Vertragswerk zur Geldanlage prüfen

  • Sehr geehrte Finanztip-Redaktion,


    ich bitte um Ihre Hilfe bzw. um Ihren Rat:


    Meine Mutter ist 57 Jahre alt und möchte gerne 1-2 Jahre früher in Rente gehen. Um die Rentenabzüge zu kompensieren oder zumindest abzufedern, möchte Sie gerne etwas Geld anlegen und im Idealfall eine kleine Rendite erwirtschaften. Das ist die Ausgangslage.


    Mein Bruder ist als selbstständiger Finanzberater bei der Swiss Life Select tätig. Er hat Sie „beraten“ und empfohlen eine Anlagesumme i.H.v. 10.000 € mit mtl. Zahlungen von 500 € über 7 Jahre in einen nicht öffentlichen komplexen Fonds einzuzahlen. Die Kosten sind aus meiner Sicht horrend. Das sticht mir sofort ins Auge. So steht zum Beispiel unter Zuwendungen, dass bei Erwerb für das Konto/Depot bei der ebase für den ishares Core MSCI W.U.E.USD A 2.856,00 € einmalig zu zahlen sind. Weiterhin sind laufende Fondkosten i.H.v. 1.445 € für 7 Jahre zu entrichten. Auch sonst habe ich kein gutes Gefühl. Ich bin generell der Meinung, unabhängig von den Kosten, ist das auch nicht das richtige Produkt. Bevor ich zu viel schreibe, meine Mutter hat das Vertragswerk auf meine Einwände und mein Eingreifen hin, nicht unterschrieben.


    Nun bin ich zwar ein passionierter Finanztip-Leser, mit erweiterten Finanzgrundkenntnissen, aber bei weitem kein Experte und es ist einfach viel zu intransparent und undurchsichtig für mich, dass alles im Detail nachzuvollziehen. Mir liegt jedoch das gesamte Vertragswerk vor und es brennt mir auf der Seele, ich kann keine Ruhe geben. Ich möchte gerne, dass sich jemand, der wirklich unabhängig und von Fach ist, das Vertragswerk – natürlich anonymisiert - einmal ansieht und eine fachliche Beurteilung dazu abgibt.


    Wären Sie bereit mir zu helfen oder zumindest eine Empfehlung aussprechen, an wen ich mich am besten wenden kann? Was sollte so etwas kosten, wenn man es entgeltlich machen würde?


    Vielen Dank für Ihre Hilfe im Voraus.


    Adrian Brzezinski

  • Unabhängige Beratung könnte man der Verbraucherzentrale oder beim Honorarberater anfragen. https://www.verbund-deutscher-honorarberater.de/


    Der Honorarberater kostet ca. 150 Euro pro Stunde, die Verbraucherzentrale ca. 100 Euro.


    Sofern Risikobereitschaft für ETF besteht und der Anlagehorizont 10-15 Jahre beträgt, die wiederum ruhig auch in die Rente hineinreichen dürfen, sofern das Geld nicht bei Renteneintritt voll verfügbar sein muss, könnte man einfach einen MSCI World ETF kaufen. Da lägen die jährlichen Kosten bei ca. 0,2% oder bei 10.000 Anlagesumme bei 20 Euro, keine weiteren Kosten.


    Eigentlich braucht man über so ein Angebot gar nicht nachzudenken. Vierstellige Kosten bei fünfstelligen Anlagen sind völlig indiskutabel. Aber die Mutter steht zwischen ihren Kindern. Vielleicht sind da ein paar Euro für Verbraucherzentrale oder Honorarberater gut angelegt, um eine qualifizierte Drittmeinung zu bekommen.

  • Mein Bruder ist als selbstständiger Finanzberater bei der Swiss Life Select tätig.

    Er hat Sie „beraten“

    Die Kosten sind aus meiner Sicht horrend. Das sticht mir sofort ins Auge.

    Du hast das Grundproblem in mehrfacher Hinsicht schon erkannt.

    Beraten und horrende Kosten.

    Aber vorallem familiere Verquikung mit einem Strukturvertrieb.

    Den Swiss Life Select ist die umbenannte alte AWD.

    Grundprinzip ist Bekannte und Verwandte ersteinmal mit den Produkten (deren Kosten und Intransparenz du schon erkanntest) umzudecken oder neu zu versorgen.

    Häufig bleibt in den Beziehungen verbrannte Erde zurück (was teils erst lange danach erlkannt wird.).

    Schwierig. Schwierig.

    Suche Hilfe bei der Verbraucherzentrale .

  • Ja ihr könnt euch sicherlich die Situation vorstellen ?(X/. Mir gehts natürlich um meine Mutter und wenn er so eine "Scheiße" anbietet, dann muss er am Ende mit dem Echo leben. Die Verbraucherzentrale habe ich auch in Erwägung gezogen. Auf den Seiten habe ich mich auch schon eingelesen. 100 € das ist es mir auf jeden Fall Wert, auch wenn ich mir schon selbst denken kann, wie das Urteil ausfällt. Das würde ich unabhängig von finaztip auch machen. Ich will etwas handfestes in der Hand haben, um entsprechend darauf zu reagieren. Und wenn ich dafür 3 Meinungen von unterschiedichen Seiten einhole, die alle drei zum selben Ergebnis kommen. Das kann und will ich so nicht durchgehen lassen.


    Und je länger ich mich mit dem Vertrag beschäftige, desto mehr tun sich bei mir Bauchschmerzen und Fragezeichen auf, da Dinge aus der Beratung entweder nicht enthalten sind, oder selbst bei der Durchsicht immer noch nicht so wirklich transparent dargestellt sind. Obwohl meine Mutter keinerlei Ahnung von Finanzgeschäften hat, hat er trotzdem durchgehend angegenben, dass Kenntnisse in diversen Anlageformen bereits "vorhanden" sind, anstatt "vermittelt" wurden. Im Vertag wird das dann explizit erwähnt, dass meine Mutter über vertiefte Kenntnisse verfügt und gleichzeitg auf die Risiken bei komplexen Fonds hingewiesen. Ich weiß es nicht sicher, aber das hat sicherlich juristisch mit der Haftung im Stornofall zu tun. Bei "vorhanden" ist die Gesellschaft und der Berater fein raus, schließlich war der Kunde sich den Risiken bewusst und bei "vermittelt", könnte es Rückblickend an Falschberatung gelegen haben und ggf. der Berater in Regress gezogen werden. Also so kann ich mir das erklären. Und da gibt es noch andere Sachen.


    Er macht das ja nicht erst seit gestern, sondern schon ein paar Jahre, ist inzwischen Gesschäftsstellenleiter, wo sich bei mir nach dieser "Anlageempfehlung" und dem Vertragswerk die Frage stellt, ob er es nicht besser weiß und das selber glaubt, was ihm da vermutlich erzählt wurde oder ob das schon eher Richtung Betrug geht. Ich meine letzteres will ich ihm nicht unterstellen, aber ich versuche mir das was ich bereits verstehe anders als damit zu erklären. In beiden Fällen wäre ich jedenfalls schockiert.