Bewertung kapitalbildender Lebensversicherungen – Tücken, Lücken & Lösungen
Hallo zusammen,
die Fragen von DonVandalo hier in der Community (siehe https://www.finanztip.de/commu…en?postID=51236#post51236) geben mir den Anlass etwas mehr und strukturierter zur Bewertung dieser Versicherungsanlageprodukte zu schreiben.
Dafür habe ich die kapitalbildende Lebensversicherung ausgewählt, da bei der Bewertung einer kapitalbildenden Lebensversicherung in aller Regel auf eine ergebnisbedeutende Annahme verzichtet werden kann, nämlich die Schätzung der Lebenserwartung.
Im ersten Beitrag möchte ich zwei Definitionen der kapitalbildenden Lebensversicherung vorstellen. Beiden Definitionen ist gemeinsam (und hier hören die Gemeinsamkeiten schon aus) das sie eine relativ starke Wertung beinhalten.
Definition nach Dr. G. Kommer (Dr. G. Kommer, Souverän investieren mit Indexfonds und ETFs, 5. Auflage, S. 201 f.) = wertende Definition:
„Vermutlich existiert kein Land der Welt, in dem die Zahl der kapitalbildenden Lebensversicherungsverträge relativ zur Bevölkerungsgröße so hoch wie in Deutschland. Leider ist das kein Vorteil für die Nation, denn kapitalbildende Lebensversicherungen („KLVs“) repräsentieren eine renditeschwache, wenig sinnvolle Kombination zweier verschiedener originärer Finanzprodukte: Einer Risikolebensversicherung und eines Wertpapiersparvertrags auf Anleihen oder Aktien. Viele Haushalte brauchen in einem gegebenen Zeitraum nur das eine, aber nicht das andere. Wer nur den Todesfallschutz einer Risiko-LV benötigt, kann diesen zu einem Bruchteil der monatlichen KLV-Prämie getrennt erhalten. Überdies kann er eine Risiko-LV jederzeit ohne Schaden kündigen, wenn sie nicht mehr notwendig ist, Z.B. „wenn die Kinder aus dem Haus sind“ oder nach einer Scheidung. Wer Vermögen über einen Wertpapiersparvertrag bilden will, ist mit separatem Wertpapiersparen, wie in diesem Buch dargestellt, renditemäßig fast immer besser bedient – vor allem, weil die offenen und versteckten Kosten einer KLV im Vergleich zu ETFs, weit höher sind. Die steuerlichen Vorteile von KLVs sind bei Neuabschlüssen für normale Privathaushalte inzwischen nicht mehr groß genug, als dass sie die zahlreichen Nachteile einer KLV ausgleichen könnten. Auch sind KLVs risikoreicher als viele Bundesbürger annehmen. Die sogenannte „Garantieverzinsung“ bei klassischen KLVs ist keineswegs eine „garantierte Verzinsung“ wie der Name suggeriert. Sie ist im Konkursfall der Versicherung nicht garantiert und kann mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde sogar schon dann gesenkt werden, wenn die Gesellschaft „nur“ ins Schlingern gerät. Wenn man bedenkt , dass die Laufzeit einer KLV mehrere Jahrzehnte betragen kann, dann hilft selbst ein Vertragsabschluss bei der größten und kreditwürdigsten Versicherung nicht weiter, denn verlässliche Bonitätsaussagen über zwei oder drei Jahre hinaus sind generell für kein Unternehmen möglich. Auch trifft bei klassischen KLVs der sogenannte Sondervermögensstatuts für das Anlegervermögen gar nicht oder nur eingeschränkt zu.“
Definition nach Foitzek et al, Lebensversicherung und Betriebliche Altersversorgung, 2. Auflage 2015, S. 21):
„Die Kapitallebensversicherung verbindet die Vorteile der Risikolebensversicherung mit zusätzlicher Altersvorsorge. Der Versicherte kann mit dieser Vertragsvariante also seine Angehörigen absichern und gleichzeitig für einen sorgenfreien Ruhestand vorsorgen. Die Kapitallebensversicherung eignet sich vor allem für alle diejenigen, die neben der Hinterbliebenenversorgung Wert auf eine sichere Altersvorsorge mit stabiler Rendite legen. Die Versicherungswirtschaft bietet den Versicherten eine garantierte Alterskapitalleistung und sagt, vereinfacht dargestellt, eine garantierte Verzinsung des aufgebauten Kapitals zu (sog. Rechnungszins) und zwar für die gesamte Laufzeit des Versicherungsvertrages. Hinzu kommt eine Überschussbeteiligung. Für den Versicherten bedeutet diese Garantie zusätzliche Sicherheit, denn sein Versicherer nimmt ihm das Kapitalmarktrisiko weitgehend ab.“
Zwei so gegensätzliche Betrachtungsweisen des gleichen Produkts! Wie kann das sein? Nun, ich will erst einmal ehrlich bekennen, dass die Definition von Dr. Kommer mir realistischer erscheint als die Definition von Foitzek et al, die auch in den Marketingbroschüren der Versicherungswirtschaft leicht Platz finden könnte. Das liegt natürlich daran, dass ich nie im Vertrieb tätig war und bereits 100+ KLV-Verträge unter „Live-Bedingungen“ bewertet habe.
Im nächsten Beitrag schreibe ich etwas zu den wesentlichen Bewertungspunkten bei einer KLV.
Kommentare und Meinungen sind willkommen!
HAFTUNGSAUSSCHLUSS Diese Veröffentlichung wurde von der Risikomanagement und Versicherungsberatung Robert Gamper erstellt. Die darin enthaltenen Ansichten entsprechen denen der Risikomanagement und Versicherungsberatung Robert Gamper zum Zeitpunkt der Erstellung und können sich ohne Vorankündigung ändern. Diese Veröffentlichung wurde ausschließlich zu Informationszwecken erstellt. Sämtliche darin enthaltenen Informationen stammen aus Quellen, die als verlässlich und glaubwürdig erachtet wurden. Die Risikomanagement und Versicherungsberatung Robert Gamper gibt weder eine ausdrückliche noch stillschweigende Zusicherung oder Garantien in Bezug auf die Richtigkeit oder Vollständigkeit dieser Informationen. Die vorliegende Veröffentlichung ist nicht als rechtlicher, versicherungstechnischer, rententechnischer, finanzieller, anlagetechnischer oder sonstiger professioneller Ratschlag auszulegen. Die Risikomanagement und Versicherungsberatung Robert Gamper lehnt jeder Haftung im Zusammenhang mit der Nutzung oder dem Verlass auf diese Veröffentlichung ab. Da diese Aussagen von Natur aus bekannten und unbekannten Risiken und Unwägbarkeiten unterliegen und durch zahlreiche unvorhersehbare Faktoren beeinträchtigt werden können, sollten sie nicht als absolut verlässlich angesehen werden. Die Risikomanagement und Versicherungsberatung Robert Gamper haftet nicht für etwaige Verluste, die sich aus der Nutzung oder der Verteilung der vorliegenden Veröffentlichung ergeben. Diese Veröffentlichung ersetzt insbesondere nicht die individuelle Beratung. |