Bauträger verpflichtet im ETW-Kaufvertrag selbst zu nutzen

  • Hallo liebe Finanztip Community,


    ich interessiere mich für den Kauf einer Eigentumswohnung und habe bereits die Reservierung im Rahmen einer Ankaufserklärung getätigt. Dabei handelt es sich um eine ETW in einem Bestandsgebäude in einer ehemaligen Kaserne, die in Wohngebiet umgewandelt werden soll. Die ersten Gebäude werden kernsaniert und sollen ab 2019 bezugsbereit sein.


    Der Bauträger bietet die ETW etwa 1/3 unter Marktpreis an, allerdings verpflichtet sich der Käufer im Kaufvertrag (Entwurf) zur Selbstnutzung ("moralische Klausel"). Diese Klausel steht im Vorwort des Kaufvertrags und ist nicht weiter geregelt. Diese Klausel soll wohl auch nicht im Grundbuch eingetragen werden. Zudem gibt es ein Vorkaufsrecht für den Bauträger, womit er sich einräumt die ETW 10 Jahre zum Einkaufspreis zurückzukaufen (diese Klausel zum Vorkaufsrecht soll auch im Grundbuch eingetragen werden).


    Das Thema "nur zur Eigennutzung" war vorher schon bekannt und wurde mit dem Markler auch besprochen. Bei den Gesprächen hieß es etwas anders, wie ich es jetzt aus dem Entwurf des Kaufvertrags lese:
    1. Wenn das Vorkaufsrecht nach 10 Jahren erlischt, dann erlischt auch die Verpflichtung zur Eigennutzung.
    2. Wenn es die Situation erforderlich macht, kann nach Absprache die Wohnung auch übergangsweise "zum fairen Preis" vermietet werden. z.b. wenn sich der Arbeitsort zeitweise ändert. Genaue Zahlen zum Thema "fairer Preis" bei Vermietung wurden allerdings nicht genannt. Dieser soll aber wohl knapp unterhalb des Mietspiegels der Stadt liegen.


    Ich habe nun einen Termin mit einem unabhängigen Rechtsanwalt vereinbart um den Entwurf des Kaufvertrags zu prüfen um die Kaufentscheidung abzuwägen bzw. erforderliche Änderungen am Kaufvertrag verhandeln zu können. Im Internet habe ich zu dem Thema einen Prozess des OLG Rostock gefunden, bei dem ein Kaufvertrag als sittenwidrig erklärt wurde, der Eigennutzung und eine gekoppelte Rückkaufoption unterhalb des Einkaufspreises beinhaltete.


    Habt ihr weitere Tipps für mich in der Sache?


    Danke und viele Grüße,
    Michael

  • Hallo @mig1985,


    willkommen im Forum.


    Mein Bauchgefühl sagt mir, dass diese Bedingungen ggf. nicht rechtskonform sind. Aber das werden Sie ja mit dem Anwalt in Kenntnis des konkreten Vertragstextes verbindlich klären. Wobei die Klauseln sicherlich nicht offenkundig rechtswidrig sind, das würde ein Notar nicht beurkunden. Für Auslegungsfragen wissen Sie, vor Gericht und auf Hoher See…


    Falls Sie heute fest planen, die Wohnung selbst zu nutzen und Ihre Fragen nur vorsorglich stellen, sehe ich die Lage entspannt. Für solche Situationen hat mir ein Anwalt einmal einen sehr guten Rat gegeben; Mund halten. Gesetz dem Fall, die Klauseln sind heute rechtswidrig, wissen Sie zum einen nicht, wie die Rechtslage zum Zeitpunkt des ggf. erforderlichen Auszuges sein wird. Zum zweiten verärgern solche Diskussionen einen Bauträger, der garantiert noch weitere Interessenten hat. Und zum Dritten verschlechtert es Ihre Position im dann erforderlichen Prozess, wenn Sie erklären müssen, ja ich wusste, die heute von mir angegriffenen Klauseln waren rechtswidrig und ich habe sie trotzdem zähneknirschend akzeptiert. Gerichte sind meistens soweit verbraucherfreundlich, dass sie Klauseln im Graubereich zu Gunsten des juristischen Laien auslegen.


    Falls Sie allerdings darauf abstellen, in 3 Jahren 50% Spekulationsgewinn durch Weiterverkauf einzufahren, sollten Sie sich sehr eng von einem absoluten Fachmann auf dem Gebiet begleiten lassen. Der arbeitet dann aber nicht nach BRAGO und Sie sollten die Gesamtkosten kalkulieren.


    Gruß Pumphut

  • @Pumphut, danke für den beitrag!


    Tatsächlich ist die erste Annahme der Fall.


    Ich möchte gerne die Wohnung selbst nutzen und möchte mich nur absichern, für den Fall, dass das zukünftig nicht mehr möglich ist z.B. wegen Arbeit oder weil die Familienplanung mehr Platz erfordert als die Wohnung her gibt, etc.


    Ich beabsichtige auch nicht die ETW frühzeitig gewinnbringend zu verkaufen, sondern möchte sie in den genannten Fällen vermieten. Also ist das das Vorkaufsrecht über 10 Jahre für mich ok. Nur in Kombination mit der Verpflichtung zur Eigennutzung nicht.


    Dabei möchte ich eigentlich nicht beim Markler oder Bauträger nachfragen ob ich in einer akuten Situation vermieten darf und einen Mietpreis verhandeln. Sondern hätte das gerne vorher klar... Das wäre z.B. auch interessant um das Kauf-Mietpreis-Verhältnis zu berechnen.


    Mal angenommen mein neuer Arbeitgeber wäre auf der anderen Seite des Ballungsgebietes und ich hätte von der Wohnung dann über 1h Anfahrtsweg. Muss ich dann diskutieren, dass die Situation nicht zumutbar ist und haben die dann das Recht zu sagen "in diesem Fall dürfen sie nicht vermieten"!?


    Viele Grüße,
    Michael

  • Hallo @mig1985


    Ich vermute, in Ihrem Nicknamen ist Ihr Geburtsjahr verarbeitet. Damit sind Sie in der Altersklasse meiner Kinder und ich hoffe, die kann ich noch verstehen.


    Ein allgemeiner Rat, machen Sie sich nicht zu viele Gedanken über zukünftige Eventualitäten. Klären Sie, ob die Wohnung für Ihre heutige Situation und die sichere nahe Zukunft passt oder nicht. Wie sagt der Volksmund so schön: kommt Zeit, kommt Rat. Nur als Beispiel: Vielleicht haben wir in 5 Jahren auch die Zwangsbewirtschaftung allen Wohnraumes – gab es schon und einige Politiker träumen wieder davon. Dann stellt sich die Situation ganz anders dar.


    Ihre konkreten Fragen nach der Obergrenze eines Mietpreises in x Jahren wird Ihnen heute keiner beantworten können und wollen. Makler und Bauträger haben nach Übergabe der Wohnung auch nichts mehr zu sagen, es sei denn, in der Teilungsanordnung ist etwas Abweichendes geregelt.


    Gruß Pumphut

  • Guten Tag @Pumphut,


    auch hier kann ich bestätigen, dass ihre Annahme bzgl. Geburtsjahr korrekt ist :)


    Vielen Dank für Ihren Rat. Möglicherweise sind diese Gedanken über zukünftige Eventualitäten so ein Ding von der Generation Y :) Deswegen habe ich immer noch das Bedürfnis bei so einer längerfristigen Entscheidung die offensichtlichen Bedenken abzusichern. Und deswegen bin ich gespannt, was mir der Anwalt zu den Klauseln sagen kann und wie seine Beratung ausfällt.


    Ja, ich erwarte auch, dass Näheres bzgl. Vermietung dann in der WEG Teilungserklärung bzw. Gemeinschaftsordnung geregelt wird. Diese wird wahrscheinlich erst mit der finalen Version des Kaufvertrags im August vorliegen.


    Danke und viele Grüße,
    Michael