Steuerverluste nach Pleite

  • Hallo,


    als höchst geschickter Anleger habe ich groß in KTG Agrar investiert, die nun ja pleite sind. Nun wollte ich die dadurch erlittenen Verluste steuerlich geltend machen, aber meine Bank schreibt:


    "Realisierte Verluste aus Wertpapierverkäufen dürfen seit dem 01.04.2013 steuerlich nur noch dann mit Gewinnen verrechnet werden, wenn der Verkaufserlös die Transaktionskosten übersteigt. Seit dem 09.12.2014 gilt dieses auch für Veräußerungserlöse, die nur positiv sind, weil die Transaktionskosten vom depotführenden Institut reduziert wurden."


    Das verwirrt mich - es kann doch nicht sein, dass bei einem Verlust von 10.000 Euro auf 100 Euro alles steuerlich geltend gemacht werden kann, bei einem Totalverlust auf 0 Euro aber nicht mehr??


    Und noch etwas: gesetzt den Fall, ich realisiere 2018 Kapitalerträge von 500 Euro (also unterhalb Sparerfreibetrag von 801 Euro) sowie Verluste in Höhe von 1500 Euro. Kann ich dann die vollen 1500 Euro in die Folgejahre mitnehmen, weil die Gewinne ja unterhalb des Sparerfreibetrages lagen, oder werden die 500 Euro Gewinne direkt von den 1500 Euro Verlusten abgezogen?


    Dankeschön!

  • Von wann ist die Äußerung der Bank? @Oekonom hatte unlängst auf ein Urteil hingewiesen, das mMn einen anderen Standpunkt einnimmt.
    Interessante & hilfreiche Steuer-Urteile - Seite 4 - Steuern sparen - Finanztip-Community


    Zur zweiten Frage habe ich im Netz unterschiedliche Antworten gefunden, allerdings wird überwiegend die Verlustverrechnung vor dem Freistellungsauftrag gesehen. s. https://www.test.de/Freistellu…l-nutzen-4113993-4114000/

  • Gibt es eine Vorrangigkeit zwischen einem erteilten Freistellungsauftrag und der Verlustverrechnung?
    Ja.
    Es ist gesetzlich festgelegt, dass die Verlustverrechnung der Anwendung eines Freistellungsauftrags vorgeht. Es werden also die abzugspflichtigen Kapitalerträge zuerst durch einen Verlust und danach durch ein Freistellungslimit aus einem Freistellungsauftrag reduziert.

    Du kannst es allerdings umgehen, wenn du bei einer Bank den FSA nutzt, und bei einer anderen Bank (oder dem Finanzamt) die Verluste vorträgst.
    Falls du allerdings die Erträge und Verluste bei derselben Bank machst, dann wird sie diese vorrangig verrechnen vor der Anwendung des FSA.

  • Das verwirrt mich - es kann doch nicht sein, dass bei einem Verlust von 10.000 Euro auf 100 Euro alles steuerlich geltend gemacht werden kann, bei einem Totalverlust auf 0 Euro aber nicht mehr??

    Die Finanzverwaltung hat hier leider eine sehr eigentümliche Auffassung:


    1) Totalverlust durch Insolvenz ist ein Forderungsausfall und kein Veräußerungsverlust. Vor dem 01.01.2009 wäre das noch zu verstehen, weil damals zwischen Ertrags- und Vermögensebene unterschieden wurde. Heute sind alle Wertsteigerungen steuerpflichtig. Daher müssen auch alle Verluste im Umkehrschluss abzugsfähig sein. Es ist nicht erkennbar, wo der Unterschied zwischen Forderungsausfall oder Veräußerungsverlust bis hin zum Totalverlust sein soll.


    2) Auch das von dir aufgeführte Zitat stammt von der Finanzverwaltung. Der vollständige Wortlaut ist wie folgt:


    "Eine Veräußerung liegt nicht vor, wenn der Veräußerungspreis die tatsächlichen Transaktionskosten nicht übersteigt. Wird die Höhe der in Rechnung gestellten Transaktionskosten nach Vereinbarung mit dem depotführenden Institut dergestalt begrenzt, dass sich die Transaktionskosten aus dem Veräußerungserlös unter Berücksichtigung eines Abzugsbetrages er-rechnen, wird zudem ein Veräußerungsverlust nicht berücksichtigt."


    Hier das BMF-Schreiben, vgl dann Tz 59 und 60: http://www.bundesfinanzministe…_blob=publicationFile&v=1


    Ich denke, die Auffassung der Finanzverwaltung ist nach dem BFH-Urteil vom 24.10.2017, VIII R 13/15 (https://www.bundesfinanzhof.de…gen/entscheidungen-online) endgültig nicht mehr haltbar. Ein erstes Urteil in diese Richtung gab es bereits 2015: BFH v. 12.05.2015 (https://datenbank.nwb.de/Dokument/Anzeigen/548857/)


    Tipp: Notfalls verkaufst du die Anleihe eben nicht über die Börse, sondern überträgst sie entgeltlich an einen fremden Dritten in dessen Depot. Du kannst die Anleihe ja für 100 Euro an deinen Lebenspartner oder besten Freund verkaufen. Dann hast du den Veräußerungsverlust und es sind keine Veräußerungskosten angefallen....Diskussionspotential mit der Finanzverwaltung nicht auszuschließen ;)