Zum Nachdenken und Diskutieren: aus nzz.ch -- Wieso Italiener reicher sind als Deutsche!?

  • Ich hoffe ich darf -- zum Diskutieren, Nachdenken .... -- hier kurz einen Auszug aus einem Artikel der NZZ anbringen ...
    siehe https://www.nzz.ch/finanzen/da…cht-nachhaltig-ld.1495536


    Zitat aus dem Artikel / Interview: "Kennen Sie übrigens einen wichtigen Grund dafür, dass die privaten Haushalte in Italien reicher sind als die in Deutschland? ... Das hängt unter anderem damit zusammen, dass die Italiener skeptischer sind gegenüber dem Staat. Während die Deutschen bei der Vermögensanlage relativ stark auf Einlagen und Anlagen setzen, die auf staatlichem Geld beruhen, investieren die Italiener ihr Geld traditionell stark in Sachwerten wie Immobilien. Italiener haben auch eine deutlich höhere Wohneigentumsquote."


    Ich selbst habe auch -- entgegen geläufiger deutscher Expertenmeinung -- folgenden finanziellen Weg eingeschlagen:
    * Wohnungseigentum inkl. Hypothekarschulden
    * vollständige Schuldentilgung
    * Investition in mehrere Anlageklassen: vermietete Inmobilie, Aktien-ETFs, Festgeld, Taggeld, ...
    * ....


    Wie seht ihr diesen Punkt ...


    bG,
    Ben42

  • In solchen Gegenüberstellungen finde ich die Bedeutung von Wohneigentum immer überbewertet. Der Aspekt "kostengünstig wohnen" ist aus meiner Sicht entscheidend. Das ließe sich auch über eine Genossenschaftswohnung erledigen.


    Insgesamt ist das Spannungsfeld Risiko/Rendite von entscheidender Bedeutung wenn es um Vermögensaufbau geht.

  • Das genannte Argument zur höheren Wohneigentumsquote in Italien mag zwar stimmen, ist aber nur ein Puzzleteil.
    Man lese z.B. folgenden Artikel:
    https://www.faz.net/aktuell/fi…iete-wohnen-14743908.html



    Als eine der wichtigsten, historischen Ursachen für die niedrige Wohneigentumsquote [in Deutschland] gelten die Zerstörungen von Wohnraum in den Städten während des Krieges. Damals wurden in der jungen Bundesrepublik massenhaft Mietwohnungen gebaut, sagt Alexander Schürt vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung. Ein Übriges tue die dichte Besiedlung.


    „In Italien oder Spanien ist der Mietwohnungsmarkt nicht so gut", sagt zudem Ludwig Dorffmeister, Immobilienexperte des Münchner Ifo-Instituts. „Mietwohnungen haben auch einen schlechteren Ruf, zum Beispiel in Großbritannien." Der deutsche Baustandard ist dagegen hoch, auch „die Qualität der Mietwohnungen in Deutschland ist vergleichsweise gut, man muss nicht eigene vier Wände haben, um gut zu wohnen“, sagt Schürt.


    Und dazu kommt: „In Deutschland sind Mieter besser geschützt als in vielen anderen europäischen Staaten“, wie Schürt sagt. Der Kündigungsschutz ist hoch, die Politik eher mieterfreundlich. Jüngstes Beispiel: Die Mietpreisbremse.


    In Rumänien beträgt übrigens die Wohneigentumsquote 96,8%. Sind die Rumänen damit jetzt reicher als die Deutschen?
    Und sind die Italiener immer noch reicher, wenn man auch die Kreditschulden dem aktuellen (fiktiven, da nicht realisierten) Wert der Immobilie gegenüberstellt?


    Als Gegenbeispiel könnte man auch die Schweiz nehmen - die Schweizer sind durchschnittlich reicher als die Deutschen, trotzdem ist die Wohneigentumsquote in der Schweiz noch geringer (https://de.statista.com/statis…igentumsquoten-in-europa/).


    Daher sage ich mal: Dieser Indikator taugt nicht viel für gewisse Aussagen.

  • Ich finde auch, dass Wohneigentum überbewertet wird bei der Vermögensbildung. Ein einfacher Index-Fonds auf den S&P500 hat in den vergangenen 70 Jahren viele Immobilienanlagen geschlagen (durchschnittlich 6%-7% Rendite p.a.). Dennoch spielt es in diesem spezifischen Fall sicherlich auch eine Rolle.


    In deutschen Großstädten geben Otto-Normal-Verbraucher mittlerweile 30%-40% ihres Gehalts für Mieten aus. Das erschwert die Vermögensbildung ungemein. Hinzu kommt, dass dank der aktuellen Immobilienblase die Eigentümer von Immobilien große (unrealisierte) Vermögenssteigerungen mitnehmen konnten. Dies mag zwar in Süditalien nicht der Fall sein, aber z. B. die Region um Mailand ist wirtschaftlich sehr stark.


    Meiner Meinung nach hat das hohe Vermögen der Italiener allerdings einen weiteren Grund. Traditionell verzeichnete die italienische Lira jedes Jahr große Inflationsraten, wodurch die Vermögensverhältnisse im internationalen Vergleich nicht stark anstiegen. Seit der Einführung des vergleichsweise wertstabilen Euro entwerten sich italienische Vermögen nun allerdings im internationalen Vergleich nicht mehr.