Immobilien als Altersvorsorge

  • In den letzten Monaten verfolge ich das z.B. die Deutsche Leibrenten verstärkt Werbung für ihr Produkt „Leibrente“ macht.
    Dies verwundert mich nicht. Was mich aber verwundert ist die Tatsache das dieses Thema ansonsten scheinbar kein großes Interesse in der Finanzwelt spielt. Zumindest hat mein Bankberater auf meine diesbezügliche Frage mit Unwissen reagiert.



    Von meiner persönlichen Situation ausgehend kann ich mir vorstellen, dass sich noch viele weitere Menschen meiner Generation und insbesondere der folgenden Generationen mit diesem Thema beschäftigen.



    Wenn es um Geldanlage ging wurde ich, wie alle anderen Menschen, zeitlebens „infiltriert“ das es das absolute Ziel sein muß im Alter ein Immobilie zu besitzen, damit man mietfrei leben kann. So habe auch ich mit Bausparverträgen, Hypotheken usw. eine Immobilie erworben. Natürlich wohne ich gern in ihr und möchte sie nicht missen.
    Nun kommen wir aber zum Kern der Sache. Für viele, sicherlich noch die Mehrheit, ist es klar das ihre Nachkommen einmal die Immobilie erben werden und damit auch eine solide Grundlage für ihre eigene Zukunft haben.
    Wenn man nun wie ich keine Nachkommen hat taucht plötzlich die Frage auf; „für wen?“. Eigentlich wäre es besser das Leben noch in vollen Zügen genießen zu können. Aber neben dem Problem, dass das Geld „festbetoniert“ in der Immobilie steckt, kommt noch hinzu das man zusätzlich noch mit größeren Instandhaltungen rechnen muß, die dann auch noch die vielleicht nicht gerade üppige Rente reduzieren.



    Was sind also die Möglichkeiten sich das Leben finanziell wieder ein wenig flexibler zu gestalten?
    So weit mir bekannt sind da die folgenden Möglichkeiten.
    1. Haus verkaufen, zur Miete wohnen, den Erlös teilweise gut anlegen und mit dem Rest ein gutes Leben gestalten. Da man aber seinen Wohnsitz, speziell im Alter, nicht mehr gern wechselt kommt das meist nicht in Frage.
    2. Leibrente, weiter im eigenen Haus wohnen und noch eine kleine Zusatzrente bekommen. Das kommt aber nur in Frage, wenn man bereits die 70 gut überschritten hat und dann ist es finanziell eigentlich nicht sehr lukrative, ausser für den Leibrentengeber.



    Mögliche Alternative, Hypothek aufnehmen und die Immobilie zum Zeitpunkt der Pflegebedürftigkeit verkaufen und damit die Hypothek ablösen. Da machen die meisten Banken nicht mit, denn ab einem gewissen Alter bekommt man keine Hypothek mehr.
    Obwohl dies für die Banken eigentlich eine interessante Sache ohne große Risiken sein müßte.



    Es gibt sicherlich noch einiges zu dem Thema zu ergänzen, möglicherweise ein interessantes Thema für die Zukunft?
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  • Hallo.


    Das Thema "Immobilie als Altersvorsorge" ist hochgradig emotional aufgeladen und von Glaubenssätzen durchwoben.


    Wenn ich einmal meine Situation nehme (für mich durchaus repräsentativ), dann stelle ich fest, dass ich mich vor zwei Jahren das erste Mal ernsthaft verschuldet habe, als ich meine derzeitige Immobilie gekauft habe. Das Haus ist nach Plan in 18 Jahren abbezahlt und wird noch 50 Jahre und länger stehen können.
    Für meine jetzige Situation (meine Frau und ich unter 40, die Kinder noch nicht schulpflichtig) ist das Haus passend, aber in 30 und mehr Jahren wird die Wohnfläche wahrscheinlich nicht mehr zu unseren Bedürfnissen passen. Dass eines der Kinder dann das Haus übernehmen will, ist auch nicht gesagt.


    Somit ist für mich klar, dass das Haus kein Investment oder gar eine Art der Vorsorge ist, sondern ein (ungemein kostspieliges) Lifestyle-Accessoire darstellt.


    Auch ohne Kinder wäre es in den meisten Fällen so, dass man ein Haus in seinen 20ern, 30ern oder 40ern erwirbt und dabei nicht zwingend die Wohnbedürfnisse seiner 70er, 80er und 90er mit auf dem Schirm hat.


    Allein aus dem Grund, habe ich Zweifel an diesem Allgemeingültigkeitsanspruch der Immobilie als Altersvorsorge.

  • Das Abzahlen einer Immobilie stellt ja tatsächlich erst einmal eine Verbindlichkeit dar, und zwar eine nicht gerade kleine... Und Verbindlichkeiten sind auch immer mit "Unfreiheit" bzw. Abhängigkeit verbunden.


    Mir gefällt da eher der Ansatz, dass eine Immobilie wirklich gekauft wird, um erst einmal mit Mieteinnahmen Einkünfte zu erzielen und später dann einen dicken Gewinn beim Verkauf zu einem höheren Wert. Dann ist die Immobilie nämlich vielmehr ein Vermögenswert denn eine Verbindlichkeit.


    Allerdings bin ich halt selbst auch viel unterwegs und nicht gerade sesshaft. (momentan Philippinen)

    Sei in deinem Tun ein Gott!

  • Wenn es um Geldanlage ging wurde ich, wie alle anderen Menschen, zeitlebens „infiltriert“ das es das absolute Ziel sein muß im Alter ein Immobilie zu besitzen, damit man mietfrei leben kann.


    Diese Infiltration halte ich für eine der größten Irreführungen im Bereich Vermögensbildung. Die liegt in etwa auf der gleichen Linie wie das Dogma, dass die Aktienquote im Portfolio eines Anlegers in Prozent der Zahl 100 minus Lebensalter entsprechen soll. Also soll ein 70-Jähriger nur noch 30 % Aktienquote in seinem Vermögen haben.


    Alles Quatsch.


    Die einseitige Indoktrination in Richtung "im Alter mietfrei wohnen", wird gezielt von der Bauindustrie im Verein mit den Bauträgerfirmen, den Bausparkassen und den Banken, die im Immobilienfinanzierungsgeschäft tätig sind, verbreitet.
    Die Interessenlage ist eindeutig.


    Und eines stimmt leider auch: Immobilieneigentümer sind im Alter wohlhabender als Mieter.
    Dieses Ergebnis hängt allerdings damit zusammen, dass für den Erwerb einer Immobilie ein gewisses Einkommen Voraussetzung ist. Wer im unteren Lohnbereich arbeitet, hat von vornherein keine Chance eine Immobilie zu erwerben.


    Denjenigen, die eine Immobilie finanzieren können, kommt der "Zwangsspareffekt" bei der Vermögensbildung zugute. Damit meine ich, dass jeder Immobilienkäufer weiß, dass der Kapitaldienst seiner Finanzierung unter allen Umständen zu leisten ist. Sonst droht Zwangsversteigerung und Verlust des "Dachs überm Kopf".


    Derjenige, der sein Geld in Aktien anlegt, macht in den meisten Fällen nachweislich eine deutlich bessere Vermögensentwicklung als sein Nachbar, der Häuslebauer. Jedoch ist dazu eine bestimmte mentale Disposition unabdingbar.
    Wer mehrere hundertausend Euro oder mehr an der Börse investiert hat, muss der Versuchung zum konsumtiven Ausgaben widerstehen. Das erfordert Nüchternheit und Disziplin. Wer die nicht hat, wird mal eben hier einen Neuwagen kaufen und dort eine schöne Luxusreise machen oder sonstige Ausgaben für schöne Dinge tätigen. Das Angebot ist überreichlich für den, der verfügbares Geld hat. Und Aktien können halt mit einem Mausklick in Sekundenbruchteilen verkauft werden und einen Tag später ist das Geld in bar auf dem Konto. Das geht bei einer Immobilie nicht.


    Was Sie jetzt machen können, haben Sie selbst bereits analysiert: Verkauf gegen Bargeld oder gegen Leibrente.
    Mehr Alternativen gibt es nicht. Treffen Sie die für Sie richtige Entscheidung.


    Insbesondere da Sie keine Kinder haben, spricht viel für den Verkauf gegen Bargeld und der Umzug in eine Mietwohnung. Spätestens Ihre Erben - wer immer das sein wird - werden Ihr Häuschen ohne mit der Wimper zu zucken verkaufen.


    Niemand wird Ihnen dafür dankbar sein, dass Sie sich für das eigene Haus "krumm gelegt" haben und im Alter auf Komfort verzichtet haben, den Sie sich eigentlich leisten könnten, wenn Sie Ihr Vermögen in einem gut diversifizierten Aktienportfolio angelegt hätten.

  • Also ich kann mir das für mich sehr gut vorstellen und bin froh dass das Thema auch endlich in Deutschland Fahrt aufnimmt - auch wenn es bei mir noch seeehr lang hin wäre und das Eigentum auch noch (!) fehlt.


    Ggf. gäbe es auch noch die Option (falls das Gefälle in Deutschland so bestehen beibt und man sich verändern möchte) das Haus zu verkaufen, in einem günstigeren Teil des Deutschlands zur Hälfte des Preises ein ähnliches oder anderes Objekt zu erwerben und mit dem Erlös dann eine Zusatzrente zu haben ;)

  • Also wir haben unsere Immobilie noch nicht verrentet aber haben es vor. Ich suche gerade das ganze Internet durch nach Tipps und habe hier einen Artikel gefunden. Aber es ist nur so dass der Verkauf der ganzen Immobilie mit Nießbrauchrecht den Wert stark schmälert da wir "erst" 65 sind.


    Ausserdem ist unser Haus nicht in Hamburg, München oder Berlin und damit auch nicht soviel Wert.


    Ein Immobilien Leibrente hilft uns auch nicht, da meine Frau zu wenig Rente bekommt so wie ich auch (40 Jahre selbstständig). Also bleibt eigentlich nur der Teilverkauf als Immobilienverrentung. Die Immobilien-Leibreinte ist zu gering (600 Euro pro Monat).


    Aber ich habe einen Ratgeber für das Thema gefunden der alle Themen behandelt. Das war uns insofern eine Hilfe als das wir den Schrecken vom Verkauf mit Rückmietung verloren haben. Man kann einen Mietvertrag mit dem Käufer abschliessen der eine ordentliche Kündigung ausschliesst. So kriegen wir mehr Geld für das Haus als wenn wir das Haus mit einem Niessbrauchrecht belasten.


    Hoffe es hilft.


    Viele Grüße
    Gerd55

  • Wir haben im Juni auch gewagt, gegen den Mainstream zu schwimmen und haben unser Haus verkauft. Für uns gefühlt die beste Entscheidung!
    Im vergangenen Dezember ist unser väterlicher Freund verstorben, nun sitzt seine Frau (beide in den Siebzigern) mit großem Haus und noch größerem Grundstück da. Die Instandhaltung fällt ihr sehr schwer. Bei meinem Mann und mir fing das Denken an. Heiligabend fiel die Entscheidung: wir verkaufen. Makler gesucht und beauftragt, sehr schnell Käufer gefunden, im Juni Übergabe.
    Wir haben ein schönes Mietobjekt gefunden, fühlen uns sehr wohl, haben eine erheblich geringere finanzielle Belastung, eine erheblich höhere Sparquote und fühlen uns viel freier und unbeschwerter. Viele Freunde waren entsetzt von unserem Tun. Es fiel der Satz „aber ihr MÜSST doch Eigentum haben! Nichts geht über ein eigenes Haus und die eigene Scholle!“
    Für uns (Endvierziger, Kinderlos, keine anderweitigen Erben) ist es die beste Entscheidung gewesen. So sind wir frei in der Entscheidung, wo und wie wir unseren Unruhestand verbringen wollen.
    Finanzielle Nachteile konnten wir noch nicht feststellen. Der Makler sagte uns, dass er vermehrt Kunden hat, die aus den Beweggründen verkaufen wie wir.
    Wir würden es immer wieder tun

  • Hallo,


    es freut mich, dass Sie sich mit Ihrer Entscheidung immer noch wohl fühlen. Ganz sicherlich sollte die jeweilige Lebenssituation Ausgangspunk aller Überlegungen sein. Um allerdings Ihre Meinung für andere Leser, die über das Thema nachdenken, etwas zu systematisieren, möchte ich doch ein paar kritische Anmerkungen machen:


    Sie vermengen zwei Themenkomplexe, wohnen im Einfamilienhaus (mit großem Grundstück) oder in einer Wohnung und in Eigentum oder zur Miete? Sicherlich kann im höheren Alter ein großes Einfamilienhaus eine Last sein, aber für eine Familie mit kleineren Kindern sehr erstrebenswert, nicht nur beim nächsten Lockdown.


    Hier interessanter ist die Frage Miete oder Eigentum. Miete hat Vorteile, z.B. Flexibilität, wie bei Ihnen geringere monatliche Belastung (gegenüber einer ggf. bis an die Grenze ausgelasteten Kreditbelastung), aber auch Nachteile, z.B. Unsicherheit der Wohnung, ggf. stark steigende Miete. Die Frage muss jeder selbst beantworten. Als besonders interessant finde ich Ihre Ausführungen zur Vererbung. Wer keine Verwandten hat, dem er sein Erbe gönnt, ist sicherlich gut beraten, es zu verleben. Wenn ich allerdings etwas vererben möchte, liegt meine Priorität eindeutig bei Sachwerten, eben auch Grundstücken. Geld kann von heute auf morgen weg sein.


    Randbemerkung: Auf Makleraussagen würde ich nicht so viel geben.


    Gruß Pumphut

  • @Pumphut
    Ich stimme voll und ganz zu, dass stets die individuelle Lebenssituation zu betrachten und zu bewerten ist. Nichts anderes habe ich dargestellt. Ich wollte unser Handeln nicht als den Königsweg darstellen. Eine Familie mit Kindern befindet sich in einer anderen Lebensphase mit ganz anderen Gedanken und Entscheidungen als ein Paar, wo die Kindern flügge sind und das sich auf den Unruhestand vorbereitet.


    Es ist korrekt, dass hier die beiden von Ihnen genannten Themenkomplexe zu betrachten sind. Ich habe sie verknüpft, weil dies in unseren Überlegungen so war. Ein anderer betrachtet andere Themen in den unterschiedlichsten Varianten. So verhält es sich auch mit dem Thema "Vererben". Offen gestanden hat es uns widerstrebt, eine lange Zeit ein Haus abzubezahlen und es dann mangels Erben an den Staat fallen zu lassen.


    Ich habe unsere Entscheidung hier einmal beigesteuert, weil weniger Meinungen zu unserer Entscheidung als Meinungen zum Thema "Immobilie halten" zu finden sind. Zu einer Meinungsbildung ist es heute Gang und Gäbe, das Internet zu durchforsten. Zu einer (guten) Meinungsbildung gehören aber auch verschiedenste Informationen. Am Anfang waren wir schon verunsichert, weil viele Informationen im Internet und auch viele Gespräche eher in Richtung "Immobilie halten" gingen. Nicht, weil ein Verkauf die schlechtere Variante gewesen wäre, sondern einfach, weil es unüblich ist, sein Haus "einfach so" zu verkaufen. Es waren wenig Erfahrungsberichte von Immobilienverkäufern, die ähnlich uns gehandelt haben, zu finden.


    Ein Haus mit Garten ist für eine Familie mit Kindern sicher erstrebens- und wünschenswert. Gerade in Coronazeiten ist dies ein Segen. Da stimme ich Ihnen absolut zu. Aber die Situation war nicht unsere Ausgangslage. Und nur die konnten wir betrachten und bewerten.


    Zu Ihrer Randbemerkung: diesem Makler vertraue ich - es ist ein Verwandter (älter als wir, daher als Erbe unwahrscheinlich). Warum er nicht unser Haus verkauft hat? Er wohnt zu weit weg (600 KM) und es hätte für einen Hauskäufer ein G´schmäckle gehabt. Würden Sie annehmen, einen guten Preis zu zahlen und überhaupt fair behandelt zu werden, wenn Sie wüssten, dass der Makler ein Verwandter des Verkäufers ist? Ich wäre ins Nachdenken gekommen...


    Viele Grüße
    Alabama