Fondsgebundene Rentenversicherung kündigen oder besser behalten?

  • Hallo zusammen,


    ich habe Mitte 2003 eine fondsgebundene (dynamische) Rentenversicherung beim Deutschen Ring (heute Basler) abgeschlossen. Der Rückkaufwert entspricht jetzt, nach etwas mehr als 17 Jahren Laufzeit, ziemlich genau der eingezahlten Beiträge - ca. 10k€. Die Kursentwicklung der Fonds sieht eigentlich ziemlich gut aus aber offensichtlich waren die Kosten damals ziemlich hoch. Ich könnte das Geld jetzt ganz gut für eine Immobilienfinanzierung brauchen und überlege daher die Versicherung zu verkaufen. Gute Idee oder doch besser behalten?


    Besten Dank und viele Grüße

  • Hallo.


    Wenn man das Geld sinnvoll einsetzen kann, dann wäre der Rückkauf grundsätzlich eine Option. Andererseits bedeutet die verspätete Rückgewährung der Beiträge einen Verlust durch die Inflation. (Den Versicherungsschutz in der Vergangenheit müsste man noch gegenrechnen.)


    Es ist auch die Frage, wie sehr die 10.000 Euro die Baufinanzierung beeinflussen. Je stärker die Auswirkung, desto eher sollte man die Rentenversicherung abwickeln.


    Ggf. bietet sich dort fachkundige und umfassende Beratung an.

  • Ein Widerruf ist bei einer Versicherung von 2003 mit einer hohen Wahrscheinlichkeit möglich, da fast alle Versicherer bei den Widerrufsbelehrungen Fehler gemacht haben, die dazu führen, dass man "ewig" widerrufen kann ("Widerrufsjoker"). Ich habe das bei mir auch schon positiv prüfen lassen und Freunde haben das in mehreren Fällen durchgezogen und in anderen auch bleiben gelassen.


    Ob der Widerruf wirklich die beste Wahl ist hängt leider stark vom Einzelfall ab: Die Prüfung auf Angreifbarkeit bekommst Du als Laie nicht hin. Das kannst kostenpflichtig Du z.B. über die Verbraucherzentrale klären. Wenn Du dann den Widerruf ausgesprochen hast, kann es sein dass der eine Woche später akzeptiert wird und Du gleichzeitig eine Überweisung bekommst, die deutlich höher ist als Du erwartet hättest. Dann war die Versicherung wohl froh so billig aus dem Vertrag herausgekommen zu sein. Es kann aber auch sein, dass die Versicherung die Meinung vertritt, die Belehrung wäre total in Ordnung und den Widerspruch ablehnt. Oder den Widerspruch akzeptiert und Dir aus Deiner Sicht zu wenig auszahlt Spätestens dann brauchst Du einen Anwalt und die Geschichte zieht sich. Es entstehen Kosten, die Du selbst bei einer gewonnenen Klage nicht komplett wiederbekommst. Noch ein Pferdefuß, der selten erwähnt wird: Während die Auszahlung der Lebensversicherung aus dem Jahr steuerfrei wäre, sind die Gewinne beim Widerruf zu versteuern.


    Und noch eine Sache: Finde erstmal die Fachleute, die sich wirklich auskennen. Die Liste hier bei Finanztip ist keine Empfehlung der Redaktion sondern basiert auf Angaben, die die Kanzleien selbst gemacht haben. Wenn die z.B. schreiben, dass sie schon 20 Vergleiche abgeschlossen haben wird das wohl stimmen, aber ob das wirklich jeweils ein guter Deal für ihren Kunden gewesen ist steht da nicht. Und die Fachleute haben gerade richtig gut zu tun, weil durch Corona erhöhter Liquiditätsbedarf und viel mehr Leute als sonst sich mit diesem Thema beschäftigen.


    Mein Fazit aus gut geprüften 20 Versicherungen: Der Aufwand für den Widerspruch lohnt sich am ehesten bei großen Policen, bei denen der Rückkaufswert immer noch deutlich unter den Einzahlungen liegt. Und das für Leute, die das Geld nicht sofort brauchen und eine Rechtsschutzversicherung haben, die solche Fälle abdeckt (eher ältere Verträge). Sonst wird es wohl die Kündigung werden.


    Einen letzten Punkt: Rein theoretisch könnte es sein, dass Deine Versicherung zwar hohe Abschlusskosten hatte und die Geschichte danach nicht so gut lief weil falsche - teure aktive - Fonds gekauft wurden. Aber wenn die Verwaltungskosten heute niedrig sind und Du die Fonds gegen billigere und bessere Indexfonds tauschen kannst könnte man mal nachrechnen. Wegen der Steuerfreiheit der dann hoffentlich entstehenden Gewinne könnte es sich unter Umständen dann sogar lohnen die Versicherung zu behalten. Wie gesagt: theoretisch - könnte - unter Umständen. Wahrscheinlich fährst Du mit dem Geld als zusätzliches Eigenkapital in der Baufinanzierung aber besser.


    Viele Grüße
    Guido