Finanzamt fordert Steuererklärung, obwohl eine gültige Nichtveranlagungsbescheinigung vorliegt

  • Meine Schwester (82Jahre) wurde von ihrem Finanzamt aufgefordert für 2015 und 2016 je eine Steuererklärung abzugeben. Sie hat eine gültige NVB bis Ende 2017. Da ich ihr bei der Antragstellung der NVB behilflich war, hat sie mich darüber informiert. Ich habe das FA angerufen und um Erklärung gebeten. Das FA vertritt die Auffassung, der Aufforderung sei Folge zu leisten. Der Widerruf der NVB würde später erfolgen.
    Ich verstehe das so, das FA muß erst die NVB widerrufen, ehe es zur Abgabe einer Steuererklärung auffordern darf. Und solange die NVB nicht widerrufen ist, bleibt sie gültig. Das FA hat den 2. vor den 1. Schritt getan, offenbar um die Frist zu verkürzen.
    Meine Schwester hat durch die NVB ihre Mitgliedschaft im Lohnsteuerhilfeverein gekündigt, und muß nun kurzfristig wieder einen Steuerberater finden.
    Das FA ist sicher durch den neuen Antrag meiner Schwester auf NVB ab 2018 auf sie aufmerksam geworden.
    Ich fühle mich gegenüber meiner Schwester schuldig, da ich ihr zur Beantragung der NVB geraten habe.
    Auf das gleiche FA hat es kürzlich einen Anschlag gegeben. Seine Probleme mit dem FA so zu lösen, halte ich jedoch für ungeeignet.

  • Hallo Altsachse,


    so ganz sattelfest bin ich in der Abgabenordnung nicht mehr, aber ich denke, das eine ist relativ unabhängig vom anderen.


    -> Die NV-Bescheinigung basiert letztlich nur auf einer Prognose und hat keinen Einfluss auf deine steuerlichen Pflichten. In § 56 EStDV steht:


    "Unbeschränkt Steuerpflichtige haben eine jährliche Einkommensteuererklärung für das abgelaufene Kalenderjahr (Veranlagungszeitraum) in den folgenden Fällen abzugeben:


    2a. Personen, bei denen im Veranlagungszeitraum die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 des Gesetzes nicht vorgelegen haben, wenn derGesamtbetrag der Einkünfte den Grundfreibetrag nach § 32a Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 des Gesetzes in der jeweils geltenden Fassung überstiegen hat und darin keine Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, von denen ein Steuerabzugvorgenommen worden ist, enthalten sind.


    Auf gut Deutsch:
    Auch ein Rentner ist grundsätzlich zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung verpflichtet, wenn seine Einkünfte – also nicht sein zu versteuerndes Einkommen – über dem Grundfreibetrag von 8.652 Euro liegt. Daran ändert sich auch nichts, wenn letzlich das zu versteuernde Einkommen (Einkünfte ./. Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen) unter dem Grundfreibetrag liegt.



    -> Das Finanzgericht Düsseldorf hat zB mit seinem Urteil vom 24.4.2012 entschieden, dass sich die NV-Bescheinigung nicht auf die Festsetzungsfrist auswirkt. Die Erteilung einer NV-Bescheinigung hat den Charakter einer Prognose, die nicht mit einer abschließenden Prüfung der steuerlichen Verhältnisse verbunden ist. Die gesetzliche Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung bleibt bestehen. (http://datenbank.nwb.de/Dokument/Anzeigen/593167/)
    Die Entscheidung des FG Düsseldorf wurde vom BFH bestätigt: http://datenbank.nwb.de/Dokume…2&listPos=1&listId=120454

  • Hallo @Oekonom,
    danke für Deine Bemühungen. Das läßt die Sache in einen anderen Licht erscheinen.
    Bei meiner Schwester ist sicher der Fall eingetreten, daß durch die Rentenerhöhungen der letzten Jahre eine Steuerpflicht entstanden ist. Kapitaleinkünfte waren immmer unterhalb des Freibetrages. Da der Mann meiner Schwester 2013 verstorben ist bezieht sie nun neben ihrer eigenen Rente auch noch Witwenrente. Da werden nun sicher ein paar Euro die Steuerpflicht ausgelöst haben.
    Danke nochmal, schön das man sich hier etwas schlau machen kann.
    Gruß


    Altsachse