Heimfahrten mit Dienstwagen finanziert durch den Arbeitgeber bei doppelter Haushaltsführung und Grad der Behinderung 70

  • Guten Tag,


    ich habe mich schon intensiv im Internet informiert, aber ich stoße hier auf widersprüchige Aussagen und hoffe nun hier auf Aufklärung.


    (Ich beschreibe das Beispiel bewusst in der dritten Person, damit sich keiner Sorgen machen muss wegen Steuerberatungsvorschriften.)


    Wir betrachten folgendes Szenario:


    Herr Müller ist behindert (GdB 70), als IT-Berater tätig und führt berufsbedingt einen doppelten Haushalt.
    Sein Arbeitgeber hat ihm einen Dienstwagen zur Verfügung gestellt. Er unternimmt damit häufig Fahrten zu Kunden, aber darf den Wagen auch privat nutzen.
    Der Dienstwagen wird von Müller mit der 1 %-Regel pauschal versteuert. Die Fahrtkosten (Benzin) werden vollständig vom Arbeitgeber übernommen.
    Herr Müller nutzt den Wagen sowohl für die Strecke zur Arbeit, also "erste Tätigkeitsstätte - 2.Wohnsitz" als auch für die Familienheimfahrten, also für die Strecke "2. Wohnsitz - 1. Wohnsitz".


    Die 0,03 %-Regelung wird hier aktuell nicht angewendet, weil Herr Müller nach Auffassung seines Arbeitgebers keine erste Tätigkeitsstätte besitzt (Kriterien für die Definition erste Tätigkeitsstätte sind nicht erfüllt, da der Standort zu oft wechselt). Es findet also derzeit keine Versteuerung für die Fahrten zur Arbeit statt, weil es offiziell keine erste Tätigkeitsstätte gibt.


    1. Frage: Kann man im oben beschriebenen Fall dennoch die Pendlerpauschale in der Steuererklärung geltend machen und sich die Fahrtkosten zwischen 2.Wohnsitz und erster Tätigkeitsstätte als Werbungskosten geltend machen lassen?


    2. Frage: Ich würde jetzt mal vermuten, dass die Antwort auf die 1.Frage "Nein" lautet. Aber wie sieht es aus, wenn ich am Ende des Jahres feststelle, dass die Kriterien für "erste Tätigkeitsstätte" doch erfüllt sind, weil ich öfter dorthin gefahren bin als ursprünglich angenommen? Darf ich dann die Fahrtkosten "erste Tätigkeitsstätte - 2. Wohnsitz" als Werbungskosten geltend machen lassen?


    3. Frage: Wie sieht es aus mit den Familienheimfahrten? Kann ich diese als Werbungskosten geltend machen?
    Da der Arbeitgeber die gesamten Fahrtkosten übernimmt, vermute ich mal eher nicht, aber damit komme ich zur vierten Frage......


    4. Frage: Herr Müller hat den GdB 70 und darf daher sogar die tatsächlich gefahren Kilometer (statt Entfernungspauschale) als Werbungskosten geltend machen.
    Ändert sich in den vorherigen Fragen irgendetwas durch die Behinderung? Grundsätzlich sollten Menschen mit einer schweren Behinderung ein paar steuerliche Vorteile erhalten, aber in diesem beschriebenen Fall sehe ich keine Vorteile. Oder kann man sich irgendwelche Werbungskosten geltend machen lassen?


    5. Frage: Sagen wir Herr Müller übernimmt die Kosten für private Fahrten selber und der Arbeitgeber übernimmt nur noch die Kosten für Dienstfahrten.
    Ist es in diesem Fall möglich die Familienheimfahrten, sowie die Fahrten zur ersten Tätigkeitsstätte als Werbungskosten anrechnen zu lassen?
    Welche Nachweise würde das Finanzamt in diesem Fall verlangen? Wird hier ein Fahrtenbuch notwendig sein oder kann man weiterhin die Kilometerpauschale (ohne Nachweis) verwenden? Wären Tankbelege alleine als Nachweis ausreichend?



    Wie ihr seht sind das viele Fragen. Ich habe mich sogar durch einige Gesetzestexte gequält und habe dort einerseits gelesen, dass man nur Werbungskosten geltend machen lassen kann für die ich auch selber aufgekommen bin. Auf der anderen Seite wird bei der Pendlerpauschale aber kein Nachweis verlangt udn auch nicht unterschieden zwischen den genutzten Verkehrsmitteln (auch Dienstwagen?). Gleiches gilt ja für die Familienheimfahrten.
    Außerdem ist mir nicht ganz klar, ob sich durch die Behinderung hier etwas ändert.


    Nach meinem Verständnis würde das Finanzamt mir gar keine Fahrtkosten als Werbungskosten anerkennen, wenn mein Arbeitgeber diese trägt.
    Das gilt vermutlich auch unabhängig von einer möglichen Behinderung. Sehe ich das so richtig?


    Mich wundert hier allerdings folgendes: Wie will das Finanzamt dann prüfen wer tatsächlich wie viel von den Fahrtkosten getragen hat, wenn ich mir die Fahrtkosten mit meinem Arbeitgeber teile?


    Es scheint mir so, dass die steuerliche Entlastung von Menschen mit Behinderung (GdB 70) bei der Nutzung eines Dienstwagens komplett zunichte gemacht werden. Das finde ich ehrlich gesagt schade und macht es für solche Menschen uninteressant einen Dienstwagen zu nehmen - es kommt ja noch der geldwerte Vorteil hinzu.


    Ich würde mich sehr freuen, wenn mir jemand weiterhelfen kann. :)
    Bin für jeden noch so kleinen Tipp dankbar! 8o:):thumbup: