Sinnhaftigkeit von Versicherungen allgemein (und speziell am Beispiel Vollkasko)

  • Ich stehe gerade vor der Frage, ob ich mein Auto (Zeitwert etwa 25.000 €) künftig noch vollkasko-versichern lassen sollte (nachdem ich dieses Jahr darüber einen Schaden zu begleichen hatte, wird der Beitrag nächstes Jahr steigen).


    Der Finanztip-Artikel - https://www.finanztip.de/kfz-v…ng/vollkaskoversicherung/ - würde das wohl empfehlen, und ebenso wohl die meisten Leute, die man fragen würde.


    Allerdings ist das für mich nicht plausibel:


    Ich habe mal eine Aussage zu Versicherungen gehört, die m.E. absolut überzeugend ist:

    "Versicherungen lohnen (nur) dann, wenn man den Schadenseintritt nicht notfalls auch selbst tragen könnte."

    Beispiel:
    Berufsunfähigkeitsversicherung --> muss man haben, weil ohne den Arbeitslohn praktisch das gesamte Einkommen wegfällt
    Private Haftpflicht --> muss man haben, weil solch ein Schaden durchaus mal in den 6- oder 7-stelligen Bereich gehen kann


    Hintergrund ist: die Versicherungen wissen, wie wahrscheinlich und wie teuer ein Schadensfall ist. --> Dementsprechend kalkulieren sie selbstverständlich so, dass ihnen ein Gewinn verbleibt!


    Dieser durchschnittliche Gewinn der Versicherung ist der durchschnittliche Verlust, den ich als Versicherungsnehmer machen werde.


    Ausnahmen zu meinen Gunsten gibt es für mich nur, wenn bei mir bestimmte Umstände vorliegen, die mein Risiko gegenüber dem durchschnittlichen Risiko des "Durchschnitts-Versicherungsnehmers" erhöhen - und (!) die Versicherung diese Umstände nicht kennt (und demnach nicht mit einkalkulieren konnte).


    ....um zurück zum Thema Vollkasko zu kommen:
    Auch diese Versicherung macht nur Sinn, wenn ich den Schadensfall nicht selbst tragen könnte. Bei kleineren/mittleren Schäden wäre das im Zweifel der Fall; ein Totalschaden wäre natürlich etwas schmerzhaft - aber noch kein Ruin (dann kaufe ich als Ersatz halt ein 5.000-Euro-Auto, die fahren auch...).
    Oder es bietet sich an, eine extrem hohe Selbstbeteiligung zu nehmen, etwa 5.000,- € - in dem Fall wäre der Versicherungsschutz auf Extremfälle reduziert...!?

  • Auch diese Versicherung macht nur Sinn, wenn ich den Schadensfall nicht selbst tragen könnte.

    Sehe ich im Grundsatz auch so. Ich habe trotzdem VK bei geringerem Zeitwert. da ich eine gute Einstufung habe mit der der Abstand zur TK gering ist.


    Oder es bietet sich an, eine extrem hohe Selbstbeteiligung zu nehmen, etwa 5.000,- € - in dem Fall wäre der Versicherungsschutz auf Extremfälle reduziert...!?

    Ich habe SB 1.000, da ich die Versicherung nur bei hohen Schäden nutzen möchte.

  • "Versicherungen lohnen (nur) dann, wenn man den Schadenseintritt nicht notfalls auch selbst tragen könnte."
    ...

    Sehe ich auch so!
    Ich habe schon ein Problem mit dem Begriff "lohnen".
    Entweder benötige ich eine Versicherung, um Risiken abzudecken, die für mich zu groß sind, oder ich benötige keine. Wenn ich jedoch eine benötige, dann "lohnt" sich da nichts, sondern es ist ein notweniges Übel, weil man mit hoher Wahrscheinlichkeit Geld zuschießt.



    Zitat von Finanztip

    Besonders bei Neuwagen ist eine Vollkasko aber angebracht. Als Faustregel gilt: Ist das Auto bis zu fünf Jahre alt oder recht teuer, lohnt der Vollkaskoschutz.

    Leider wird diese Ansicht von Finanztip nicht begründet.


    1.) Wenn man einen Schaden hat, dann muss man den eben bezahlen.
    2.) Wenn man sich Schäden am Auto nicht leisten kann, dann ist das Auto einfach zu teuer für die Person.

  • Hallo,


    volle Zustimmung zu Ihrer Grundeinstellung: Ich brauche keine Versicherung für Schadenfälle, die mich finanziell zwar ärgern aber nicht umhauen. Wo die konkrete Grenze liegt, muss jeder für sich selbst entscheiden.


    Die Variante mit einem Selbstbehalt von 5.000 Euro in der Vollkaskoversicherung wird vermutlich nicht funktionieren. Ich habe nicht den Marktüberblick, ob eine Gesellschaft so einen Selbstbehalt anbietet. Aber selbst wenn, werden Sie von der Prämienersparnis enttäuscht sein. Der Schadenbedarf ist nur eine Kalkulationsgröße für die Prämienhöhe. Je nach Sparte und Gesellschaft liegt er bei 40-60 %. Daneben gibt es die Vertriebs-, Betriebs-, Rückversicherungs- und Schadenbearbeitungskosten, die Versicherungssteuer (überwiegend 19%) und natürlich auch den Gewinn. Wobei ein Vorstand, der ein versicherungstechnisches Ergebnis mit 5% Gewinn präsentieren kann, vom Aufsichtsrat ein dickes Lob erhält. Viele Gesellschaften kämpfen um die schwarze Null.


    Wenn man bereit ist, ein 5.000 Euro- Auto zu fahren, sollte man vielleicht doch auf die Vollkasko verzichten.


    Gruß Pumphut

  • Die Variante mit einem Selbstbehalt von 5.000 Euro in der Vollkaskoversicherung wird vermutlich nicht funktionieren. Ich habe nicht den Marktüberblick, ob eine Gesellschaft so einen Selbstbehalt anbietet. Aber selbst wenn, werden Sie von der Prämienersparnis enttäuscht sein.

    Ich habe das mal aus Neugierde für unseren Kleinwagen (bei SF 25) gerechnet:


    VK300/TK150: 89 Euro
    VK500/TK150: 83 Euro
    VK1000/TK150: 74 Euro


    Ein höherer SB wird nicht angeboten...


    Die absoluten Beträge sind bei dem Auto natürlich lächerlich, aber wenn man sich die prozentualen Abschläge ansieht und unterstellt, dass dies bei anderen Autos ähnlich kalkuliert wird, kann man ja mal überlegen, ob das Verhältnis von Beitragsersparnis zu SB-Erhöhung individuell noch passt.

  • Ich habe auch Vollkasko. Auto ist inzwischen 10 Jahre alt. Ich hatte vor 3 Jahren einen selbstverschuldeten Unfall mit einen Schaden in Höhe von 2000€. Meine Selbstbeteiligung 500€. Den Rest hat meine Versicherung bezahlt. Eine Rückstufung hat es sicher auch gegeben. Soweit ich mich erinnern kann, hatte das keinen Einfluß auf die Höhe des Beitrages gehabt.
    Gruß


    Altsachse

  • Für mich ist ein weiterer Aspekt wichtig: Stört es mich mehr, langfristig die Versicherungsprämie zu leisten oder im Fall der Fälle den Schaden zu begleichen. Beispiel unser Auto: 30.000 Euro Neupreis, 4 Jahre alt, Comfort Tarif mit Rabattschutz der Cosmos direkt für 700 Euro. Klar, ohne VK wären wir um die 350 unterwegs. Und der Zeitwert dürfte bei 15-20 tsd liegen. Aber lieber zahl ich jedes Jahr 350 VK als im Fall der Fälle den Zeitwert für ein gleichwertiges Auto berappen zu müssen. 350 im Jahr tun mir weniger weh als 15.000 im Totalschadensfall.

  • Nur weil ein Schaden mich nicht finanziell umhaut, heißt das doch nicht automatisch, dass sich die Versicherung nicht "lohnt" (das weiß man erst hinterher). Mich haut ja auch ein Knöllchen wegen Falschparken nicht um. Trotzdem ziehe ich einen Parkschein. ;)


    Umgekehrt ist es korrekt: haut ein möglicher Schaden mich um, sollte ich diesen versichern (Haftpflicht, BU).


    Für die Vollkasko würde ich mir die Beiträge für TK und VK im Vergleich zum Wert des Wagens anschauen. Das schwankt schon beträchtlich, deshalb kann man die Frage eigentlich nicht pauschal beantworten.
    Bei mir ist der Unterschied TK-VK sehr gering, daher habe ich mich für VK entschieden. Obwohl mein Fahrzeug ähnliche Rahmendaten hat wie bei chris2702, zahle ich nur etwas mehr als die Hälfte.

    • Offizieller Beitrag

    Nur weil ein Schaden mich nicht finanziell umhaut, heißt das doch nicht automatisch, dass sich die Versicherung nicht "lohnt" (das weiß man erst hinterher). Mich haut ja auch ein Knöllchen wegen Falschparken nicht um. Trotzdem ziehe ich einen Parkschein. ;)


    Umgekehrt ist es korrekt: haut ein möglicher Schaden mich um, sollte ich diesen versichern (Haftpflicht, BU).

    Volle Zustimmung von mir, @awawaw!
    Ein potentiell existenzbedrohender Schaden gehört versichert. Aber der Umkehrschluss gilt m.E. nicht:
    Jede Versicherung ist eine Wette. Ich hoffe, dass der Erwartungswert meiner Versicherung (schadenswahrscheinlichkeit * Schadenshöhe) über meinem Eigenbeitrag liegt.
    Da krieg ich jetzt wahrscheinlich auf die Mütze, aber so ist es doch: Es ist ein Glücksspiel! Z.B. entscheide ich mich gegen die VK, weil ich die Gefahr eines Totalschadens * den Restwert des Autos als nicht so hoch einschätze.


    Noch zum Thema Selbstbeteiligung: Nicht die Gefahr der Rückstufung in der SF-Klasse vergessen! Schon allein deswegen kann sich eine hohe SB lohnen, weil man kleinere Schäden ohnehin selbst bezahlen sollte.
    https://www.finanztip.de/kfz-versicherung/selbstbeteiligung/


    Ich hab deswegen 1000€ VK SB.

  • Nur weil ein Schaden mich nicht finanziell umhaut, heißt das doch nicht automatisch, dass sich die Versicherung nicht "lohnt" (das weiß man erst hinterher)….

    Ja, man muss es aber vorher entscheiden. Und da ist es nun einmal so, dass der Erwartungswert für die Versicherungsnehmer insgesamt negativ ist. Schließlich muss die Versicherung Geld verdienen.
    Mit dem gleichen Argument kann man also auch sagen: "Lotto kann sich lohnen. Das weiß man aber erst hinterher."


    Festzustellen ist, dass eine Versicherung kein Sparvertrag ist, von dem man erwarten kann, dass man irgendwann eine positive Rendite erhält.


    ... Mich haut ja auch ein Knöllchen wegen Falschparken nicht um. Trotzdem ziehe ich einen Parkschein. ;)

    Das mag bei Dir so sein. Ich habe aber lange Zeit nahezu täglich falsch geparkt. Das Ergebnis waren im Schnitt drei bis vier Knöllchen je 10 Euro pro Jahr. Billiger kann man bei uns in der Stadt nicht parken.
    Nun kann man wieder sagen: "Das weiß ich aber erst hinterher!" Ja, es kommt aber auf die Erwartung an.

  • Das Beispiel ist aber wohl eher als Illustration einer Risikoabschätzung zu sehen und nicht als einfacher Spartipp, oder? ;)

    Was denn sonst? Es geht immer nur um Risikoabschätzungen, gerade bei Versicherungen.
    Es ist nicht möglich mit Versicherungen zu sparen. Daher kann man diesbezüglich auch keinen Spartip geben.




    Ich habe auch Vollkasko. Auto ist inzwischen 10 Jahre alt. Ich hatte vor 3 Jahren einen selbstverschuldeten Unfall mit einen Schaden in Höhe von 2000€. Meine Selbstbeteiligung 500€. Den Rest hat meine Versicherung bezahlt. Eine Rückstufung hat es sicher auch gegeben. Soweit ich mich erinnern kann, hatte das keinen Einfluß auf die Höhe des Beitrages gehabt.
    Gruß


    Altsachse

    Was soll uns das jetzt sagen? Das es sich gelohnt hat?
    Das lohnt sich nur dann, wenn man mental in der Lage ist, die über Jahre und Jahrzehnte gezahlte Versicherungsprämie auszublenden. Bei mir funktioniert das aber nicht.
    Im übrigen rate ich dazu, keine Unfälle zu verursachen. Das ist der beste Spartip.

  • Darum habe ich auch keine Privathaftpflicht. Weil ich einfach drauf achte, dass ich fremden keinen Schaden zufüge. So einfach ist das halt im Leben

    Ich lüfte auch nie mein Schlafzimmer. Einfach nicht stinken. So einfach ist das im Leben. :thumbup:

  • Darum habe ich auch keine Privathaftpflicht. Weil ich einfach drauf achte, dass ich fremden keinen Schaden zufüge. So einfach ist das halt im Leben


    Hallo @Ltotheeon,


    nur für den Fall, dass Ihre Bemerkung ernst gemeint ist, zwei Anmerkungen:


    Den perfekten Menschen habe ich noch nicht gesehen, der nie einen (fahrlässigen) Fehler macht. Nur der Mensch, der annehmen muss, er kommt in seinem Leben nie wieder über die Pfändungsfreigrenze (und der Milliardär), kann aus finanziellen Aspekten auf eine PHV verzichten.


    Es gibt Zeitgenossen, die fordern auch einmal ohne tatsächliche Schädigung von einem Schadenersatz (z.B. nach dem unausrottbaren Irrtum, Eltern haften für ihre Kinder). Für solche Fälle bietet die PHV noch eine zweite Leistung, die Abwehr unberechtigter Ansprüche; sollte man in ihrer Bedeutung nicht unterschätzen.


    Gruß Pumphut

    • Offizieller Beitrag

    Hallo zusammen,


    danke @Pumphut - so sehr ich Euch den Spass hier gönne :) , würde ich Euch bitten, die Ironie wieder einzuschränken - für die immer sehr zahlreichen "stummen" Mitleser ist das tatsächlich nur noch schwer zu durchschauen...


    Danke!


    Halten wir fest: An der Sinnhaftigkeit einer Privathaftplichtvers. zweifelt niemand.
    Und an dem Tipp, vorsichtig zu fahren, wie offensichtlich von @Schwachzocker gemeint, wird auch niemand etwas auszusetzen haben.