Bausparkassen trennen sich von Kunden mit hohen Zinsen

  • Hallo liebe Mitstreiter,


    nachdem der erste Vergleichsvorschlag meinerseits dankend abgelehnt wurde kam nun der zweite, den das gleiche Schicksal ereilte.


    Die beklagte Bausparkasse möchte durch einen Vergleich ersichtlich ein für sie nachteiliges Urteil verhindern. Dies kann sie selbstverständlich wie gewünscht "ohne mündliche Verhandlung" haben durch Fortführung des Vertrages zu den bisherigen Bedingungen. Solange sie allerdings an ihrer Kündigung festhält, halte ich am Fortgang des Verfahrens fest und erkläre dieses eben nicht "für erledigt".


    Freundliche Grüße
    Betroffener2015

  • An alle Teilnehmer dieses Forums,


    wer kann einen gekündigten Bausparvertrag der Wüstenrot, abgeschlossen in der Zeit zwischen Januar bis Oktober 1995,
    oder die entsprechenden ABB beibringen?
    Vielen Dank für Eure Hilfe.


    Es grüßt nicora

  • Urteil des OLG Stuttgart
    Aus heute.de, 30.3.16


    Im Streit um hoch verzinste Sparverträge hat eine Bausparkasse erstmals eine höherinstanzliche Niederlage hinnehmen müssen. Die Kündigung eines mit drei Prozent verzinsten Vertrags von 1978 durch die Bausparkasse Wüstenrot ist illegal, entschied das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart.
    Wüstenrot, Deutschlands zweitgrößte Bausparkasse, hatte gekündigt, weil die Kundin ihr angespartes Geld seit 22 Jahren auf dem Konto liegen ließ und drei Prozent Zinsen einstrich, statt das Darlehen abzurufen.


    Die Bausparerin müsse auch weiterhin die Möglichkeit haben, das Darlehen in Anspruch zu nehmen, auch wenn sich das derzeit bei einem Zins von fünf Prozent nicht rechne. Die Zehnjahresfrist greife erst, sobald das Darlehen vollständig zugeteilt sei. Auch das gesetzliche Kündigungsrecht, auf das sich Wüstenrot berief, gelte nicht. Das wäre nur der Fall gewesen, wenn die Bausparkasse die Sparerin aufgefordert hätte, weiter Beiträge zu zahlen, und diese der Forderung nicht nachgekommen wäre.Wüstenrot wird nun eine Revision gegen das Urteil vor dem Bundesgerichtshof prüfen, erklärte deren Anwalt. Davon geht das OLG Stuttgart fest aus. "Entschieden werden muss es vom BGH", sagte der Richter. Mit einem öffentlichen Urteil anstelle eines schriftlichen Beschlusses wolle er den Weg zum obersten deutschen Gericht ebnen. Es gehe schließlich um Millionen Spargelder, sagte Wetzel. (Az.: 9 U 171/15)

  • @Betroffener2015: Warst du das :D , ging das so schnell 8o !?

    MfG
    forenteilnehmer

  • @forenteilnehmer,


    nein, dass war nicht ich. So schnell geht es nun auch wieder nicht ;) .


    Was hat sich seit meinen letzten Informationen geändert:


    Nachdem mehrere sich ständig erhöhende Vergleichstangebote meinerseits kategorisch abgelehnt wurden, hat der Anwalt der beklagten Bausparkasse nach zuvor erfolgtem Antrag auf Fristverlängerung seine Klageerwiderung gefertigt und bei Gericht eingereicht. Der Klageerwiderung ist zu entnehmen, dass die beklagte Bausparkasse davon ausgeht zu obsiegen. Diese Hoffung teilt das Gericht nicht. In der Folge unterbreitete die beklagte Bausparkasse erneut ein wiederum höheres Vergleichsangebot, was ich höflich ablehnte. Es ist ganz offensichtlich, dass ein zu Ungunsten der Bausparkasse erwartetes Urteil mit allen Mitteln vermieden werden soll, zumal die Gegenseite weiß und dies auch durchblicken ließ, dass ich Zeit und einen langen Atem habe.


    Einige Mitstreiter die mit ihrer Klage mir zeitmäßig voraus waren und damit rein rechnerisch vor mir beim BGH gewesen wären, haben sich - wenngleich gut - "verglichen". Es dürfte also noch einige Zeit vergehen, bis ein Fall dem BGH vorgelegt wird.


    Ungeachtet dessen kann das Abwarten eines BGH-Urteils viele Jahre dauern. Zudem führt ein BGH-Urteil nicht automatisch zu Rechten von uns betroffenen Bausparern. Darüber hinaus ist derzeit noch nicht absehbar, dass der BGH eine Rückwirkung zulässt und durch selbige damit die Verjährungsfrist verlängert. Daher kann es durchaus sein, dass das Recht von betroffenen Bausparern auf eine Klage bis dahin verjährt ist. Betroffene Mitstreiter sollten also darauf achten, dass ihre Rechte nicht verjähren.


    Freundliche Grüße
    Betroffener2015




  • Auch wenn es nicht ganz unter die Überschrift "Bausparkassen" passt - trotzdem interessant, wie Banken auch auf anderen Feldern (in diesem Fall fehlerhafte Widerrufsbelehrung) versuchen, höchstrichterliche Urteile um fast jeden Preis zu verhindern:


    "Die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) hat gekniffen. Ende März zog die Bank kurzfristig ihren Antrag auf Revision beim Bundesgerichtshof (BGH) zurück. Sie akzeptierte damit ein Urteil zugunsten ihres Kunden, mit dem sie zwei Jahre lang um 30.000 Euro und eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung prozessiert hatte. Sie verhinderte so ein Grundsatzurteil.


    [...]


    Veräppelt fühlen sich in solchen Fällen auch Richter am BGH selbst, die den Banken vorwerfen, ein höchstrichterliches Urteil und den damit einhergehenden Rechtsfrieden zu verhindern. Damals gab es sogar eine Änderung der Zivilprozessordnung, die dafür sorgt, dass Prozessparteien nicht mehr in der letzten Sekunde eine Revision zurücknehmen können, wenn sie in der Verhandlung vor dem BGH merken, dass sie verlieren."


    http://www.spiegel.de/wirtscha…erichtshof-a-1087471.html

  • Einige Landgerichte (z.B. LG Münster 014 O 87/15) und Rechtsanwälte der Bausparkassen (z.B. RA Simon in EWiR 2015, 723) behaupten, dass es sich bei LBS Bausparverträgen vom Typ Vario um Darlehen mit einem gebundenen Sollzinz handelt, da für die gesamte Vertragslaufzeit ein oder mehrere Sollzinssätze vereinbart sind, die als feststehende Prozentzahl ausgedrückt werden. Hierbei wird immer wieder Bezug auf den § 489 Abs. 5 Satz 2 BGB als Rechtsgrundlage genommen.


    Das OLG Köln (13 U 279/15) hat in seinem Beschluss folgendes nebenbei erwähnt: "Gemäß Artikel 229 § 5 EGBGB findet auf den ... (vor dem 01.01.2002) ... abgeschlossenen, zu einem unbekannten Zeitpunkt geänderten Bausparvertrag das BGB in der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung Anwendung. Gemäß Art. 229 § 22 EGBGB findet § 489 BGB in der Fassung vom 2.1.2002 Anwendung." Das BGB in der Fassung vom 02.01.2002 wurde im Bundesgesetzblatt (Jahrgang 2001 Teil I Nr. 61) am 29. November 2001 veröffentlicht: http://www.bgbl.de/xaver/bgbl/…l&jumpTo=bgbl101s3138.pdf


    Die Formulierung des § 489 BGB in der Fassung vom 02.01.2002 lautet:
    (1) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag, bei dem für einen bestimmten Zeitraum ein fester Zinssatz vereinbart ist, ganz oder teilweise kündigen,
    1. wenn die Zinsbindung vor der für die Rückzahlung bestimmten Zeit endet und keine neue Vereinbarung über den Zinssatz getroffen ist, unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat frühestens für den Ablauf des Tages, an dem die Zinsbindung endet; ist eine Anpassung des Zinssatzes in bestimmten Zeiträumen bis zu einem Jahr vereinbart, so kann der Darlehensnehmer jeweils nur für den Ablauf des Tages, an dem die Zinsbindung endet, kündigen;
    2. wenn das Darlehen einem Verbraucher gewährt und nicht durch ein Grund- oder Schiffspfandrecht gesichert ist, nach Ablauf von sechs Monaten nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten;
    3. in jedem Fall nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten; wird nach dem Empfang des Darlehens eine neue Vereinbarung über die Zeit der Rückzahlung oder den Zinssatz getroffen, so tritt der Zeitpunkt dieser Vereinbarung an die Stelle des Zeitpunkts der Auszahlung.


    (2) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit veränderlichem Zinssatz jederzeit unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten kündigen.


    (3) Eine Kündigung des Darlehensnehmers nach Absatz 1 oder Absatz 2 gilt als nicht erfolgt, wenn er den geschuldeten Betrag nicht binnen zwei Wochen nach Wirksamwerden der Kündigung zurückzahlt.


    (4) Das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers nach den Absätzen 1 und 2 kann nicht durch Vertrag ausgeschlossen oder erschwert werden. Dies gilt nicht bei Darlehen an den Bund, ein Sondervermögen des Bundes, ein Land, eine Gemeinde, einen Gemeindeverband, die Europäischen Gemeinschaften oder ausländische Gebietskörperschaften.

  • Anbei ein Auszug aus der neuen BGB Kommentierung von Mülbert im Staudinger:
    "Sehen die ABB (§ 488 Rn 537) für einen Bausparvertrag in der Ansparphase ein einmaliges zustimmungsfreies Wahlrecht des Bausparers zwischen zwei (oder mehr) Festzins-Tarifmodellen vor, wogegen spätere Tarifwechsel der Zustimmung der Bausparkasse bedürfen, besteht auch vor Ausübung des Tarifwahlrechts kein Kündigungsrecht der Bausparkasse nach § 489 Abs 2. Zwar liegt formal bis zum Ausübungszeitpunkt kein gebundener Sollzinssatz vor (insoweit auch OLG Frankfurt 2. 10. 2013 - 19 U 106/13 [juris]; LG Frankfurt 22. 2. 2013 - 2-21 O 69/12 [juris]), der das Kündigungsrecht nach § 489 Abs 2 tatbestandlich ausschließt (Rn 54), weil der feste Prozentsatz (Rn 23) für keinen bestimmten Zeitraum gilt (Rn 24). Jedoch gebietet der Normzweck des § 489 Abs 2 - ein Schutz des Darlehensnehmers gegen das Zinsbestimmungsrecht des Darlehensgebers und das damit einhergehende unkalkulierbare Zinsrisiko (Rn 11) - für die in der Ansparphase gegebene Rollenverteilung eine teleologische Reduktion. In dieser Phase ist die Bausparkasse zwar die Darlehensnehmerin, doch bestimmt sie durch die Ausgestaltung des Tarifmodells selbst über die Höhe des Zinsänderungsrisikos, das durch die Ausübung des Tarifwahlrechts eintreten kann, und kalkuliert dieses Risiko bei der Tarifgestaltung, nämlich beim Zinssatz für das spätere Bausspardarlehen, bereits ein. Dementsprechend bedarf es gar keines „Gegengewichts“ in Gestalt des Kündigungsrechts des Darlehensnehmers nach § 489 Abs 2, um marktübliche Zinsen durchzusetzen. Überdies erschiene es zweckwidrig, könnte sich die Darlehensnehmerin in diesen Konstellationen ein einseitiges jederzeitiges Kündigungsrecht eröffnen, indem sie dem Darlehensgeber ein einmalig auszuübendes Leistungsbestimmungsrecht zwischen zwei (oder mehr) ex ante kalkulierbaren, weil vorab genau festgelegten Zins- bzw Tarifgestaltungen einräumt. Aus diesen Gründen ist eine teleologische Reduktion des § 489 Abs 2 selbst für den Fall geboten, dass die ABB für die Ansparphase das Recht zubilligen, zwischen zwei (oder mehreren) Festzins-Tarifmodellen mehrfach ohne Zustimmung der Bausparkasse zu wechseln."

  • Die Zitate stammen aus einer Verbraucherkolumne von Tenhagen. Es ist wenig verwunderlich, dass dieser auf Seiten der Verbraucher steht. Was seine Verwunderung über die Handlungen des Gesetzgebers angeht: Man merkt deutlich, dass Tenhagen nur sehr begrenzt Ahnung von der Rechtslage und der Entwicklung des Widerrufsrechts hat. Es ist schon fast ein wenig traurig, dass er es bisher in keinem seiner Artikel geschafft hat, die Bedeutung der Musterwiderrufsbelehrungen und die Streitpunkte darum einigermaßen vernünftig und verständlich darzustellen und stattdessen so tut, als wäre es für Banken von Anfang an überhaupt kein Problem gewesen, vernünftig zu belehren.


    [Nachtrag]


    Und bei dem Vorschlag, den Kunden doch einfach rechtssicher nachzubelehren, packe ich mir auch an den Kopf. Vielleicht sollte er bedenken, dass Banken und Sparkassen - hätten sie früher belehrt - ggf. ein neues Widerrufsrecht trotz unklarer Rechtslage geschaffen hätten. Mal ganz abgesehen davon, dass für eine Nachbelehrung überhaupt kein vernünftiges Formular besteht, was enorme rechtliche Risiken für eine deutlich verlängerte Widerrufsmöglichkeit geboten und das Problem deutlich verschärft hätte.

  • Auch das OLG Stutgart (9 U 171/15, 30.03.2016) hat die Aussage des OLG Köln (s.o.) bestätigt:
    "Auf das Vertragsverhältnis findet gemäß Art. 229 § 5 S. 2 EGBGB das Bürgerliche Gesetzbuch in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) seit dem 1. Januar 2003 Anwendung."

  • Hallo liebe Mitstreiter,


    wie bereits mitgeteilt, wurden die von der Bausparkasse ständig erhöhten "Vergleichsangebote" meinerseits stets abgelehnt. Zudem habe ich klar und deutlich zu erkennen gegeben, den Instanzenweg nicht zu scheuen. In der Folge hatte das Gericht terminiert.


    Die Bausparkasse hat erkennbar aus "taktischen Gründen" gegen sich ein Versäumnisurteil in dem Klageverfahren ergehen lassen.


    Freundliche Grüße
    Betroffener2015

  • Hallo Betroffener, guten Morgen, guten Tag,


    darf man Dir also zum positiven Ausgang und endgültigen Ende Deines Rechtsstreits gratulieren??? Wenn ja, würde ich dies an dieser Stelle mit Freuden tun! :)


    Oder hast Du den Eindruck, dass die Bausparkasse durch eine Flucht in die Säumnis nur auf Zeitgewinn spielt und sich ein "Hintertürchen" offen hält? Etwa in Form der Möglichkeit eines Einspruchs, für den sie m. W. zwei Wochen Zeit hätte und mit einer entsprechenden Einspruchsbegründung, durch die der Streit evtl. doch wieder aufleben würde?


    Und: Darfst / kannst Du mitteilen, in welcher Instanz Du Dich befindest - LG oder schon OLG?



    Herzlichen Dank und einen sonnigen Tag!


    Eagle Eye

  • Hallo Eagle Eye,


    zum posiven Ausgang darf man schon gratulieren. Mit der Gratulation zum "endgültigen" Ausgang würde ich eher noch zuwarten, bis die zweiwöchige Einspruchsfrist verstrichen ist ;) .


    Der Anwalt der Beklagten hat wohl in einem Gespräch zwischen den Anwälten durchklingen lassen, keinen Einspruch einzulegen. Ob seine Mandantin damit einverstanden ist, wird sich nach Ende der zweiwöchigen Einspruchsfrist zeigen. Ungeachtet dessen sehe ich es völlig gelassen, ob die Beklagte Einspruch einlegt oder nicht. Legt sie keinen Einspruch ein, habe ich mein Ziel, nämlich die Fortführung des Vertrages zu den bisherigen Bedingungen erreicht. Legt sie Einspruch ein, geht es eben weiter. :)

    Der Rechtstreit ist vor dem LG anhängig.


    Freundliche Grüße
    Betroffener2015

  • Hallo liebe Mitstreiter,


    inzwischen liegt mir das Versäumnisurteil vor.


    Die Beklagte wurde antragsgemäß verurteilt, d. h.

    • der Bausparvertrag besteht über den Kündigungstermin hinaus fort,
    • die Kosten des Rechtstreits wurden der Beklagten auferlegt,
    • das Urteil ist vorläufig vollstreckbar und
    • der Streitwert wurde festgelegt.

    Ich gehe davon aus, dass der Beklagten bzw. deren Prozessbevollmächtigten das Urteil etwa zum gleichen Zeitpunkt ( + / - 1 Tag ) zugegangen ist wie mir. Da für den Beginn der Einspruchsfrist die Zustellung des Urteils maßgeblich ist, hat die Beklagte noch etwas Zeit, ihre weitere Vorgehensweise zu überlegen.


    Freundliche Grüße
    Betroffener2015

  • @Betroffener2015


    Gratulation zum bisherigen Verlauf! Das ist ja bisher vorbildlich abgelaufen. Bin ein bißchen neidisch, denn die Kombination BHW / LG Hannover ist leider noch nicht mit so "rechtskundigen" Richtern gesegnet ;( .


    Wie geht´s denn bei dir weiter, wenn Einspruch eingelegt wird? Welche Kaninchen kann die Gegenseite noch aus dem Ärmel zaubern :evil: .


    MfG
    forenteilnehmer

  • Hallo Forenteilnehmer,


    wie bereits mitgeteilt, hat die Beklagte die Flucht in die Säumnis angetreten.


    Der Nachteil der Flucht in die Säumnis besteht darin, dass die Beklagte, gegen die das Versäumnisurteil erging, auch dann, wenn sie nach eingelegtem Einspruch in der Hauptsache obsiegt, die Kosten der Säumnis zu tragen hat (§ 344 ZPO), und dass das Versäumnisurteil ein ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbarer Titel ist, § 708 Nr. 2 ZPO.


    Gegen das Versäumnisurteil kann die Beklagte ohne dass sie eine Entschuldigung für ihre Säumnis vorbringen muss, Einspruch einlegen, § 338 ff. ZPO.


    Der Einspruch ist binnen einer Notfrist von zwei Wochen (§ 339 ZPO) seit Zustellungdes Versäumnisurteils schriftlich (§ 340 Abs. 1, 2 ZPO) bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, einzulegen. Die Einspruchsschrift hat nach § 340 Abs. 3 ZPO die Einspruchsbegründung zu enthalten, d. h. die Einspruchsbegründung soll innerhalb der Einspruchsfrist erfolgen.


    Der Einspruch ist zulässig, wenn er statthaft ist und form- und fristgerecht eingelegt wird. Statthaft ist der Einspruch, wenn er im Rahmen einer zweiwöchigen Notfrist (§ 339 ZPO) eingelegt wird.


    Ist der Einspruch zulässig, wird gem. § 342 ZPO das Verfahren in den Stand vor Eintritt der Säumnis zurückversetzt, das Versäumnisurteil wird jedoch (noch) nicht aufgehoben. Das Verfahren wird unter Hinwegdenken des Säumnistermins und aller dort gestellten Anträge und Vorbringen fortgesetzt und die Zulässigkeit und Begründetheit der Klage normal über bzw. durchgeprüft. Je nach Ergebnis der Prüfung wird dann das bereits ergangene Versäumnisurteil bestätigt oder ganz oder teilweise aufgehoben, § 343 ZPO. Hintergrund dieser Regel ist, dass die obsiegende Partei zwei Vollstreckungstitel hätte, würde man statt der Aufrechterhaltung des Versäumnisurteils im Tenor (erneut) den Klageantrag tenorieren.


    Ist der Einspruch hingegen (warum auch immer) unzulässig, bleibt das Versäumnisurteil bestehen und der Rechtstreit ist in dieser Instanz ( in meinem Fall also Landgericht ) beendet. In diesem Fall wird der Einspruch durch ein Endurteil verworfen, § 341 ZPO. Rechtsmittel gegen dieses Urteil ist die Berufung, § 511 ZPO.


    Ich hoffe, Deine Frage beantwortet zu haben.


    Rein vorsorglich wird darauf hingewiesen, dass es sich bei diesem Beitrag nicht um eine Rechtsberatung handelt.


    Freundliche Grüße
    Betroffener2015


  • Ablehnung Schlichterspruch.pdf

    Das Anrufen der Schlichtungsstelle hemmt ja die Verjährung.


    Weiß jemand, wie dabei die Zeiträume (Anfang und Ende) erfasst werden und ob die Verjährung auch gehemmt wird, wenn die Schlichter einen Schlichterspruch ablehnen, weil es z.B. noch keine höchstrichterlichen Entscheidung gibt?


    oder in so einem Fall:


    http://www.finanztip.de/commun…ung-schlichterspruch-pdf/


    berghaus 11.06.19

  • @berghaus,


    zu den aufgeworfenen Fragen liegen folgende Informationen vor:


    Es soll Schlichtungsordnungen geben die eine Hemmung und / oder Unterbrechung der Verjährungsfrist nicht vorsehen.


    Ob die Verjährungsfrist unterbrochen wird oder nicht, kann sich aus den erfahrungsgemäß unterschiedlichen Schlichtungsordnungen der jeweiligen Bausparkassen ergeben.


    Wenn die Verjährungsfrist unterbrochen wird, ist der Beginn der Unterbrechung wohl der fristgerechte Eingang des Schlichtungsantrags bei der Schlichtungsstelle.


    Ungeachtet dessen muss der Anleger, der eine Gütestelle anruft, alles in seiner Macht stehende tun, um das Verfahren zu fördern. Er muss also alle Unterlagen einreichen, die für die Beurteilung seines Anliegens notwendig sind und auch auf entsprechende Nachfragen der Gütestelle zeitnah reagieren. Wenn jedoch Schlichtungsverfahren unabsehbar lange dauert, weil dort die personellen und sachlichen Kapazitäten der Vielzahl von Anträgen nicht gewachsen sind, darf das - zumindest meines Erachtens - nicht zum Nachteil des Antragstellers – also in der Konsequenz zur Verjährung seines Anspruchs – führen. Auch die Tatsache, dass der Anleger eventuell von der Überlastung und der damit verbundenen Zeitverzögerung weiß, ändert nichts an dieser Wertung. Der Antragsteller hat alles getan, um die Durchführung der Schlichtung zu ermöglichen.


    Die Hemmung der Verjährung endet deshalb gem. § 204 Abs. 2 S. 1 BGB frühestens sechs Monate nach der Einstellung des Güteverfahrens (so auch : BGH XI ZR 230/08 Urteil vom 22.09.2009). Dies dürfte auch für die Fälle gelten, in denen es eine Schlichtungsordnung gibt die eine Hemmung und / oder Unterbrechung der Verjährungsfrist vorsehen und die Schlichter einen Schlichterspruch ablehnen, weil es z.B. noch keine höchstrichterliche Entscheidung gibt.


    Im Falle der LBS beginnt die Einstellungsfrist mit dem Datum des Schreibens der Schlichtungsstelle. Diesem ist zu entnehmen:


    "Sollten Sie trotz dieser Ausführungen des Schlichters eine förmliche Schlichtungsentscheidung durch ihn wünschen, teilen Sie uns dies bitte innerhalb von zwei Wochen mit. Andernfalls betrachten wir das Schlichtungsverfahren für beendet."


    Wenn also auf das Schreiben der Schlichtungsstelle hin keine förmliche Schlichtungsentscheidung gewünscht wird, stellt die Schlichtungsstelle das Schlichtungsverfahren ( mit ihrem Schreiben ) ein. Die Hemmung der Verjährung endet dann gem. § 204 Abs. 2 S. 1 BGB frühestens sechs Monate nach der Einstellung des Güteverfahrens bzw. Schlichtungsverfahrens (so auch : BGH XI ZR 230/08 Urteil vom 22.09.2009).


    Im Übrigen habe ich von der Schlichtungsstelle der LBS genau das gleiche Schreiben bekommen und wegen offensichtlicher Sinnlosigkeit auf eine förmliche Schlichtungsentscheidung verzichtet. Stattdessen wurde meinerseits gleich Klage erhoben. In dem Verfahren ist die Beklagte in die Säumnis geflüchtet, d.h., es ist gegen sie ein Versäumnisurteil ergangen.


    Diese Information ersetzt keine anwaltliche Beratung.


    Die Beiziehung eines in Bank und Kapitalmarktrecht erfahrenen Anwalts scheint in jedem Fall hilfreich.


    Freundliche Grüße
    Betroffener2015