Was soll ich mit dem Geld machen, dass ich womöglich in z.B. 10 Jahren brauche?

  • Hallo liebe Finanztip- Community,


    ich bin 21 und ab dem kommenden WS Student. Vor kurzem kam es zu einer Schenkung von 100.000 durch meinen Vater. Ich bin mir unsicher, wo ich das Geld parken soll. Da in meiner Fachrichtung eine kostspielige Uni nicht in Frage kommt, wird das Geld wahrscheinlich eher für ein Eigenheim gebraucht. In meinem Alter habe ich ziemlich wahrscheinlich noch Zeit bis ich vielleicht bauen werde, aber alles in etfs, oder Ähnliches an der Börse zu investieren empfinde ich als unvernünftig. Eine flexible Lebensversicherung ist für mich aber auch keine Lösung.

    Ich würde mich freuen, wenn ihr mir eure Meinung zu meiner Situation sagen könntet. Vielen Dank


    Lasse

  • Hallo Lasse,


    Jetzt bist du in die bedauerliche Lage geraten, so gut wie keine Sozialleistungen mehr beanspruchen zu können ?


    Was in ca. 10 Jahren sein wird, habe mal versucht zu recherchieren; aus bislang immer sehr zuverlässigen Quellen war zu erfahren, dass wir in 10 Jahren 2030 haben werden. Genaueres war leider nicht in Erfahrung zu bringen.


    Jetzt aber mal im Ernst... wenn du außer den 100k keine weiteren Reserven hast, würde ich mal 5 oder 6k „unters Kopfkissen“ packen (Tagesgeld oder Keksdose) und den Rest sinnig anlegen.


    Wirst du BAföG während der Studienzeit beziehen wollen? Hier wäre zu prüfen, inwiefern du überhaupt anspruchsberechtigt bist.

    Falls du während des Studiums voraussichtlich nicht „vom Eingemachten“ leben musst, wäre zu überlegen, dein Barvermögen in einen breit streuenden ETF zu investieren. Im Zeitraum von 44 Jahren, also bis etwa zu deinem Rentenalter (falls du dann nicht bis zum Ableben arbeiten müsstest), dürfte sich dein Fondsvermögen auf etwa 1,3 Mio vermehren und vermutlich eine Kaufkraft wie etwa 830.000 € haben. Nur mal so als Idee. Eigentlich sollte damit deine private Altersversorgung in trockenen Tüchern sein. Und ob das so sein wird, weiß niemand. Wir kennen weder die Zins- oder Renditeentwicklung, auch nicht die Entwicklung der Märkte und wissen auch nicht mit welcher Währung wir bzw. deine Generation es künftig zu tun haben werden. Aber... das war auch in der Vergangenheit so. Wer nicht doof war, hat sich Jahr für Jahr Änderungen in seinem Plan offen gehalten und - wenn voraussichtlich sinnvoll - auch Änderungen oder Anpassungen in Angriff genommen.

    In etwa 10 Jahren dürften aus knapp 100k um die 175k werden (um die 150k kaufkraftbereinigt), wenn sich ETF wie etwa „MSCI world“ so weiter entwickeln wie in der Vergangenheit. Natürlich könnte auch gerade in 2030 der Markt desolat und der Kurs deiner Fondsanteile im Keller sein. Entweder musst du dann warten, bis die Durststrecke überwunden ist... oder du hast vorher und rechtzeitig die Gewinne mitgenommen... so denn eine „bearishe“ Entwicklung der Aktienmärkte antizipiert werden konnte.


    Du kannst, nein du musst, wegen der Entwicklung deines Vermögens auf dem Laufenden bleiben. Solltest du wirklich an den Erwerb einer Immobilie denken, so wirst du dies auch Jahr für Jahr auf dem Schirm haben und eher nicht in 10 Jahren eines Morgens mit dem Gedanken aufwachen „Huch, shyth, plötzlich und völlig unvorhersehbar sind jetzt 10 Jahre wie im Flug verstrichen... und ich wollte ja eigentlich in diesem Jahr ne Immo kaufen/bauen!“


    Wenn, darauf wollte ich hinaus, in etwa 10 Jahren die Kurse stimmen und du tatsächlich Eigenkapital einsetzen willst, kannst du Fondsanteile verkaufen. Das kannst du übrigens immer... außer an Wochenenden und gesetzlichen Feiertagen ? Stehen die Kurse auf „ungünstig“ und du bist noch investiert, heißt es „Abwarten“.


    So weit erst mal meine bescheidenen Überlegungen und Anregungen.


    Schönes WE

  • Interessante Frage. Kommt drauf an.

    Erst einmal würd ich gedanklich noch einmal alles durchgehen, laufende Kosten/ Einnahmen, künftige Anschaffungen (Führerschein, Auto, Auslandssemester usw.) und einen Puffer/ Betrag einplanen, mit dem Du dich wohlfühlst (gerade als Student).

    Mit der Anlage sehe ich es wie Du anscheinend auch, nicht alles als Einmalbetrag auf eine Karte - ich würde diversifizieren. Ich versteh dich auch so, dass Du noch gar nicht weist wann oder was du wirklich mit dem Geld später machen möchtest. Daher würde ich auch hinsichtlich der Laufzeit den Betrag aufteilen.

    Ferner stellt sich neben dem zeitlichen Anlagehorizont ebenfalls die Frage nach deinem Risikobewusstsein und deiner Ertragsorientierung. Um so genauer das Ziel/der Zweck bestimmbar ist und so mehr man deine Gesamtsituation kennt, um so individueller kann natürlich die Empfehlung ausfallen. Aus der Ferne ein paar meiner Ideen:


    - Festgelder mit verschiedenen Laufzeiten (hier gibt es bspw. einen Festgeldrechner bei Finanztip zu 12-36 Monatsanlagen), die Verzinsung liegt zwar deutlich unter der erwarteten Inflation aber du kannst planen, hast immer wieder eine Fälligkeit (Flexibilität), keine Gebühren und so verstehe ich auch dein grundsätzliches Risikobewusstsein.


    - ETF Sparplan mit dem Teil, den Du auch länger anlegen möchtest und der nicht fest eingeplant ist (Anlagehorizont ab ca. 7 Jahre). Z.B. den hierfür vorgesehenen Teil des Geschenkes als mtl. Rate verteilt auf ein (1/2-) Jahr. Das Ziel wäre, eine höhere Rendite zu erzielen. Halte ich insoweit nicht für unvernünftig.


    Vor allem solltest Du dich aber bei deiner Anlage stets wohlfühlen.


    Je nachdem (eher der Vollständigkeit halber), wie Du die Zinsentwicklung einschätzt, könnte für dich auch ein Bausparvertrag interessant sein. Hier rate ich Dir aber zu einem besonders kritischen Blick! Die Neuverträge sind (Habens-) zinstechnisch nicht mehr interessant und Du zahlst erst einmal eine hohe Abschlussgebühr und bis Du ggf. von einem dann evtl. interessanten (niedrigeren) Sollzins profitierst als ihn Dir die Bank anbietet, hast Du mit deinem Eigenkapital schon ein paar Jahre Rendite eingebüßt. Auch solltest Du vor Abschluss die Rückzahlungsmodalitäten (Tilgungsraten) berücksichtigen, die sind meist recht hoch.


    Ich hoffe, ich konnte etwas helfen.

    Beste Grüße

  • Hallo Lassel99,


    Respekt, dass Sie sich solche Fragen stellen. Es soll ja junge Menschen geben, die sich von dem Geld einen schicken Sportwagen kaufen würden und weg ist es. Da ich annehme, dass Sie Ihr Leben bisher ohne das Geschenk geplant haben, würde ich es locker angehen.


    Wenn ich davon ausgehe, dass Sie das Geld a) nicht für den Lebensunterhalt während des Studiums brauchen und b) keine konkreten Planungen für das Leben nach dem Studium haben, würde ich zur klassischen 70/30 Anlage ETF/Festgeld raten. Da machen Sie grundsätzlich nichts falsch und das Risiko des Totalverlustes ist gering. Sie haben auch die ausreichende Flexibilität, wenn sich die Lebensumstände einmal ändern. Die Anlageform schützt auch etwas davor, aus einem Impuls heraus alles auszugeben.


    Gruß Pumphut

  • @all...


    Beim Frühstück sind mir noch ein paar Fragen bzw. Überlegungen durch das Köpfchen gegangen...


    1) Lasse, was empfiehlt denn dein „alter Herr“? Wenn er dir 100k schenken konnte, muss er wohl einiges im Leben richtig gemacht haben und folglich auch über Erfahrungen im Umgang mit Geld verfügen.


    2) Die stereotypen Empfehlungen im Hinblick auf eine (vermeintliche) Sicherheit bei der Geldanlage sind geradezu ideal, um das Volk klein, dumm und arm (im Sinn von „nicht reich“) zu halten. Dgl. gilt imho bei dem recht heftigen Fokus auf „canned solutions“... sprich Anlageprodukte.


    3) Angenommen (@Lasse99), du hättest die 100k nicht... Wenn du nach dem Studium einen gescheiten Job bekommst, kannst du dir Eigenkapital ansparen und gute Voraussetzungen für den Erwerb eine Immobilie schaffen. Ob der Erwerb einer Immobilie in einigen Jahren wirklich sinnvoll sein wird, wird auch von deinem Job abhängen... und von deinen Planungen zum Lebensstil, von den Anforderung an Mobilität...


    4) Brutal pragmatische Ausgestaltung der Altersversorgung... bei über 40 Jahren Zeit zum Rentenalter:


    Angenommen du setzt „alles auf eine Karte“... und dein Fonds geht in 10 Jahren total in die Hose... dann ist aber angesichts der sehr breiten Streuung alles um uns herum den Bach herunter gegangen... einschließlich der „sicheren Anlagen“ derjenigen, die „diversifiziert“ haben. Mit einem ordentlichen Job im Hintergrund wirst du auch Anfang 30 bei Null beginnen können und bis zur Rente wieder etwas solides gegen die Altersarmut unternehmen können.


    In den vergangenen 44 Jahren hat man aus 100.000 $ (DM und Euro wähle ich nicht wegen der blöden Umrechnungen) bei einer Investition in Aktienfonds ein Kapital von 1.300.000 bis 1.900.000 Bucks aufgebaut.

    Bei Investitionen in Einzelaktien sind zwischen 7.000.000 und 14.000.000 herausgesprungen. Ich rede hier nicht von den Ergebnissen und Erfahrungen der Leute, die sich mal kurz vor dem „neuen Markt“ oder kurz vor „Lehmann“ - ohne Hirn - verzockt hatten, sondern von Leuten, die mit bewusst begrenzter Gier investiert hatten und ihre Aktien auch als „Handelsware“ betrachtet hatten.

    In diesem Licht ist meines Erachtens die Überlegung gerechtfertigt, einmal mehr die „vermeintlich“ riskante Investition in Einzeltitel zu betrachten. Klar ist dabei auch zu berücksichtigen, dass ein solches Portfolio ein bisschen Arbeit macht und dessen Pflege neben Wissen auch Zeit erfordert.


    Ich hoffe, Lasse, meine provokativen Denkanstöße helfen dir mehr, als sie dich verwirren!

  • Ein großes Dankeschön an alle, die sich kurz mit meiner Situation auseinander gesetzt haben und deren Beiträge.

    Ihr habt mich auf neue Gedanken gebracht und Sichtweisen offenbart, die ich bislang verdrängt hatte. Ich denke, ich bin in einer außergewöhnlichen Situation, in der es eine überlegte Lösung bedarf. Dennoch ist mir bewusst geworden, dass ich in meinem Alter mein Leben nicht zu 100% pragmatisch durchplanen muss und Mut zu Anlageprodukten fern des Nullzins berechtigt ist. Ich denke Diversifikation ist letztlich alles.

    Vielen Dank und liebe Grüße

  • In den vergangenen 44 Jahren hat man aus 100.000 $ (DM und Euro wähle ich nicht wegen der blöden Umrechnungen) bei einer Investition in Aktienfonds ein Kapital von 1.300.000 bis 1.900.000 Bucks aufgebaut.

    Bei Investitionen in Einzelaktien sind zwischen 7.000.000 und 14.000.000 herausgesprungen.

    Darf man fragen woher die Informationen zu den Renditen bei der Investition in Einzelaktien stammen?

  • Darf man fragen woher die Informationen zu den Renditen bei der Investition in Einzelaktien stammen?

    Ja, Alburnus, man darf fragen!


    Die Renditen habe ich mir aus den Fingern gesogen.



    Nein, im Ernst... ich habe mir nicht die Mühe gemacht, um statistische Mittelwerte aus irgendwelchen Quellen zu ziehen (ich weiß nicht einmal, ob es dazu geeignete Datensammlungen gibt), sondern aus Fonds-Kursentwicklungen einiger breit gestreuter (gemanagter) Fonds, einschließlich einiger „privater Nicht-Buy-And-Hold“ Depotentwicklungen“, die ich kenne, einen groben Durchschnitt gebildet. Und Hey, es handelt sich um Werte aus der Vergangenheit, die man nicht „verlässlich“ auf künftige Entwicklungen projizieren kann... was jedem hier klar sein dürfte. Daher kam es mir nicht auf Nachkommastellen an.