Absicherung bei Baufinanzierung

  • Hallo in die Runde,
    (ich war mir über die Kategorie nicht ganz im Klaren,würde auch zu Baufinanzierung passen)
    als stille Mitleserin hab ich schon viel gelernt, diesmal hab ich eine konkrete Frage:
    Wir planen eine Immobilie zu erwerben, Baujahr 1990. Ausgangssituation ist eine Verteilung nach dem klassischen Rollenmodell: Mein Mann arbeitet Voll-, ich Teilzeit, wir haben eine Zugewinngemeinschaft, unsere 2 Kinder sind bald beide auf einer weiterführenden Schule.
    Mein Mann kann die Finanzierung aus Sicht der Banken auch allein stemmen, mein Einkommen ist so übersichtlich, dass bei seinem Ausfall das Ganze definitiv platzen würde. Er ist jetzt Ende 40; bei einer Laufzeit von 20 Jahren wäre bei Renteneintritt die Finanzierung aber noch nicht abgeschlossen.
    Ergo planen wir, dass er auch den Kaufvertrag allein unterschreibt, damit die Kinder und ich im worst case (der hoffentlich nicht eintritt) das Erbe ausschlagen können und ich nicht in die Privatinsolvenz rutschen würde.
    Habt Ihr sonst noch Anmerkungen, Kommentare, Vorschläge?
    Lohnt es sich beispielsweise, wenn ich noch einen Bausparvertrag abschließe, um bei Renovierungsbedarf einen günstigen kleinen Kredit aufnehmen zu können?
    Ich freu mich auf Eure Meinungen!
    fragende

  • Hallo



    @fragende ich finde es sehr positiv, dass Sie sich vor so einer Lebensentscheidung auch mit möglichen Negativszenarien auseinandersetzen. Da es vielleicht auch andere Leser mit ähnlicher Fragestellung gibt, möchte ich aus eigenen Erfahrungen und Überlegungen in ähnlicher Situation etwas weiter ausholen.



    Ich glaube, Sie fokussieren sich zu sehr auf das eine Szenarium Tod Ihres Ehemannes. Dabei gibt es wesentlich mehr und der Tod ist in dem Alter auch noch das mit der geringsten Wahrscheinlichkeit. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit:


    • Scheidung (kommt auch noch nach der Silberhochzeit vor);
    • Arbeitslosigkeit (wenn nicht gerade Beamter o.ä.),
    • Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit;
    • plötzliche hohe Reparaturkosten (damit muss man bei einem Baujahr 1990 immer rechnen).


    In den ersten drei Fällen kommt zu den persönlichen Problemen dann noch der Verlust des Eigenheimes.Die Gegenmaßnahmen sollten m.E. schon so weit wie möglich auch dann noch den Erhalt der Familienwohnung sichern.



    Haben Sie schon eine Bank, die dabei mitspielt, dass nur der Ehemann Kreditnehmer wird? Genau aus den Überlegungen, die Sie auch anstellen, mögen das die Banken üblicherweise nicht.



    Meine Empfehlungen teilen sich in einige allgemein menschliche und ein paar Versicherungshinweise:



    Sie würden finanziell wesentlich besser dastehen, wenn Sie, sobald es die Kinder erlauben, wieder voll arbeiten. Im positiven Fall hat die Familie dann so einen Einnahmenüberschuss, dass Sie auch einmal eine Sondertilgung tätigen können. Das entspannt die Situation am Tilgungsende deutlich. Damit könnten Sie auch kürze Zeiten der Arbeitslosigkeit Ihres Mannes überbrücken und im Fall einer Scheidung haben Sie zumindest eine Basis für Überlegungen, mit den Kindern im Familienheim bleiben zu können. Auch plötzliche Großreparaturen sind dann finanziell nicht so furchtbar schlimm.



    So makaber es klingt, dass finanzielle Risiko des plötzlichen Todes Ihres Ehemanns ist noch am einfachsten zu kompensieren. Auch mit Ende 40 kann man noch eine Risikolebensversicherung zu akzeptablen Konditionen abschließen. Achten Sie auf eine ausreichend hohe Versicherungssumme. Details können Sie hier im Ratgeberteil von Finanztip nachlesen.



    Schwieriger wird es mit dem Abschluss einer wirklich leistungsfähigen Berufsunfähigkeitsversicherung. Falls Ihr Mann nicht schon eine hat (dann aber noch mal durch einen Fachmann prüfen lassen), sind mit Ende 40 die Prämien so hoch, dass man, wenn man sich die Prämie noch leisten kann, diese ggf. besser in eine sichere Geldanlage oder eine Sondertilgung des Kredits steckt.



    Wählen Sie eine Finanzierungsvariante mit einem sog. Volltilgerdarlehn, so dass die Immobilie bei Renteneintritt Ihres Mannes abgezahlt ist. Die Rate wird dann etwas höher sein, aber Sie haben Planungssicherheit.



    Wenn nicht irgendwelche – nicht vorgetragenen – besonderen Randbedingungen vorliegen, würde ich doch die klassische Variant, d.h. je 50% Eigentum und gemeinsamer Kredit, empfehlen.



    Und zum Schluss, auch wenn es hart klingt. Falls die Finanzierung zu eng wird, verzichten Sie auf die Immobilie oder wollen Sie die nächsten 20 Jahre ihr Sklave sein? Es gibt noch ein bisschen mehr im Leben.



    Viel Glück Pumphut

  • Ergo planen wir, dass er auch den Kaufvertrag allein unterschreibt, damit die Kinder und ich im worst case (der hoffentlich nicht eintritt) das Erbe ausschlagen können und ich nicht in die Privatinsolvenz rutschen würde.


    Das ist ein wenig - meine Kinder würden sagen - "krass".
    Wenn Sie beim Tod des Hauptverdieners das Erbe ausschlagen wollen, läuft etwas schief!


    Zunächst sollten Sie Ihren Ehemann, Vater und Hauptverdiener ausreichend durch eine Risikolebensversicherung absichern. Dann würden im Todesfall die Schulden aus der Versicherungsleistung getilgt und Sie haben ein schuldenfreies Eigenheim. Risikolebensversicherungen kosten fast nix. Jedenfalls in Relation zu dem Versicherungsschutz, den Sie erlangen.


    Sollte Ihr Mann gesundheitlich so angeschlagen sein, dass eine Risiko-LV nicht oder nur mit extremen Beitragszuschlägen abschließbar ist, muss trotzdem keine Privatinsolvenz drohen.


    Wenn Sie ein Eigenheim finanzieren, nehmen Sie bzw. Ihr Mann zwar eine Menge Fremdkapital auf - aber es steht ja auch ein Vermögenswert dagegen (eben das Haus).


    Würde der - wie Sie es nennen - "worst case" eintreten, würde Ihr Mann ja nicht nur die Schulden vererben, sondern auch den Gegenwert. Da jede Baufinanzierung auch Eigenkapital voraussetzt, müsste deshalb der Gegenwert der Immobilie zumindest ausreichen, dass die noch offenen Schulden getilgt werden können. Vielleicht bleibt sogar noch etwa übrig!


    Freilich könnte die Situation eintreten, dass Sie die restlichen Annuitätsraten nicht allein aus Ihrer Witwenrente und Ihrer eigenen Berufstätigkeit finanzieren könnten. Das würde bedeuten, dass Sie Ihr Eigenheim veräußern müssen.
    Aber im Fall der Erbausschlagung würden Sie Ihr Eigenheim auch verlieren.


    Nur im ganz besonders negativen Szenario könnte der Nachlass überschuldet sein. Dies setzt 2. Bedingungen voraus:


    1. Sie müssten das Eigenheim jetzt überteuert kaufen. Das ist sehr wahrscheinlich, denn die Preise am Immobilienmarkt sind in den letzten fünf Jahren extrem gestiegen. Ich rechne damit, dass irgendwann die Zinsen wieder ansteigen und damit ein dramatischer Preisverfall der Immobilien einsetzt. Experten haben berechnet, dass ein Rückschlagspotential von 25 % bis 35 % je nach Lage durchaus realistisch ist. Allerdings kann ich Ihnen nicht vorhersagen, wann die Zinswende kommt. In den nächsten zwei bis drei Jahren sehr wahrscheinlich nicht.


    2. Der Todesfall Ihres Mannes müsste sich zu einem Zeitpunkt ereignen, zu dem Ihre Fremdkapitallast noch sehr hoch ist.
    Je mehr Sie getilgt haben, um so weniger ist der Preisverfall Ihrer Immobilie ein Problem. Denn wenn - sagen wir - nur noch ein Rest von 40 % der ursprünglichen Finanzierungshöhe offen ist, wäre auch ein Preisrückgang von 60 % noch kein Grund für eine Privatinsolvenz. Sie wären dann zwar Ihr Eigenheim los - aber auch Ihre Schulden.


    Fazit: Nur wenn Ihr Mann relativ bald verstirbt und wir bis dahin bereits einen großen Wertverfall am Immobilienmarkt gesehen haben, könnte Ihr Nachlass überschuldet sein. Sehr unwahrscheinlich.


    Doch selbst wenn dieser Fall eintritt, müssen Sie das Erbe nicht ausschlagen! Sie können beim Nachlassgericht eine Nachlassverwaltung beantragen. Lesen Sie hier nach, was das ist.


    Damit erreichen Sie Ihr Ziel, nicht für die Schulden Ihres verstorbenen Mannes aufkommen zu müssen, wesentlich intelligenter als mit der Ausschlagung des Erbes! Und wenn nach der Abwicklung des Nachlasses durch den Nachlassverwalter noch positives Vermögen übrig bleibt, wird der schuldenfreie Rest an Sie ausbezahlt!


    Viel Erfolg bei Ihren Entscheidungen!


    P.S.: Wenn Sie heute ein 27 Jahre altes Haus kaufen, sollten Sie darauf achten, dass das Grundstück ein vernünftige Größe hat. Ihr Haus wird in 20 Jahren 47 Jahre alt sein... - und damit nach der Erfahrung der Vergangenheit nicht mehr den Wohnansprüchen des Jahres 2037 entsprechen.


    Was ich sagen will: allenfalls ein Grundstück kann im Laufe der Jahre wertvoller werden. Die darauf stehenden Immobilien nehmen im Lauf der Zeit an Wert ab. Das glauben Sie nicht? Schauen Sie sich mal Häuser an, die in den fünfziger Jahren gebaut wurden. So will heute kein Mensch mehr leben. Hier in München ist derzeit laufend zu beobachten, dass solche Gebäude abgebrochen werden und auf dem Grundstück, wo vorher Oma's klein Häuschen stand, errichtet ein cleverer Bauträger dann vierspännige "Stadthäuser" oder Eigentumswohnungen. Allerdings kann das Spiel nur einmal gespielt werden.


    In vierzig, fünfzig Jahren können sich dann die Erben der heutigen Käufer um die weitere Nutzung streiten...
    Die heutigen Immobilienkäufer erwerben zwar modernste Neubausubstanz - aber nur einen Grundstückanteil in Größe eines Badehandtuchs. Keine gute Perspektive für eine spätere Verwertung.


    8)

  • Hallo,


    zunächst einmal danke für die engagierten Antworten!
    Die Vorschläge in Richtung Versicherungen nehm ich gern auf, da lohnt es sich, dranzubleiben.
    Vollzeit arbeiten ist aktuell noch keine Option - der jüngere wechselt, wie gesagt, aufs Gymnasium, und wir sind beide fest davon überzeugt, dass sich da eine Investition von Zeit lohnt. Wir möchten gern die Bildung der neuen Routinen begleiten. Ist schließlich schon ein Sprung von einer Grundschule mit 100 Kindern auf dem Land in eine Schule, in der ein Jahrgang schon fast 150 Schüler hat. Von einem anderen Lernpensum und wechselnden Lehrkräften ganz zu schweigen. Da gehen die Kinder eindeutig vor. Aber wenn er Fuß gefasst hat, werde ich natürlich aufstocken.
    Von einer Scheidung geh ich jetzt einfach mal nicht aus...aber 1000%ig ist natürlich nix, da haben Sie sicherlich recht. Wann kriegen die verschiedenen Geschlechter ihre Midlifecrisis? ?( Ich dachte wir wären da schon durch? ;)
    Und wegen meiner "krassen" Schwarzseherei: Wird gestützt durch beruflich bedingte selektive Wahrnehmung und eine sicherheitsbetonte Erziehung. Deswegen arbeite ich ja auch im öffentlichen Dienst... :rolleyes: .
    Danke auch für den Tipp mit einem Nachlassverwalter. Berufsbetreuer kannte ich, dass es sowas aber auch begrenzt auf einen Erbfall gibt, war mir nicht bewusst.
    Und nur weil ich glaube, dass ein 500m² Grundstück 15 Autominuten zur Unistadt auch in 10 Jahren noch einen gewissen Wertbestand hat, unterstütze ich dieses Projekt zum jetzigen Zeitpunkt (der überhöhten Immobilienpreise)
    (Auch wenn die Makler sagen, runter gehts in unserer Ecke nicht, es wird maximal stagnieren...you never know).


    Danke nochmal!


    fragende

  • Ich möchte dieses Thema nochmal hochholen und nicht extra neu aufmachen.

    Ich, Carsten arbeite Vollzeit, bin 54 Jahre alt und meine Frau 3 Jahre jünger.

    Wir überlegen ebenfalls die Anschaffung einer Immobilie im Wert von ca. 300.000 EUR bei

    ca. 80.000 Eigenkapital. Wenn ich das richtig bei der Rentenversicherung verstanden habe, würde meine Frau bei meinem Tod 55% meiner Rente bekommen und könnte dann auch die Finanzierung alleine stemmen. Aber es stimmt schon, es könnte ja auch andere Gründe geben warum ich als Hauptverdiener ausfalle. Ich möchte halt dann vermeiden, dass wir die Immobilie abstoßen müssten. Nimmt man dazu noch die Risiko Lebensversicherung? Nimmt die einen in dem Alter überhaupt noch und lohnt sich das? Oder gibt es noch andere Modelle?

    Danke und Gruß

    Carsten

  • 55% der Erwerbsminderungsrente (siehe letzte Renteninformation) + ggf. Zuschläge für Kinder - ggf. Einkommensanrechnung - Krankenversicherung/Pflegeversicherung/Steuern = pauschale Aussagen sind da schwierig.


    Eine Risikolebensversicherung kostet nicht wirklich viel. Man muss ja auch nicht die volle Finanzierung absichern, aber man sollte zumindest für einige Jahre die Kreditraten bezahlbar halten im Fall der Fälle.

  • Bestehen Banken bei einer Immobilienfinanzierung nicht ohnehin auf dem Abschluss einer Risiko-Lebensversicherung? Wir mussten dies jedenfalls nach Vollauszahlung nachweisen. Dachte, das wäre Usus.

    Aber ich könnte mir gar nicht vorstellen, eine Finanzierung über mehrere 100.000€ zu haben, ohne nicht wenigstens für meine Frau und die Kinder meinen Tod abgesichert zu haben.

    Wir (Frau und ich) zahlen jeweils jährlich 190€ für die Risiko-Lebensversicherung. Damit ist im Falle des Falles der Erhalt der Immobilie gesichert. Ich finde, das ist es auf jedenfall wert.

  • Hm ok, dachte das wäre immer so.

    Wir mussten eine Risiko-Lebensversicherung abschliessen. 2019 finanziert.

    Wobei, wenn ich so drüber nachdenke, war es wohl auch eher eine Empfehlung, denn eine Kopie der Police wollte die Bank auch nie sehen.

  • Ich sollte 50,- EUR pro Monat zahlen in einem unverbindlichen Angebot kann das sein?

    Keine Ahnung. Du sagst ja weder etwas zur Absicherungssumme, noch zur Laufzeit.

    Wenn die Todesfallsumme 3 Millionen Euro beträgt, bei einer Laufzeit von 30 Jahren und du ein 80-jähriger Kettenraucher mit BMI von 35 bist, dann wäre das sehr günstig.

  • Ich sollte 50,- EUR pro Monat zahlen in einem unverbindlichen Angebot kann das sein? Das fand ich halt sehr heftig.

    Hm, mit 54 hätte ich jetzt gedacht, dass eine Absicherung zu vernünftigen Kosten möglich ist.

    Laufzeit und Summe werden da nicht ohne Auswirkung sein. :/

  • Hallo,

    Ich sollte 50,- EUR pro Monat zahlen in einem unverbindlichen Angebot kann das sein? Das fand ich halt sehr heftig.

    Ich habe einmal ein Vergleichsportal bemüht und komme bei dem Alter, Nichtraucher, Bürojob, 15 Jahre Laufzeit und 250k Versicherungssumme tatsächlich auf über 50 Euro p.M.


    Da muss man schon über die Sinnhaftigkeit nachdenken. Möglichkeiten für größere Prämieneinsparungen wären z.B. fallende Versicherungssumme, überhaupt niedrigere Versicherungssumme oder kürzere Laufzeit. Das wäre dann die Feinoptimierung mit sehr konkreten Zahlen zur wirtschaftlichen Situation, auch im Fall Ihres Ablebens. Vielleicht ist die Risikolebensversicherung dann nicht mehr sinnvoll.


    Nebenbei: Bei mir wurde entweder die RLV von der finanzierenden Bank zwar empfohlen aber nie nachgehakt oder es war kein Thema. Eine Pflicht besteht nicht.


    Gruß Pumphut

  • Das mit dem Vergleichsportal war ein guter Hinweis. Ich hatte vorher direkt bei einer Versicherung geschaut. Scheinbar nicht die Günstigste. Über das Vergleichsportal wird dann für einen 54 Jährigen, bei 200.000 EUR absteigend über 15 Jahre 21,70 EUR angeboten. Aber da kommt bestimmt dann nach der ärztlichen Untersuchung nochmal ein Betrag X dazu.