Provisionsverbot im Vereinigten Königreich – ein Vorbild für Deutschland?
Mit dem sogenannten Retail Distribution Review („RDR“) hat das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland („UK“ oder „Vereinigtes Königreich“) bereits vor einigen Jahren ein stringentes Provisionsverbot in der Beratung von bestimmten Anlageprodukten eingeführt. Das Verbot gilt für Beratungen zu Altersvorsoge-Anlagenprodukten sowie Versicherungsanlagenprodukten (z.B. kapitalbildenden Lebensversicherungen).
Die Beratung im Zusammenhang mit den oben genannten Produktkategorien (und außerhalb des sogenannten Direktvertriebs) kann also nur von Honorarberatern durchgeführt werden.
Aber vorab: Was hat überhaupt ein Versicherungsberater zu diesem Thema zu sagen?
Nun, ich habe sieben Jahre im Vereinigten Königreich gelebt und in der Finanzindustrie als Fondsmanager gearbeitet. Ich kenne also die Situation vor Einführung des RDR gut. Nach meiner Meinung war und ist das Vereinigte Königreich, Deutschland - in Sachen Regulierung und Verbraucherschutz - in etwa fünf Jahre voraus. Daran ändert auch der leidige Brexit nichts. Ferner betrifft das Provisionsverbot auch Versicherungsanlageprodukte, mit denen ich mich berufsmäßig (zumeist im Rahmen der Ruhestandsplanung oder als Zweitmeinungsgeber) beschäftige.
Nun zurück zur Fragestellung:
Das Finanzministerium („HM Treasury“) und die Aufsichtsbehörde („FCA“) fassen in einem Evaluierungsbericht vom März 2016 folgendes zusammen:
„Financial advice in the UK: Following the Retail Distribution Review (RDR), the UK has a high-quality financial advice market. Standards and professionalism in the industry have increased. That drive to higher standards, along with other factors discussed in this report, has, however, contributed to a reduction in adviser numbers. The move to fee-based advice on retail investment products has improved transparency and ended conflicts of interest caused by a mainly commission-driven model. However, advice is expensive and is not always cost-effective for consumers, particularly those seeking help in relation to smaller amounts of money or with simpler needs.”
https://www.fca.org.uk/publica…ate/famr-final-report.pdf
Also fassen wir zusammen:
Nach Einführung des RDR hat sich der Beratungsmarkt für Altersvorsorge- und Versicherungsanlageprodukte weiter professionalisiert. Standards sind gestiegen. Die Anzahl der Beratungen ist jedoch zurückgegangen. Die Transparenz wurde verbessert. Interessenskonflikte wurden abgebaut. Es gibt jedoch Probleme in der Preisfindung solcher Beratungsleistungen und solche Beratungen weisen nicht immer vorteilhafte Kosten-Nutzen-Profile für Verbraucher auf. Davon sind insbesondere Verbraucher betroffen, die kleine Anlagesummen investieren wollen.
Das hört sich erst einmal vernünftig an. Also eine Steilvorlage für Deutschland? Das sollte ausführlicher diskutiert werden.
„Versicherungsberatung ist eine Kunst und Kunst kommt von können, nicht von wollen, sonst müsste es ja Wunst heißen (frei nach Karl Valentin).“