Tausende Euro sparen durch fehlerhafte Widerrufsbelehrung

  • Dennoch sehe ich auch das von DHB beschriebene Problem, dass finanztip.de die Rechtslage beim sog. Widerrufsjoker tendenziell stark für Verbraucher beschönigt darstellt und sehr auf Chancen aber wenig auf Risiken hinweist und hingewiesen hat.


    Damit befindet sich finanztip.de freilich in "guter Gesellschaft", denn test.de und die Verbraucherzentralen machen es nicht besser. In den Verbraucherportalen werden z. B. fast nur verbraucherfreundliche Gerichtsentscheidungen erwähnt, obwohl es auch eine Vielzahl gegenteiliger Entscheidungen gibt., die ein Verbraucher mit in seine Abwägung einbeziehen sollte, ob er den Klageweg beschreiten will.


    Es gibt leider soweit ersichtlich im ganzen Netz keine frei zugänglichen Seiten, auf denen sich ein Verbraucher neutral und objektiv zum Widerrufsrecht bei Immobilienkrediten informieren kann, wenn er nicht selbst mit hohem Zeitaufwand die Entscheidungsdatenbanken der Gerichte auswerten will. Einigermaßen neutral gehaltene wissenschaftliche Aufsätze von Richtern und Universitätsprofessoren finden sich nur in einschlägigen Fachzeitschriften.


    Die Internetauftritte der Verbraucheranwälte stellen wenig überraschend zwecks gebührenträchtiger Mandantenaquiese die Erfolgsaussichten von Widerrufsprozessen wider besseren Wissens sehr einseitig zugunsten der Verbraucher dar und veröffentlichen wenig überraschend nur Entscheidungen zu (überwiegend) gewonnenen Prozessen.


    Die Bankanwälte haben andererseits tendenziell wenig Interesse, eigene Erfolge öffentlich herauszustellen, denn sie gewinnen neue Banken als Mandanten nicht durch "marktschreierische" Internetpräsentationen. Und aus deren Gebühreninteresse soll natürlich kein Verbraucher durch Kenntnis einer anspruchsfeindlichen Rechtsprechung der für ihn zuständigen Instanzgerichte von der Erhebung einer wenig aussichtsreichen Klage abgehalten werden.


    Darüber, warum Verbraucherportale wie finanztip.de und test.de nicht objektiv, sondern stark tendenziös über die Rechtslage informieren, kann ich nur mutmaßen. Einerseits besteht bei den Redakteuren sicher eine verbraucherfreundliche Grundüberzeugung, die sich dann in ihren Beiträgen widerspiegelt. Andererseits ist man wohl der Meinung, dass Verbraucher vor allem dasjenige lesen wollen, was ihre eigene Meinung bestärkt. So habe ich die Erfahrung gemacht, dass auf test.de neutral gehaltene Hinweise auf für Verbraucher negative Entscheidung als "nicht hilfreich" bewertet wurden. Solange die Redakteure von Verbraucherportalen daher den Eindruck haben, ihre Leser wollten überwiegend nicht die ganze Wahrheit kennen, sondern nur den ihnen genehmen Teil, wird sich an der Berichterstattung wohl nichts ändern ...

  • Hallo und guten Abend liebe Community,
    im Mai 2000 habe ich einen Darlehensvertrag für Immobilien für eine Dauer von 10 Jahren abgeschlossen. Diesem Vertrag lag keine Widerrufsbelehrung bei. Im Jahr 2010 war somit eine Anschlussfinanzierung notwendig. Meine Hausbank (HypoVereinsbank) machte mir auch ein Angebot, aber weil die Konditionen nicht meinen Vorstellungen entsprachen, habe ich das Angebot nicht angenommen. Über einen Finanzberater habe ich dann im Juni 2010 eine Anschlussfinanzierung mit besseren Konditionen und einer erhöhten Tilgung durchgeführt.
    Zufällig war es wieder meine Hausbank, bei der ich nun mit Hilfe des Finanzberaters bessere Konditionen bekam.
    Allerdings hat die Hausbank die Anschlussfinanzierung "Konditionsanpassung" genannt. (Heute weiß ich, dass es sich dabei evtl. um eine unechte Finanzierung handelt) Ich habe die Unterlagen auf dem Postwege erhalten unterschrieben und wieder zurück geschickt.
    Auch diesem Vertrag lag keine Widerrufsbelehrung bei.
    Bei weiteren Recherchen im Internet habe ich erfahren, dass mein erster Darlehensvertrag wegen einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung (darunter fällt ja auch, dass ich gar keine erhalten habe) wahrscheinlich nicht anfechtbar bzw. ein Widerruf nicht möglich ist. (Weil im Jahr 2000)
    Aber die sog. unechte Anschlussfinanzierung, die ja eigentlich ein neuer Vertrag hätte sein müssen, wegen der Erhöhung der Tilgung (auf Grund der niedrigeren Zinsen bei geringeren Raten) sollte meiner Meinung nach anfechtbar sein. Und weil ich den nicht bei der Bank sondern auf dem Postweg erhalten und unterschrieben zurückgeschickt habe. (Fernabsatzgesetz)
    Den Darlehensvertrag habe ich vor dem 21.06.2016 widerrufen, die wiederum von der Bank abgewiesen wurde. Was könnte ich jetzt machen?
    Vielen Dank schon mal für die Antworten

  • Schwierig. Meiner Ansicht nach kannst Du da nur was machen, wenn Du rechtsschutzversichert bist. Ansonsten ist das Kostenrisiko zu hoch - siehe unten).


    Begründung:


    - Kredit 1 wurde zu einer Zeit abgeschlossen, als es noch kein Widerrufsrecht gab, daher nicht anfechtbar.


    - Anschlussfinanzierung gilt normalerweise nicht als eigenes Darlehen, daher müsste das Ursprungsdarlehen angreifbar sein, was aber nicht der Fall ist.


    Ja, es gibt auch die Ansicht, dass Anschlussfinanzierungen widerrufbar sind, wenn sie im Fernabsatz geschlossen wurden. Allerdings gibt es dazu noch keine gefestigte Rechtsprechung, so dass ein Vorgehen wirklich nur mit Rechtsschutz zu empfehlen ist.

  • Hallo h&a2016,


    wenn die Prolongation im Fernabsatz geschlossen wurde, bestehen tatsächlich Chancen. Das haben wir auch schon mal erfolgreich gegen die PSD Bank gerichtlich durchgesetzt.
    Sie könnten es noch einmal mit Hilfe eines Rechtsanwaltes außergerichltich versuchen. Oft klappt das eher, weil dann die rechtlichen Argumente vorgetragen werden und mehr Druck ausgeübt wird.
    Viel Erfolg und viele Grüße
    Dr. Birte Eckardt

  • Vielen Dank für die Antwort.


    Bevor wir, d.h. mein Bruder als Miteigentümer und ich den Darlehensvertrag bei der Bank widerrufen haben, hatte ich bei der ÖRAG eine Privatrechtschutzversicherung abgeschlossen, die z. Zt. noch aktiv ist.


    Könnte es problematisch sein, wenn die Immobilie bis 02/2019 vermietet ist?
    Wenn ja, wie lange könnte ich evtl. erneut widerrufen wenn die derzeitige Finanzierung bis 05/2010 läuft?
    Denn so weit ich weiß beträgt die Verjährungsfrist drei Jahre ab Widerrufsdatum.


    VG

  • Vielen Dank für die Antwort.


    Bevor wir, d.h. mein Bruder als Miteigentümer und ich den Darlehensvertrag bei der Bank widerrufen haben, hatte ich bei der ÖRAG eine Privatrechtschutzversicherung abgeschlossen, die z. Zt. noch aktiv ist.


    Könnte es problematisch sein, wenn die Immobilie bis 02/2019 vermietet ist?
    Wenn ja, wie lange könnte ich evtl. erneut widerrufen wenn die derzeitige Finanzierung bis 05/2010 läuft?
    Denn so weit ich weiß beträgt die Verjährungsfrist drei Jahre ab Widerrufsdatum.


    VG

  • Vielen Dank für die Antwort.


    Bevor wir, d.h. mein Bruder als Miteigentümer und ich den Darlehensvertrag bei der Bank widerrufen haben, hatte ich bei der ÖRAG eine Privatrechtschutzversicherung abgeschlossen, die z. Zt. noch aktiv ist.


    Könnte es problematisch sein, wenn die Immobilie bis 02/2019 vermietet ist?
    Wenn ja, wie lange könnte ich evtl. erneut widerrufen wenn die derzeitige Finanzierung bis 05/2010 läuft?
    Denn so weit ich weiß beträgt die Verjährungsfrist drei Jahre ab Widerrufsdatum.


    VG

  • Vielen Dank für die Antwort.


    Bevor wir, d.h. mein Bruder als Miteigentümer und ich den Darlehensvertrag bei der Bank widerrufen haben, hatte ich bei der ÖRAG eine Privatrechtschutzversicherung abgeschlossen, die z. Zt. noch aktiv ist.


    Könnte es problematisch sein, wenn die Immobilie bis 02/2019 vermietet ist?
    Wenn ja, wie lange könnte ich evtl. erneut widerrufen wenn die derzeitige Finanzierung bis 05/2010 läuft?
    Denn so weit ich weiß beträgt die Verjährungsfrist drei Jahre ab Widerrufsdatum.


    VG

  • Hinsichtlich der RSV kommt es darauf an, ob das Risiko in Ihrem RSV-Vertrag versichert ist. Neuere Rechtsschutzversicherungen schließen das Immobilien-Risiko oftmals aus. Das müssen Sie prüfen, genauso ob damals eine Wartefrist existierte. Wenn die Immobilie vermietet ist, kann das ein weiteres Problem darstellen. Das hängt von Ihrer konkreten Ausgestaltung des Restschuldversicherungsvertrages ab. Wenn Sie widerrufen haben, gilt der Widerruf und Sie müssen Ihre daraus resultierenden Ansprüche innerhalb der Regelverjährungsfrist des § 195 geltend machen.
    Viele Grüße

  • Hinsichtlich der RSV kommt es darauf an, ob das Risiko in Ihrem RSV-Vertrag versichert ist. Neuere Rechtsschutzversicherungen schließen das Immobilien-Risiko oftmals aus. Das müssen Sie prüfen, genauso ob damals eine Wartefrist existierte. Wenn die Immobilie vermietet ist, kann das ein weiteres Problem darstellen. Das hängt von Ihrer konkreten Ausgestaltung des Restschuldversicherungsvertrages ab. Wenn Sie widerrufen haben, gilt der Widerruf und Sie müssen Ihre daraus resultierenden Ansprüche innerhalb der Regelverjährungsfrist des § 195 geltend machen.
    Viele Grüße

  • Hinsichtlich der RSV kommt es darauf an, ob das Risiko in Ihrem RSV-Vertrag versichert ist. Neuere Rechtsschutzversicherungen schließen das Immobilien-Risiko oftmals aus. Das müssen Sie prüfen, genauso ob damals eine Wartefrist existierte. Wenn die Immobilie vermietet ist, kann das ein weiteres Problem darstellen. Das hängt von Ihrer konkreten Ausgestaltung des Restschuldversicherungsvertrages ab. Wenn Sie widerrufen haben, gilt der Widerruf und Sie müssen Ihre daraus resultierenden Ansprüche innerhalb der Regelverjährungsfrist des § 195 geltend machen.
    Viele Grüße

    Vielen Dank für Ihre Antwort, Frau Dr. Eckardt.


    Wann würde die Regelverjährungsfrist ablaufen, wenn am 20.06.2016 der Darlehensvertrag widerrufen wurde und muss bis zum Ablauf dieser Frist die Angelegenheit abgeschlossen sein oder kann man zum Ablauf der Frist klagen usw. ?


    Viele Grüße

  • Klage müsste in diesem Fall bis Ende 2019 eingereicht werden. Allerdings sollte man bei diesem Thema nicht länger warten als nötig. Die Praxis zeigt, dass viele Klagen mit Vergleichen zwischen Verbrauchern und Banken enden, die nicht rückwirkend gelten, sondern nur für die noch offene Zinsbindungsfrist.


    Je länger man also wartet, desto geringer wird der wirtschaftliche Vorteil, der sich aus einem Widerruf ergibt, siehe dazu auch hier.

  • Klage müsste in diesem Fall bis Ende 2019 eingereicht werden. Allerdings sollte man bei diesem Thema nicht länger warten als nötig. Die Praxis zeigt, dass viele Klagen mit Vergleichen zwischen Verbrauchern und Banken enden, die nicht rückwirkend gelten, sondern nur für die noch offene Zinsbindungsfrist.


    Je länger man also wartet, desto geringer wird der wirtschaftliche Vorteil, der sich aus einem Widerruf ergibt, siehe dazu auch hier.

    Das Problem ist, dass die Immobilie bis 03/2019 vermietet ist.
    Die Finanzierung geht bis 06/2020.


    VG

  • Klage bis Ende 2019 ist aus verjährungsrechtlicher Sicht richtig. Allerdings müssen Sie Ihre Zahlungen unbedingt unter Vorbehalt erklären. Ich würde auch nicht so lange abwarten, zumal Sie bis zur Ablösung ja spätestens eine Lösung erzielt haben sollten.
    Viele Grüße und viel Erfolg!