Berufseinstieg, Umzug und damit verbundene Kosten

  • Hallo zusammen,


    zunächst finde ich es toll, dass es ein Forum wie dieses gibt. Ich bin nicht sicher ob ich mir hier im richtigen Unterforum befinde, ansonsten gerne verschieben.


    Zu meiner Situation:


    Studium Ende letzten Jahres abgeschlossen, bis Mai noch als Werkstudent gearbeitet und anschließend leider aufgrund verschiedener Umstände den fließenden Übergang ins Arbeitsleben nicht gepackt. Hartz 4. Nun habe ich heute zum Glück meinen Vertrag für eine unbefristete Stelle ab November erhalten. Die Stadt ist ca. 100 km entfernt, was für mich gleichbedeutend mit einem Umzug ist. Ich habe aktuell keine Rücklagen, der Berufseinstieg ist jedoch logischerweise mit Kosten verbunden. Eine Wohnung würde mich monatlich in etwa 500 Euro kalt kosten, gefordert sind meist 2-3 Nettomonatsmieten als Kaution + die Miete für den ersten Monat. Das wären also bei angenommen drei Monatskaltmieten 2000 Euro + Neben- und Heizkosten (ca. 200 Euro). Dazu müsste ich ggf. noch eine (gebrauchte) Einbauküche inkl. E-Geräte mit einrechnen. Hier könnte ich über Kleinanzeigen Glück haben, ich rechne dennoch mit 500-1000 Euro. Zusätzlich müssen selbstverständlich GEZ, Internet etc. einberechnet werden. Ich versuche mich bei der aktuellen Wohnungssuche nah an der Arbeitsstelle zu orientieren, sodass ich wenigstens kein Auto finanzieren müsste und mein Fahrrad verwenden kann.


    Ich bin mir nicht sicher wie ich im Moment am besten vorgehen sollte. Eigentlich denke ich, dass in dem Fall kein Weg an einem Kredit vorbei führt. Ich denke hierbei an einen Kredit, um die erwähnten notwendigen Kosten decken zu können, in Höhe von ca. 3000-3500 Euro, am besten mit kostenloser Sondertilgung. Andererseits finde ich es sehr gefährlich, vor allem in der 6-monatigen Probezeit.


    Mein monatliches Nettoeinkommen wird 2200 Euro betragen. 600 Euro Kaution sollte ich voraussichtlich aus dem jetzigen Mietverhältnis zurück bekommen. 650 Euro bekomme ich Mitte nächsten Jahres aus der Auflösung einer Geschäftsbeteiligung.


    Ich habe bisher noch nie einen Kredit aufgenommen. Was würdet ihr an meiner Stelle machen? Den Gedanken an die eigene Wohnung vorerst verwerfen bis ich entsprechende Rücklagen habe und zunächst nach einer Berufstätigen-WG Ausschau halten? War jemand von euch in der gleichen Situation? Ich habe bis heute 5 Jahre in einer Studenten-WG gewohnt und habe mich eigentlich sehr darauf gefreut, zum Berufsstart nach der Arbeit meine Ruhe haben zu können, mich morgens nicht ums Bad streiten zu müssen usw.. Mein jetziger Mitbewohner ist in der gleichen Situation, hat jedoch ein neues Auto mit einberechnet und sich einen Kredit über 20.000 Euro aufgenommen, den er 6 Jahre lang über 300 Euro monatlich tilgt. Mir selbst wird unwohl bei dem Gedanken.


    Für eure Ratschläge und eigenen Erfahrungen bin ich euch sehr dankbar.


    Grüße

    cannonball

  • cannonball


    Willkommen.


    Sehr kluge Überlegungen, die die da anstellst.

    Vernünftig wäre die WG, möbliert zur Zwischenmiete. Wenn du aus der Probezeit raus bist und ein Polster aufgebaut hast, kannst du weiterziehen.


    Klar, du würdest einen Kredit über 20k kriegen. Aber die Konsumwünsche werden immer wieder aufflammen, nicht nur zum Start. Wenn du dem jetzt widerstehst, legst du den Grundstein für eine sehr solide Zukunft.

  • Ein Paar Lesetipps:

    https://www.arbeitnehmerkammer…fuer-den-berufsstart.html

    https://www.verbraucherzentrale-hessen.de/laura-zieht-aus

    und natürlich FAZ Loomann:
    https://www.faz.net/premiumContent?contentId=1.643196

    Die Vermögensfrage : Ein teurer Lernprozess



    Viele Berufseinsteiger geraten durch überhöhte Konsumausgaben und mangelhafte Risikovorsorge schnell in finanzielle Engpässe. Es ist eben cooler, sich mit Handy und Kreditkarte ein schönes Leben zu machen, anstatt ein Haushaltsbuch zu führen.


    • Volker Looman, Reutlingen
  • Wenn Du direkt von Harz 4 in die Berufstätigkeit wechselst, kannst Du das Jobcenter an den Kosten (zumindest) beteiligen:


    1. Hartz-4-Mobilitätshilfen sind Leistungen, die bei der Aufnahme einer neuen Beschäftigung notwendig werden.
    2. Dazu gehören Beihilfen für Ausrüstung, Reisekosten, Übergangskosten, Fahrtkosten, Trennungskosten und Umzugskosten.
    3. Die Leistungen müssen vor Arbeitsaufnahme bzw. vor Kostenentstehung beim Jobcenter beantragt werden.

    https://www.hartz4.org/mobilitaetshilfe/

  • Ich finde den Vorschlag von Chris mit der WG sehr gut, weil man da doch sehr flexibel bleibt ohne erhöhtes Risiko und hat dann auch noch Zeit sich in das Arbeitsleben und die Umgebung einzugewöhnen. Und man erhält sicherlich Tipps von den anderen WG-Bewohnern.


    Auch von Pantoffelheld der Beitrag finde ich top. Sowas wissen sicherlich die wenigsten und wenn, dann nur wenn es einem auch vom Jobcenter überhaupt erklärt wird.



    Zum Thema Mietkaution möchte ich beitragen, dass es auch sogenannte Kautionsbürgschaften bei vielen Banken und Versicherern gibt. So habe ich es bei meinem Berufsstart mit neuer Wohnung auch gemacht. Kostet bei 2000€ Kautionshöhe ~60€ p.a. bei mir.


    Glückwunsch zum neuen Job und viel Erfolg, cannonball !

  • cannonball


    Deine Überlegungen hören sich sehr reflektiert an.

    In einer ähnlichen Situation vor vielen Jahren habe ich mir das Geld, was ich für eine Kaution brauchte und nicht hatte, von einem Freund geliehen. Ich habe nach einer Rechtsberatung einen kurzen Darlehensvertrag aufgesetzt (siehe Anhang), somit war das auch schriftlich geregelt und eindeutig.

    Als es mir dann mit zunehmendem Alter selbst finanziell besser ging, habe ich das so auch immer mit meinen Kindern gehandhabt, wenn die mal Geld für ein Auto brauchten: zinsfreies Darlehen, mit Vertrag immer eine saubere Sache gegenüber Finanzamt oder gegenüber den anderen Geschwistern. Es gab nie Zoff wegen Geld.


    Vielleicht ist das ja eine bessere Alternative als eine Bank...;)DarlehensvertragMuster.pdf