Lohnt sich freiwillige Einzahlung in gesetzliche Rentenversicherung

  • Guten Tag,
    ich habe eine ganz praktische Frage wegen meiner Altersvorsorge:
    Ich habe bei der Deutschen Rentenversicherung einen Antrag auf freiwillige Einzahlung in die gesetzliche Rentenversicherung gestellt,
    was von Finanztip durchaus empfohlen wird "Freiwillige Beiträge für die Rente können sich auszahlen", siehe
    https://www.finanztip.de/geset…llige-rentenversicherung/
    Vor einigen Tagen habe ich den Bescheid bekommen, ca. 28.700 € einzahlen zu können, um ca. 124 € monatlich mehr Rente zu bekommen.
    Ist das Eurer Meinung nach ein lohnendes Geschäft? Von den "124 €" würden noch Sozialversicherungsbeiträge und Steuern abgehen
    (85 % würden in meinen Fall besteuert, ich würde am 1.1.25 in Rente gehen). Oder sollte ich mich noch einmal nach einer alternativen Anlage umsehen (Sofortrente, private Rentenversicherung, wo nur der Ertragsanteil besteuert wird). Bitte um qualifizierte Antworten.


    Ich danke Euch im Voraus,
    juegen15

  • Wenn die Entscheidung, dass etwas gemacht werden soll, schon gefallen ist, dann ist die Sondereinzahlung schon zu überlegen. Man kann natürlich noch Vergleichsangebote einholen, aber bei der derzeitigen Zinslage ist die gesetzliche Rentenversicherung gegenüber Kapitalmarkt- bzw. Versicherungsprodukten konkurrenzfähig.


    Einfach beides nebeneinander legen und dann schauen.

  • Nach längerem Überlegen denke ich, Sie sollten sich eingehend beraten lassen.


    Unterstelle ich, dass der 01.01.2025 der frühestmögliche Rentenbeginn ist, dann ergibt sich in der Rückrechnung ein Rentenbetrag, der ohne weitere Einkommen nicht dazu führen würde, dass die Steuer ein wirklich drängendes Problem darstellen sollte.


    Wenn noch zusätzliche Einkünfte zu berücksichtigen sind, dann führt am Steuerberater wohl kein Weg vorbei.

  • Hallo @juergen15,
    eine qualifizierte Antwort kannst Du hier nicht erwarten, wir sind alle keine Fachleute.
    Und, unqualifizierte Antworten sind hier reletiv selten.
    Das was wir hier von uns geben, ist unser Verständnis nach besten Wissen und Gewissen.
    Gruß


    Altsachse

  • Ist das Eurer Meinung nach ein lohnendes Geschäft?

    Ich stand vor einer ähnlichen Frage. Bei einer einfachen Division reicht das Kapital für rund 20 Jahre ohne Steuerabzug, Wenn man die verbleibenden sechs Jahre bis zur Rente das Kapital anlegt kommen noch ein paar Jahre dazu. Da ich unterstelle, dass die Rente mit 66 erfolgt muss man also > 90 werden, damit sich das lohnt. Ich habe mich daher gegen die Einzahlung entschieden.


    Oder sollte ich mich noch einmal nach einer alternativen Anlage umsehen (Sofortrente, private Rentenversicherung, wo nur der Ertragsanteil besteuert wird)

    Da der sog, Garantiezins nur noch 0,9% beträgt und davon noch die erheblichen Kosten des Versicherungsunternehmens abgehen ist das mMn ein schlechter Plan. https://de.wikipedia.org/wiki/H%C3%B6chstrechnungszins


    Ich würde das Kapital konservativ anlegen, d.h. deutlich mehr als die Hälfte in sichere Anlagen (Festgeld in einem Land mit guter Einlagensicherung) und den Rest über breit gestreute Aktinefonds / ETF. Dazu gab es in einem Heft von Finanztest vor einigen Monaten einer detaillierte Simulation, wonach diese Risikoanlage entgegen der verbreiteten Lehrmeiinung auch im Alter = beim Auszahlplan angezeigt ist. Bei Interesse suche ich die Nummer des Heftes raus.

  • ...wenn man ganz einfach rechnet, heißt das ca. 20 Jahre Zusatzrente - ohne Berücksichtigung, dass du das Geld schon heute anlegen kannst. Ich persönlich würde so wenig Geld wie möglich in ein Rentensystem geben, das nicht zukunftsfähig ist.

  • Nun, es ist und bleibt meine Meinung. Ich beobachte seit Blüms Geschwafel, das "Rentensystem sei sicher" sehr intensiv die Entwicklung unserer Rentenkasse, die ja schon schon heute nicht mal für das ganze Jahr reicht. So verkauft Politik in enger Verbundenheit mit Banken- und Versicherungswirtschaft alle möglichen Produkte an zukünftige Rentner (Pensionäre sind bestens abgesichert), die später nochmals zu versteuern sind - für mich alles ein unehrliches Geschiebe in die Zukunft.
    ETFs kann man noch einigermaßen selbst und kostengünstig steuern, ohne stattliche Ahnungslosigkeit resp. Bewusstseinsverdrängung. Schönen Abend.

  • woran wollen wir die Nicht-Zukunftsfähigkeit festmachen?

    Nicht-Zukunftsfähigkeit ist mMn zu absolut, absehbar ist aber, dass das Rentenniveau sinken wird.


    Man kann anhand der Parameter Beitragszeit vs. Rentenzeit und Rentenhöhe vs. Einkommenshöhe überschlagen wie hoch Beiträge sein müssen. Zum einfachen rechnen: 45 Beitragsjahre, 22,5 Rentnerjahre, 50% Rente -> Beitrag 25%. Das passt nicht so richtig mit den politischen Zielen. Aus diesem Überschlag kann man mMn ableiten, dass das Rentenniveau nicht haltbar ist. Dass im Moment Geschenke an die Rentnergeneration als größte Wählergruppe verteilt werden sollte nicht in Sicherheit wiegen.


    Rein aus Diversifizierungsgründen würde ich nicht ohne Not mehr einzahlen. Einem Rentenpunkt steht kein Wert gegenüber sondern er ist eine Größe in einer Formel, deren Parameter durch einfachgesetzliche Regelung verändert werden kann. s. https://de.wikipedia.org/wiki/Rentenformel und https://de.wikipedia.org/wiki/Rentenanpassungsformel . Speziell im zweiten Link sollte man sich den Nachhaltigkeitsfaktor, dort den Faktor Alpha und die dazu gehörige Begründung in der Bundestags-Drucksache ansehen.

  • Vor einigen Tagen habe ich den Bescheid bekommen, ca. 28.700 € einzahlen zu können, um ca. 124 € monatlich mehr Rente zu bekommen.


    Sollte es in Ihrem Fall möglich sein, die Einzahlungen auf zwei (oder mehrere) Jahre zu strecken, können Sie die Beträge in auch noch zu einem sehr hohen Maß steuerlich als Sonderausgaben absetzen.


    Inwieweit das bei Ihnen zu einem wirksamen Steuervorteil führt, hängt freilich von Ihrem aktuellen zu versteuernden Einkommen in diesen Jahren ab. Sollten Sie ein hohes Einkommen erzielen und im Bereich des Spitzensteuersatzes besteuert werden, würden hier auch fühlbare finanzielle Vorteile bei der Einzahlung für diese Variante sprechen.


    Renditetechnisch betrachtet sind 1.488 € für 28.700 € Einzahlung ja erst einmal nicht schlecht. Das sind 5,18 %.
    Mit einer privaten Rentenversicherung werden Sie diese Auszahlung nicht erreichen.


    Sollte jetzt bei Ihnen durch Steuervorteile auf der Einzahlungsseite z.B. nur ein Netto-Aufwand von - sagen wir - 23.000 € stehen, steigt die Rendite gleich auf 6,46 %.


    Natürlich gibt man das Kapital endgültig aus der Hand, wenn man diese Einzahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung leistet. Gekniffen sind daher primär die Erben.


    Allerdings: die gesetzliche Rente ist dynamisch! D.h. es wird nicht bei den 1.488 € p.a. bleiben, sondern diese Rente wird jedes Jahr angepasst und steigt im Laufe der Jahre kontinuierlich.


    Blüm hatte schon Recht: die Rente ist sicher, denn es handelt sich um ein Umlagesystem, das von den Beiträgen der aktiven Arbeitnehmer abhängig ist. Das ist ein großer Vorteil gegenüber jeder anderen Form der Kapitalanlage, die stets Risiken beinhaltet.


    Ich selbst bin ein großer Fan der Kapitalanlage in Aktien!


    Gleichwohl habe ich auch erhebliche freiwillige Zahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung geleistet. Das ist für mich auch eine Form der Diversifikation. So hängt nicht mein gesamtes Alterseinkommen an Dividenden.


    Da die Rentner als Wählergruppe auf Sicht der nächsten 20, 30 Jahre immer größer werden, bin ich ziemlich sicher, dass es sich keine Regierung leisten kann, die Rentner zu vernachlässigen.


    Dass das System ein Demografieproblem hat, ist klar. Aber dem wird man mit mehreren Maßnahmen begegnen. Wir werden künftig später in Rente gehen und der Bundeszuschuss aus Steuern wird steigen.


    Wenn Sie gesund sind und davon ausgehen, dass Sie mindestens 20 Jahre die Rente beziehen werden, machen Sie es: zahlen Sie freiwillig ein!

  • Ich sehe es wie @muc


    Es ist eine Diversifikationsfrage. Habe ich schon viel im Kapitalmarkt investiert? Dann spricht etwas dafür es als konservative Anlage zu sehen. Denn die Dynamisierung darf man nicht außer acht lassen. Dadurch steigt die Rendite auf ein interessantes Niveau + eventueller Steuerbonus in den Einzahlungsjahren.


    Dagegen spricht die "volle" Besteuerung und die mangelnde Flexibilität. Anders wie Aktien oder einen Fonds kann ich das Guthaben halt nicht einfach "versilbern" sondern muss auf Gedeih und Verderb die Rente nehmen. Quasi vergleichbar mit einer Aktie, die man nicht mehr verkaufen kann sondern dafür eine lebenslange Dividende bekommt.
    Die Frage ist ja auch, ob ein Ehegatte vorhanden ist, der ggfs. von einer Witwenrenten profitieren würde.


    Wie man sieht kann man es also nicht nur nach Rendite sehen sondern muss auch die Softfacts kennen.

  • Denn die Dynamisierung darf man nicht außer acht lassen. Dadurch steigt die Rendite auf ein interessantes Niveau + eventueller Steuerbonus in den Einzahlungsjahren.

    Die Dynamisierung ist in der Tat nicht zu vernachlässigen. Ansonsten sehe ich das eher kritisch, insbesondere wenn man den Nachsteuer-Kapitaleinsatz mit dem Vorsteuer-Rückfluss vergleicht. Selbst wenn man in der Betrachtung von KaterKa die Dynamisierung mit einbezieht, lohnt sich die Sache nur für überzeugte Methusalem-Anwärter.


    Und ob die Rente wirklich sicher ist? Vom Grundsatz her wohl schon, aber wenn man mal vergleicht, wie die Ausgangssituation zu Blüms Zeiten war und wo wir heute stehen (Rentenniveau, Steuerpflicht), dann kann man das nicht uneingeschränkt bejahen.

  • Ich stand 1971 zu DDR-Zeiten vor einen ähnlichen Problem.
    Damals wurde die Freiwillige Zusatz Rente eingeführt. Da die FZR von Seiten des Staates masiv beworben wurde, war das für mich Grund genug mir die Sache einmal genauer anzusehen.
    Dabei habe ich als Vergleich die Anlage auf dem Sparbuch gegengerechnet. Damals gab es 3,25% Zinsen, aber die langjährig stabil. Das Ergebnis war, so alt kann ich nicht werden als dass die FZR besser abgeschnitten hätte.
    Also habe ich mich gegen die FZR entschieden, und habe mein Geld auf das Sparbuch eingezahlt. Zumal ich in einem volkseigenen Betrieb gearbeitet habe, bei dem ich Anspruch auf eine Betriebsrente hatte. Diesen Anspruch gab es nur bei besonders volkswirtschaftlich wichtigen Betrieben, und auch nur für Mitarbeiter die vor 1967 im Betrieb angefangen haben.
    Nun kam 1989 der Mauerfall mit für mich gravierenden Auswirkungen. Die Einzahlungen in die FZR wurden Jahr für Jahr unterschiedlich mit Faktoren bis 3,0 höher bewertet. Meine Einzahlungen auf dem Sparbuch wuren mit einer kleinen Ausnahme mit Faktor 0,5 abgewertet. Die Betriebsrente gab es ab sofort nur für die Mitarbeiter, die sie bereits bezogen haben. Ich hatte nur Anspruch darauf, der wurde mir gestrichen.
    Damit will ich sagen, alle Rentabilitätsbetrachtungen können durch politische Entscheidungen zu nichte gemacht werden. Bitte betrachten Sie die ausführlichen Schilderungen nicht als Nörgelei.
    Ich lebe trotz meiner niedrigen Rente zufrieden mit meinem Schicksal.
    Gruß


    Altsachse

  • Das gute was ich an den Einzahlungen finde, ist, dass man dadurch seinen Renteineintritt selbst flexibler gestalten kann -
    seit 2017 kann man bereits ab dem 50. Lebensjahr freiwillig Beiträge in die Rentenversicherung einzahlen - wenn man z.B. angibt mit 63 in Rente ohne Abschläge gehen zu wollen dann hat man 13 Jahre Zeit auf 13 Jahre steuerlich begünstigt diese Einzahlungen zu tätigen...


    Das gute daran - wenn man dann doch bis 65 oder 67 Jahre arbeitet bekommt man den eingezahlten Beitrag on Top obendrauf - so erhöht man also seine Rente - kann aber auch gleichzeitig ohne Abstriche mit 63 in Rente gehen -


    so hat der Staat mal eine Flexibilität geschaffen die ich sehr gut finde -sollte man nur ohne Altersgrenze ausweiten, so dass man bereits mit 30 dafür einzahlen kann - besonders für mich würde sich das lohnen, da ich bereits mit 15 Jahren berufstätig wurde und somit mit knapp 61 Jahren meine 45 Beitragsjahre voll habe....


    und es gibt nen Fall je nach Steuer der 15.000€ in die Rentenversicherung eingezahlt hat - 8.700€ von der Steuer zurückbekommen hat und mit 63 ohne Abschläge in Rente gehen konnte - finde ich super!


    Aber wie so oft das muss man für jeden individuell ausrechnen und betrachten -

  • Hallo,
    ich bin ganz gerührt über die vielen Anregungen, die ich auf mein Posting erhalten habe. Beruflich habe ich aktuell viel zu tun, daher möchte ich mich hier erst einmal bei Euch allen für eure Rückmeldungen bedanken, das hat mir gut getan.
    Ich hoffe, am Wochenende die Zeit zufinden, mich noch einmal ausführlicher auf einzelne Beiträge zu beziehen und diese entsprechend zu würdigen.


    Juergen15