ich so gut wie keine.


    Das spricht schon mal für die Wahl der Rentenvariante.A


    Steuern spielen keine Rolle, da meine Rente äußerst gering sein wird und ich voraussichtlich unterhalb der Grundsicherung bleiben werde.


    Auch dies spricht eher für die Wahl der Leibrente.
    Wenn Sie sich für die Einmalauszahlung entscheiden, wird man Ihnen das ausgezahlten Kapital anrechnen. D.h. Sie erhalten so lange keine Grundsicherung, bis dieses Kapital verbraucht ist. Das Schonvermögen (also der Betrag, der bei einer Grundsicherung nicht angerechnet wird) beträgt nur 2.600 €.


    Natürlich wird Ihnen auch die Rentenzahlung aus dieser Leibrente angerechnet. Allerdings dann natürlich nur mit dem Monats-Rentenzahlungsbetrag, den Sie erhalten. Es dürfte also trotz der privaten Leibrente ein Zahlungsbetrag aus der Grundsicherung für Sie geleistet werden.

  • Genau - völlig richtig, sag ich doch!


    Da der Renteneintritt noch in weiter Ferne liegt, besteht aktuell überhaupt kein Handlungsbedarf.


    Bloß nicht zu voreiliger Hektik verleiten lassen, die man hinterher bereuen könnte (weil dann unumkehrbar geworden).


    Und falls das nicht zu intim ist:
    Von welchem Versicherungsunternehmen und welcher Policenvariante reden wir hier eigentlich?

  • HP-Profi, ich bin sehr froh über Ihre Hinweise. Vielen Dank! Ich habe jetzt auch auf der webpage bei der Verbraucherzentrale nachgesehen und diese auch kontaktiert (noch ohne Antwort). Sie scheinen Recht zu haben:


    "Wer für das Ende der Sparphase bei der aufgeschobenen Rentenversicherung ein so genanntes Kapitalwahlrecht vereinbart, kann sich dann kurz vor Rentenbeginn entscheiden, ob er das Ersparte lieber in Häppchen monatlich oder auf einen Schlag kassieren möchte." (http://www.verbraucherzentrale…privaterentenversicherung)