Baukredit - Abnahmeverpflichtung ?

  • Liebe Mitglieder dieses Forums,


    meine Frage: muss ich einen vereinbarten Baukredit in voller Höhe abnehmen?


    Hintergrund: ich habe vor 2 Jahren einen Baukredit-Vertrag bei meiner Sparkasse abgeschlossen. Da sich das Bauvorhaben lange verzögerte, konnte ich zwischenzeitig meine Eigenmittel selbst ausweiten, so dass ich jetzt eigentlich nicht mehr die volle Kreditsumme benötige (10% weniger würden jetzt reichen). Muss ich trotzdem den Kredit voll abnehmen? In meinen Vertragsunterlagen habe ich hierzu keine Angaben gefunden, und ich will mich erstmal informieren, bevor ich an meine Sparkasse herantrete. Vielen Dank im Voraus!
    Rodan

  • Hallo Rodan,


    reden wir hier in der Vertragsgestaltung von einem Forward-Darlehen? Zumindest hört es sich so an.
    Der entscheidende Nachteil eines Forward-Darlehens ist es ja, dass es abgenommen werden muss, nicht kann. Dies gilt i.d.R. unabhängig von der Zinsentwicklung, wobei einige Banken sicherlich mit sich reden lassen wenn der Zins zu ihren Gunsten gestiegen ist. Ansonsten sind die Vereinbarungen erst einmal verbindlich. Dem Nachteil der Abnahmeverpflichtung steht der Vorteil der Zinsbindung gegenüber. Ich kenne das allerdings nur aus Anschlussfinanzierungs-Szenarien...


    Um es kurz zu machen: m.E. ist die vereinbarte Summe vertragsgem. abzunehmen. Wenn der vor 2 Jahren vereinbarte Soll-Zinssatz gleich ist oder oberhalb des momentan üblichen Zinses liegt, wird die Bank wahrscheinlich ihren Vorteil nicht aufgeben und auf Abnahme bestehen - inkl. Rückzahlungsvereinbarung, Vorfäligkeitsentschädigung usw...
    Wenn der vor 2 Jahren vereinbarte Zinssatz unterhalb des momentan üblichen Zinses liegt, dann könnte die Bank sich evtl. auf Gespräche einlassen weil sie ja dann ein Interesse daran hat, den Vertrag mit höheren Soll-Zinsen neu zu gestalten. Inwiefern sich das dann für Dich lohnt, ist fraglich.


    Andere Meinungen / Sichtweisen?


    VG
    Haui

  • Hallo Haui,
    danke für Deine Antwort.
    Nein, es ist kein Forward-Darlehen und ein Teil der Kreditsumme wurde auch bereits ausgezahlt. Nur hat sich jetzt die endgültige Fertigstellung des Objekts solange verzögert, dass ich - wie bereits erwähnt - den noch ausstehenden Betrag gar nicht mehr in Gänze bräuchte.
    Schönen Gruß
    Rodan

  • Ich habe vor kurzem einen Baukredit abgeschlossen und mich daher ausführlich über verschiedene Szenarien informiert.


    Natürlich kommt es auf den genauen Vertragstext an - ich vermute aber stark hier wird sich die Bank abgesichert haben, dass der Kreditvertrag vollumfänglich von Deiner Seite erfüllt wird.


    Je nach Anbieter kann man einen Teil des Kredits auch nicht abrufen - allerdings werden hierfür wohl Entschädigungszahlungen in nicht unbeträchtlicher Höhe anfallen, da die Bank natürlich mit Deinem Kredit geplant hat und aufgrund der hohen Geldmenge im Markt ein sehr starkes Interesse daran hat, das Geld auch loszuwerden.


    Sprich doch die Bank einfach mal an. Es gibt ja manchmal auch Kulanzregelungen.

  • Hallo @Rodan,


    hier noch eine Laienantwort; alle Spezialisten für Baufinanzierung sind wohl gerade in Urlaub.


    Wie Sie schon richtig festgestellt haben, ist entscheidend, was in ihrem Kreditvertrag steht.


    Da ich Kreditverträge kenne, wo explizit das Recht auf nicht vollständige Abnahme verankert ist, würde ich im Umkehrschluss sagen, wenn nichts dasteht, müssen Sie den Kredit zu 100% abnehmen. Selbstverständlich können Sie mit der Sparkasse etwas anderes einvernehmlich vereinbaren. Die Sparkasse wird dann aber eine Entschädigung für die entgangenen Zinsen verlangen. Das ist dann eine Rechenaufgabe.


    Eine andere Variante wären vereinbarte Sondertilgungen. Es gibt Verträge, da können Sie am Tag nach der Vollauszahlung des Kredits eine Sondertilgung einzahlen, bei anderen erst nach einem Jahr und bei noch anderen überhaupt nicht.


    Da das Forum auch einen Mehrwert für die nicht betroffenen Leser haben soll eine generelle Bemerkung: Ihr Fall ist wieder ein schönes Beispiel, dass es bei langlaufenden Immobilienkrediten auf die Flexibilität des Vertrages ankommt. Über 10 oder 20 Jahre passiert einfach zu viel, das man nicht vorausplanen kann. Das letzte Hundertstel am Kreditzins ist dagegen nicht so entscheidend. Leider können auch viele Kreditvermittler nur diesen Zahlenvergleich.


    Gruß Pumphut

  • Hallo Rodan,
    sofern im DV keine anderweitige Regelung zu (Teil-)Nichtabnahme gegeben ist, ist das Darlehen komplett abzunehmen. Dies ist, je nach Höhe des Darlehenszinses vs. Bereitstellungszinshöhe (i.d.R. 3% p.a oder auch 0,25% pro Monat) ggf. sogar günstiger, als das Darlehen gegen Zahlung BZ nicht abzurufen.
    Selbstverständlich kann man mit der Bank aber auf Kulanzbasis verhandeln und versuchen, eine kostenlose bzw. kostengünstige (in Ihrem Fall) Teilnichtabnahme zu erreichen, "müssen" tut dies die Bank aber nicht, wird aber im Zweifel sehen, Sie als guten Kunden ggf. im Zeitalter der abnehmenden Kundenbindung (Internet, etc.) durch Entgegenkommen emotional zu binden, zumindest wenn der für die Bank entstehende Nichtabnahmeschaden (Refi-Schaden + entgangener Gewinn aus Margenschaden) nicht allzu groß ist.
    Spätestens zum nächsten Zinsablauftermin können Sie das Verhalten "Ihrer" SpK ja dann für Ihre weiteren Überlegungen in Betracht ziehen.


    Alternative Lösungen - je nach Vertragsausstattung - könnten sein:
    - Abruf und entsprechende Sondertilgung (ggf. verteilt auf die nächsten Jahre
    - Abruf und SoTi + Erhöhung der laufenden Rate (Tilgung) bis der überschüssige Darlehensbetrag verbraucht ist mit anschließender Senkung der Rate auf das ursprüngliche Niveu (hierfür ist natürlich eine entsprechend flexible DV-Ausstattung erforderlich, wofür die SpK nicht allgemein im "Verdacht" stehen


    Viel Erfolg für Ihre Verhandlungen wünscht
    Eurone

  • Hallo Rodan,
    Ihrer Einschätzung, dass der Vertrag - soweit in diesem nichts anderes geregelt ist - abzunehmen ist, schließe ich mich an. Nicht aber Ihrer Einschätzung, dass das absolute Zinsniveau zu diesem Zeitpunkt hierfür eine Rolle spielt, da die Bank ja auf der Kreditseite kein "eigenes" Geld verleiht, sondern Kundengelder auf der anderen Bilanzseite, die je nach Dauer der Zinsbindung des Darlehenskunden auf der Anleihenseite aktuell, also sehr zeitnah "gegen-" bzw. "re"-finanziert werden müssen. Daher ist die Marge der Bank im Grunde, je nach Ertragsanspruch natürlich, also immer gleich hoch, egal wie hoch oder niedrig das "absolute" Zinsniveau am Markt ist. Beispiel: bei einem Einstandszins (Refinanzierungszins) am Markt von 0,5% und einer Marge der Bank von z.B. 0,5% - würde das vereinfacht einen Kundenzinssatz von 1% bedeuten. In einem höheren Zinsumfeld (früher) von z.B. 3% am Markt für die Refinanzierung des Darlehens und einer Marge der Bank von 0,5% - einen Kundenzins von dann 3,5%
    Möchte nun ein Kunde sein Darlehen ganz oder in Teilen nicht abnehmen entstehen der Bank zu diesem Zeitpunkt ggf. zwei Kostenszenarien, 1) der sog. Refi-Schaden, also der Schaden zum Zeitpunkt der Nichtabnahme oder Sonderrückzahlung (z.B. bei Objektverkauf), der dadurch entsteht, dass die Bank das Geld zurückbekommt oder eben nicht rausbekommt, dieses also zum aktuell gegeben Zinsniveau "wiederanlegen" muss. Stammt der DV also aus der 3% Refi-Zeit, hat die Bank ein Problem, da sie das rückfließende Geld aktuell nur mit null oder niedrigem Zins wiederanlegen kann, in diesem Beispiel also ein "echter" Refi-Schaden, den sie sicher vom Kunden, der die Nichtabnahme/vorzeitige Rückzahlung zu vertreten hat, wieder haben möchte. 2) entsteht der Bank durch Nichtabnahme/Sonderrückzahlung (z.B. im Verkaufsfall des Objekts) noch der Schaden aus der "entgangenenen Gewinnmarge" für die Restlaufzeit, die sie ggf. ebenfalls dem Kunden in Rechnung stellt. Aus diesen beiden Kostenfaktoren, die um ersparte Risikokosten und ersparte Verwaltungskosten gekürzt werden müssen, bestehen im Grunde die sog. Vorfälligkeits- oder Nichtabnahmekosten. Kommt nun ein in Niedrigzinszeiten refinanziertes Darlehen zur Nichtabnahme/Sonderrückzahlung kann es sein, dass die Bank durch den zu diesem Zeitpunkt gegebenen höheren Wiederanlagemarktzins keinen oder nur einen geringen "echten" Refi-schaden sowie den entgangen "Margenschaden" (im Grunde entgangenen Gewinn) hat, welchen sie dann entweder (je nach Interesse am Kunden/Folgegeschäft) ggf. nicht oder nicht in voller Höhe an den Kunden weitergeben wird. Dies ist allerdings eher die Ausnahme, da der Kund selbst in diesem Szanario - also niedriger Darlehenszins im Vergleich zum aktuellen Markt - versuchen wird, das Darlehen selbst auf ein anderes bzw. Folgeobjekt zu übernehmen (Pfand- oder Objekttausch), oder aber der Käufer des betreffenden Objekts möchte das günstige Darlehen übernehmen (Schuldnerwechsel).
    Die eingangs erwähnte Abnahme- bzw. Rückzahlungssperrfrist ist bis auf zwei gesetzlich geregelte Fälle (z.B. Objektverkauf) für die Banken bzw. das Funktionieren des Kapitalmarkts von existenzieller Bedeutung, da diese ansonsten das Darlehensgeschäft einstellen könnten, wenn es möglich wäre, alle höheren Zinsdarlehen in Niedrigzinsphasen ohne Einschränkungen in niedrigere "tauschen" bzw. "nichtabnehmen" zu können, da hierdurch dann im Grunde dann keine Zinsbindungsvereinbarungen bzw. deren Refinanzierungen mehr möglich wären, da natürlich in Niedrigzinsphasen alle höheren Darlehenszinsen getauscht würden und so die dahinterstehende Refinanzierung zusammenbrechen würde, die ja im Grunde auch nur ein (Anlage)-Kunde auf der anderen Bilanzseite ist.
    Vertiefende Fragen hierzu gerne und viele Grüße.
    Eurone

  • Hallo @Rodan,


    es kommt immer darauf an, welchen Bezug Sie zu der Bank haben. Ist es Ihre Hausbank, werden die wohl auch wenn es vllt vertraglich festgehalten ist drüber hinwegsehen. Ich Rate mit der Bank zu sprechen und sich selbst nicht verunsichern durch die vielen Antworten. Meiner Meinung nach ist jede Bank anderes, auch wenn es regeln gibt handelt eine Bank auf dem Lande anders als eine Bank in der Stadt usw.


    Hoffe ich konnte etwas helfen.


    LG

  • Liebe Community-Mitglieder,
    danke für Ihre Antworten!
    Ich habe gerade in dieser Woche mit meiner Sparkasse hier in Hamburg gesprochen: man will zwar am Kreditumfang nichts ändern, zahlt mir aber den restlichen Betrag aus, so dass mir keine Bereitstellungskosten mehr entstehen und ich sofort (in 4 Wochen) mit der Tilgung und Sondertilgung beginnen kann. Damit kann ich gut leben.
    Viele Grüße
    Rodan