Die Gefahr an ETFs?

  • Ich empfinde die ARD-Reportage gar nicht als Panikmache und ich bin der Meinung, dass die Reportage nicht darauf abzielt, die synthetischen ETFs zu verteufeln. Es sollte schon leicht erkennbar sein, ob ein ETF, der den Nikkei 225 im Namen führt, tatsächlich auch japanische Aktien im Portfolio hat oder nicht. Schaut man in den Jahresbericht der ComStage (nur so als Beispiel herangeführt), erfährt man, dass der ComStage Nikkei 225® UCITS ETF in Wirklichkeit keine einzige japanische Aktie besitzt, sondern Aktien von einigen wenigen Firmen meist aus den USA. Ist das jetzt schlecht? Ich glaube nicht. Aber wenn man als Investor jetzt meint, durch den ETF Anteile an japnischen Firmen zu besitzen, liegt man grundsätzlich falsch.
    Tatsächlich wird die Entwicklung des Nikkei 225 durch einen Swap mit der Barclays abgebildet. Ist das unter normalen Umständen gefährlich? Ich glaube nicht, aber "bei extremer Marktentwicklung...kann es zu Schwierigkeiten kommen", so Prof. Faust bei plusminus. Selbst abgesicherte Derivate bergen Risiken (z.B. Qualität und Liquidität der Sicherheiten, Settlementrisiko bei Sicherheiten, Konzentrationsrisiko).
    Jeder sollte für sich entscheiden, ob er lieber synthethische oder physisch nachbildende ETFs kauft. "Investiere nie in Produkte, die du nicht verstehst" wird einem normalerweise geraten. Versteht ein Otto Normalverbraucher, wie ein synthetischer ETF wirklich funktioniert oder wird ihm nur etwas vorgetäuscht?

  • ...Es sollte schon leicht erkennbar sein, ob ein ETF, der den Nikkei 225 im Namen führt, tatsächlich auch japanische Aktien im Portfolio hat oder nicht....

    Das mag vielleicht Deine Meinung sein, aber versprochen wird lediglich die Wertentwicklung des Nikkei225.



    ... Schaut man in den Jahresbericht der ComStage (nur so als Beispiel herangeführt), erfährt man, dass der ComStage Nikkei 225® UCITS ETF in Wirklichkeit keine einzige japanische Aktie besitzt, sondern Aktien von einigen wenigen Firmen meist aus den USA. Ist das jetzt schlecht? Ich glaube nicht. Aber wenn man als Investor jetzt meint, durch den ETF Anteile an japnischen Firmen zu besitzen, liegt man grundsätzlich falsch.
    ...

    Es ist sogar noch schlimmer, denn bei keinem Fonds dieser Welt besitzt man Anteile an irgendwelchen Firmen, sondern eben nur Anteile am Fonds. Man hat dann also etwas grundsätzliches nicht verstanden.
    Das ist aber kein Problem von ETFs, sondern das des Anlegers, der nicht versteht.


    Und Beiträge wie der von Plusminus tragen eben nicht zum Verständnis bei. Kein Wort von gesetzlichen Regulierungen, kein Wort von hinterlegten Sicherheiten.
    Kein Wort auch zu der erfolgreichen Historie von Indexfonds und ETFs. Es gibt sie seit den 70er Jahren. Noch nie ist einem Anleger durch die Konstruktion ein Schaden entstanden. Ist das bei Lebensversicherungen, Immobilienfonds und Zertifikaten auch so?


    Auch kein Wort davon, dass man sich mit physisch replizierenden ETFs andere Risiken ins Haus holt (Stichwort: Wertpapierdarlehen).


    Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Leute von Plusminus im Rahmen ihrer Recherche nichts darüber in Erfahrung gebracht haben.
    Ich halte den Beitrag von Plusminus daher für tendenziös. Wesentliche Tatsachen, die man für die Beurteilung des Risikos benötigt, werden einfach verschwiegen.



    ...


    Tatsächlich wird die Entwicklung des Nikkei 225 durch einen Swap mit der Barclays abgebildet. Ist das unter normalen Umständen gefährlich? Ich glaube nicht, aber "bei extremer Marktentwicklung...kann es zu Schwierigkeiten kommen", so Prof. Faust bei plusminus….

    So ist es! Bei extremen Bedingungen gibt es Schwierigkeiten. Eine triviale Erkenntnis.
    Es ist nun einmal so, dass es bei extremen Bedingungen Schwierigkeiten gibt, denn dafür sind extreme Bedingungen ja da. Für diese Erkenntnis benötigt man keinen Professor.
    Wer meint, bei extremen Bedingungen seinen physische ETFs sicherer, soll das halt machen. Und wer meint, bei extremen Bedingungen sei Tagesgeld sicher, der soll eben das machen.
    Derjenige hat dann aber vielleicht auch etwas nicht verstanden und wird eventuell auch sein blaues Wunder erleben.



  • Viele machen sich Sorgen: Was, wenn die Bank pleitegeht und die Aktien, die der ETF-Anbieter tatsächlich auch besitzt, viel weniger wert sind als der Index? Was, wenn der ETF-Anbieter gar keine Aktien besitzt – oder nur wertlose? In Europa sind synthetische ETFs streng reguliert. Besitzt der ETF-Anbieter weniger Aktienwert als im Index enthalten ist, so muss er die Differenz zu 100 Prozent absichern. Meist mit Staatsanleihen oder Bargeld.

    Absicherung mit Staatsanleihen soll ein Argument sein, dass synthetische ETFs genauso sicher sind wie physische? Dem kann ich nur widersprechen. Welche Staatsanleihen? Italienische Staatsanleihen?

  • Absicherung mit Staatsanleihen soll ein Argument sein, dass synthetische ETFs genauso sicher sind wie physische? Dem kann ich nur widersprechen. Welche Staatsanleihen? Italienische Staatsanleihen?

    Jedenfalls dieselben Staatsanleihen, mit denen die Wertpapierdarlehen der physischen ETFs besichert sind.

  • Wieso Wertpapierdarlehen? Ich dachte, dass der physische Indexfonds mit meinem Geld die Aktien des Indexes tatsächlich kauft.

    Richtig, und dann verleiht er dieselben zu einem gewissen Anteil.


    Ich will gar nicht abstreiten, dass synthetische ETFs ein geringfügig höheres Risiko haben als physische Replizierer. Aber es muss ja auch klar sein, dass eine genaue Abbildung des Index irgendwo herkommen muss.
    Schließlich kostet ein ETF TER. Man sollte also erwarten können, dass der ETF dauerhaft etwas schlechter läuft als der Index. Das ist oft jedoch nicht der Fall. Manche erzielen sogar eine geringe Überrendite. Das kann nur mit Zusatzerträgen (z.B. Wertpapierverleih) geschehen, und das bedeutet nun einmal ein höheres Risiko.

    • Offizieller Beitrag

    Vielen Dank für Eure Beiträge!


    In der Tat gibt es bei beiden Arten von ETFs (physisch wie synthetisch) ein Kontrahentenrisiko, das in beiden Fällen durch Staatsanleihen (oder Cash) besichert ist.
    Siehe hierzu eben: https://www.finanztip.de/indexfonds-etf/#c75845
    Unser Argument ist also, dass man nicht wirklich sagen kann, dass synthetische gefährlicher sind als physische.
    Und wie auch hier schon gesagt: In einer Banken- oder Staatskrise sind ETFs ebenso gefährdet wie wohl alle anderen Arten des Engagements am Aktienmarktes ebenso.
    Das entscheidende Argument: Über hinreichend lange Zeiträume (>15 Jahre) hat sich das Eingehen dieses Risikos historisch stets gelohnt.


    Den Einwand "Investiere nur in das, was du auch verstehst" finde ich aber absolut berechtigt.
    Denn die komplizierte Konstruktion von ETFs könnte dazu führen, dass in einer Krise Privatanleger unbedacht verkaufen.


    Meine Frage:
    :?: Was ist die Alternative? Welches Instrument ist besser als ETFs für Privatanleger geeignet, sich am Aktienmarkt zu beteiligen? Ich kenne keines.

  • Ich gucke immer Plusminus und lese Finanztip, nun möchte ich die Diskussion über synthetische ETF´s.nicht ausbreiten.


    Was ist der Nachteil bei nicht Synthetischen ETF´s wie: für MSCI Word, Dax, S&P 500 ,bzgl. Wertentwicklung und Kosten?


    Danke


  • ... :?: Was ist die Alternative? Welches Instrument ist besser als ETFs für Privatanleger geeignet, sich am Aktienmarkt zu beteiligen? Ich kenne keines.

    Vermutlich sind Indexfonds (solche, die nicht jede Minute an der Börse gehandelt werden können) etwas besser geeignet. Der Kostenfaktor "Börse" wird ausgeschaltet, und die Versuchung zum Verkaufen dürfte etwas kleiner sein.

  • Hallo @Altsachse,


    danke für den Tipp, kann man erfahrungsgemäß sagen das Synthetische, oder Physische, allgemein besser performen ?


    Denn wenn Synthetische, vielleicht gefährlicher sind, aber Physische allgemein nicht schlechter performen, warum sollte man dann ein gewisses, höheres Risiko eingehen, wenn es auch eventuell, sicherer und mind. finanziell genauso gut läuft mit Physischen?!


    Grüße

    • Offizieller Beitrag

    um es nochmal klarzustellen: physische wie synthetische ETFs tragen beide ein (geringes) Risiko, was ihre Konstruktion angeht. Aus meiner Sicht kann nicht seriös gesagt werden wo das Risiko höher ist.
    Abermals: bitte nachlesen hier:
    https://www.finanztip.de/indexfonds-etf/#c75845


    Dass jedes Aktieninvestment in der nächsten Krise leiden wird, ist sowieso klar - langfristig dabeibleiben ist der Schlüssel.


    Und ich sehe keine echten Alternativen zu ETFs, physisch oder synthetisch.

  • @Mammon


    Die Frage kann man sich mit wenig Aufwand hinsichtlich Replikation und Wertpapierleihe für jeden Index selbst beantworten und zwar so: bei JustETF bei der Indexsuche über "Spalten wählen" die Spalten "Replikationsmethode" und "Wertpapierleihe" einblenden.


    Zwei Beispiele habe ich für Dich durchgeführt:


    Beim DAX ist der beste über drei Jahre ein physischer ohne Wertpapierleihe.
    Beim MSCI World liegt der beste über drei Jahre etwa 1% besser als der beste ohne Swaps und Leihe (40,77 vs. 39,82%)


    Zwei Anmerkungen:
    Die o.g. ETF gibt es lt. JustETF nur eingeschränkt oder nicht als kostenlosen Sparplan, d.h. je nach individuellem Vorgehen bei der Anlage wird die effektive Rendite geringer als oben angegeben.
    Die weiteren potenziellen Risiken einer ETF-Anlage, die @Saidi verlinkt hat, bestehen weiterhin.


    Fazit: Wenn man möchte, kann man die zwei Risiken "SWAP" und "Wertpapierleihe" ausschalten, muss dafür ggf. einen moderaten Kostennachteil in Kauf nehmen.

  • Als Leihe/Anfänger in Sachen ETF´s, stehe ich am Anfang solche Produkte zu verstehen.
    Mit euren Antworten habe ich dazugelernt und werde mich weiter damit beschäftigen, aber um so mehr man liest, um so mehr fühle ich mich unwissend und verunsicherter.


    Danke Euch

    • Offizieller Beitrag

    Vermutlich sind Indexfonds (solche, die nicht jede Minute an der Börse gehandelt werden können) etwas besser geeignet. Der Kostenfaktor "Börse" wird ausgeschaltet, und die Versuchung zum Verkaufen dürfte etwas kleiner sein.


    Hatte gestern ein Gespräch hierzu: Die Auswahl an Indexfonds ist im Vergleich zu ETFs deutlich eingeschränkt und weiter abnehmend. Hier unterscheidet sich der deutsche Markt von z.B. dem englischen. Desweiteren halten Indexfonds idR einen deutlich höheren Cashanteil als ETFs - womit (sehr theoretisch) wieder ein Kontrahentenrisiko besteht (der Cash liegt bei einer Bank...)





    Auch hierzu Side-info: Verzichtet ein (physischer) ETF auf Wertpapierleihe, kostet ihn das ca. 0,01-0,04% p.a.



    Und noch ein wichtiger Kommentar:
    Wir reden hier von Risiken, die in einer absoluten Krisensituation zuschlagen: Eine oder mehrere große Banken als Kontrahenten eines ETFs fallen aus. In so einer Situation schmiert die Börse sowieso ab. Durch den täglichen Wertausgleich (Besicherung) bei den ETFs reden wir von einem Kontrahentenrisiko im niedrigen einstelligen Prozentbereich.
    Will sagen:
    Wenn Eure ETFs eh schon 50%+ runtercrashen, interessiert Euch dann noch, ob sie 2% mehr wegen Kontrahentenausfall verlieren?! :S

  • @chris2702 motivierender Artikel, wirklich, wenn das "Alle" so sehen, könnte das auch meine "Strategie" sein.


    … gibt's noch eine Leihen- verständlichen Artikel wo das mit den Steuern gut erklärt wird, bin nämlich nicht Steuererklärungspflichtig und wollte es auch nicht werden, wenn möglich.


    Danke