Greensill Bank Debakel - Gedanken zur Anlage von Tages- und Festgeld bei EU-Auslandsbanken

  • Das Greensill-Bank Debakel hat mir die Augen geöffnet für die Einlagensicherheit der Guthaben bei Spargeldsammelstellen, die mit höheren Zinssätzen um das Geld der Sparer werben.


    Zunächst mal ist es gut, dass die Greensill - Bank dem deutschen Einlagensicherungsfonds angehört und dieser mit ca. 3 Mrd. € per 31.12.19 ausreichend gefüllt ist um die Forderungen der Kleinsparer von ca. 1 Mrd. € zu 100% (sofern der Anlagebetrag 100.000 € nicht übersteigt) erfüllen zu können.


    Aber gilt das auch, wenn es sich bei der Bank um ein Institut im EU-Ausland handelt? Bekanntlich gehören zu den empfohlenen Banken bei Finanztip auch solche aus Ländern mit AAA Bonität wie den Niederlanden oder Luxemburg. Nehmen wir das Beispiel der niederländischen LeasePlan Bank. Die hat im Prinzip - soweit ich das in Erfahrung bringen konnte - wie die Greensill Bank mit Greensill Capital in London nur einen einzigen Kunden, nämlich ihre Mutter, die LeasePlan Corporation in Amsterdam. Diese verwendet das eingesammelte Kapital zu Finanzierung ihrer Car-Leasing-Aktivitäten. Nun unterliegen alle Vermögenswerte, so auch Autos, bekanntlich Schwankungen, die mitunter sehr heftig (siehe Dieselskandal) ausfallen können. Es kann also passieren, dass den Darlehen insbesondere bei einem solchen Klumpenrisiko gegebenenfalls keine entsprechenden Sicherheiten mehr gegenüber stehen und eine Bank mangels ausreichenden Eigenkapitals von der Aufsicht geschlossen wird. Eine solche Überbewertung der Forderungen gegen ihre Muttergesellschaft, die Greensill Capital in London, dürfte der Greensill Bank zum Verhängnis geworden sein.


    Die Greensill Bank hatte laut Presseberichten bis Ende 2019 3,2 Mrd. € , davon ca. 1/3 von Privatanlegern, eingeworben. Wie oben beschrieben reicht das Vermögen des deutschen Einlagensicherungsfonds um alle Kleinsparer zu befriedigen. Das ist eine glückliche Fügung und muss keinesfalls stets zutreffen, vor allem wenn es mehrere Institute in kurzer Folge trifft. Dann hilft nur noch ein Darlehen, Bürgschaft, etc. der Regierung, sprich des Steuerzahlers. Aber wenn das eine Regierung tut, wie z.B. die deutsche im Fall der Lehman-Pleite, dann ist das reine Kulanz. Das gilt für sämtliche Einlagensicherungssysteme in allen EU-Ländern. Keine Regierung in der EU ist rechtlich verpflichtet ihre Sicherungssysteme über die vorhandene Rücklage hinaus zu stützen. Kann man wenigstens erwarten, dass sich ausländische Regierungen stets genauso wie die deutsche Regierung verhalten? Ich denke, davon kann man nicht unbedingt ausgehen. Zwar ist die Bonität von Ländern wie den Niederlanden oder Luxemburg über jeden Zweifel erhaben, die Einlagensicherungsfonds dieser Länder sind mit ca. 1,8 Mrd. € bzw. 300 Mio € per Ende 2019 zwar ähnlich bestückt - jeweils im Verhältnis zu den Bankeinlagen - wie der deutsche Fonds. Wenn diese Mittel aber nicht ausreichen sollten um alle Anleger zu entschädigen, dann blicken diese zunächst mal in die sprichwörtliche Röhre.


    Ich jedenfalls frage mich, ob auch stets der politische Wille - insbesondere vielleicht vor Wahlen - vorhanden ist, ausländische Anleger zu Lasten der inländischen Steuerzahler "rauszuhauen". Zumindest schon einmal hat die Einlagensicherung eines Landes nur Inländer entschädigt und Ausländern den Einlagenschutz verweigert. Das war 2008 im Fall der isländischen Kaupthing Bank. Nach bangen Monaten ist damals die deutsche Regierung in die Bresche gesprungen und hat ohne Rechtspflicht die deutschen Sparer entschädigt.


    Ich möchte bei meinen Anlagen nicht auf den Goodwill einer ausländischen Regierung vertrauen müssen, sondern lege mein Geld künftig nur noch bei Banken (durchaus auch Banken mit ausländischen Eignern) an, die der deutschen Einlagensicherung angehören. Hier habe ich es mit einer Regierung zu tun, die ihre Bereitschaft zu uneingeschränkter Unterstützung zumindest schon einmal bewiesen hat und hier bin ich kein Anleger 2. Klasse wie das im Ausland der Fall sein könnte. Wie seht ihr das?

  • Boah eh, laaaaange Rede - kurzer Sinn.


    Der Einlagensicherungsfonds ist kein rein dt. Inszenierung der Berliner Republik. Auch dürfte das ganze Thema Bankenpleiten niemand ernsthaft nach 13 Jahren der Lehman Brothers - Pleite und der spektakulären Bankenkrise (mitten in einer weltweiten Pandeme) irgendwie überraschen. Es gibt einen EU-weiten Einlagensicherungsfonds für EUR-Banken. Das ganze Konstrukt beruht auf EU-Recht und nicht ursprünglich auf deutschem Recht!


    https://www.finanztip.de/sichere-banken/einlagensicherung/


    Du tust gerade so in Deinem Szenario, als wenn ganze viele Banken quasi zeitgleich in die Insolvenz rutschen und Millionen von Bürgern in die Röhre schauen müssten. Die groeß Frage ist halt auch, ob Du selbst überhaupt zum betuchten Kreis der Vermögenden gehörst, die mehr als 100k auf der Bank horten.


    Wenn Dir das ganze Einlagensicherungsdings zu heikel ist, dann versilbere oder vergolde Dein Vermögen oder investiere in andere Edelmetalle oder Sachwerte. Danach träume weiter.


    Zitat:


    https://einlagensicherung.de/e…rung-der-eu-und-weltweit/

    Freiwilliger Einlagenschutz bei grenzüberschreitend tätigen Banken

    Der Einlagensicherungsfonds erbringt im Entschädigungsfall bei Zweigniederlassungen ausländischer Banken aus Staaten des Europäischen Wirtschaftsraumes nur Entschädigungsleistungen, wenn und soweit die Guthaben nicht durch die Heimatlandsicherung geschützt sind. Das heißt, der Einlagensicherungsfonds ersetzt im Anschluss an die Heimatlandsicherung die Einlagen bis zur jeweils maßgeblichen Sicherungsgrenze der Bank.


    Einlagen, die bei einer unselbstständigen Zweigniederlassung im Ausland gehalten werden, sind im Rahmen der deutschen Sicherungsgrenze geschützt. Dabei spielt es keine Rolle, welche Staatsangehörigkeit der Bankkunde hat oder in welchem Land er seinen Wohnsitz hat.

  • @ Vino Verde


    "Der Einlagensicherungsfonds ist kein rein dt. Inszenierung der Berliner Republik. "


    Doch. Ist es.


    "Es gibt einen EU-weiten Einlagensicherungsfonds für EUR-Banken."


    Mit Verlaub, auch diese Aussage ist falsch. Es gibt so viele verschiedene Einlagensicherungsfonds wie es EU-Mitgliedsstaaten gibt. Diese sind völlig unabhängig und haften untereinander nicht für Verbindlichkeiten der jeweils anderen.


    "Du tust gerade so in Deinem Szenario, als wenn ganze viele Banken quasi zeitgleich in die Insolvenz rutschen..."


    Es genügt, wenn eine größere Bank Insolvenz anmeldet. Advanzia Bank aus Luxemburg hat 6 x mehr an Einlagen als der luxemburgische Sicherungsfonds an Rücklagen hält.

  • Ja, Banken können vereinzelt in die Insolvenz rutschen. Und nun?


    Das Leben an sich, der Kapitalismus und insbesondere der Finanzmarkt sind keine Vollkaskoversicherung. Es gibt nirgends eine 100%-ige Garantie. Das ist doch ganz klar.


    Man kann sich im Kapitalismus immer nur einer hohen Sicherheit annähern, nie aber eine Garantie erlangen. Selbst im Kommunismus (Planwirtschaft) gab es keine 100%-Garantien, obwohl sie den Leuten vom Staat versprochen wurden und heute noch zB in Nordkorea und VR China den Bürgern versprochen wird.


    Die Lösung ist ja schon beschrieben: wenn Dir das alles zu wackelig ist, wandle das Buchgeld in Sachwerte um. Das machen viele Menschen in und ohne Paniksituationen, die es sich leisten können.


    Guck Dir die Greensill-Kennzahlen von 2018 zu 2019 doch mal an. Spätestens mit der Recherche (Geschäftsberichte lesen!!!) hätten Einleger vieleicht erahnen können, dass da vorne und hinten in Bremen was nicht stimmen kann:


    2018 => 665,8 Mio. € Bilanzsumme / Eigenkapital = 72,8 Mio € / 61 Mitarbeiter

    2019 => 3,805 Milliarden € Bilanzsumme / Eigenkapital = 521,5 Mio. € / 80 Mitarbeiter


    Wie kann es denn sein, dass die Kleinstbank urplötzlich die Bilanzsumme versechstfacht hat?? Und ja richtig ist leider auch: manche Leute wollen irgendwie auch an der Nase herumgeführt werden, das gilt inbesondere in finanziellen Angelegenheiten.


    https://de.wikipedia.org/wiki/Greensill_Bank


    Laut mehreren Medienberichten schrieb die Ratingagentur Scope im Oktober 2020, dass die deutsche Greensill Bank beim Betreiben von Geschäften und der Absicherung von Kreditrisiken komplett von der Muttergesellschaft, der australischen Greensill Capital, abhängig sei. Das Bremer Kreditinstitut fungiere als Geld- und Garantiegeber für die Gruppe. Refinanziert wurden die Geschäfte auch durch Einlagen von Privatkunden, die zu vergleichsweise hohen Zinsen offeriert wurden. Ende 2019 lagen die Verbindlichkeiten gegenüber Kunden bei rund 3,3 Milliarden Euro.

  • Der Greensill-Köder waren die hohen Zinsen für die Einleger.


    Und irgendwie muss es einem nicht so leicht verführbaren Menschen schon spanisch vorgekommen sein, dass in Zeiten absoluter Niedrigzinsen, eine Kleinstbank wie die Bremener Bankenbande im Gegensatz zu Anderen noch hohe Zinsen für Tages- und Festgelder berappen konnte. Wie substanziell waren die Zinsen denn? Wovon sollen die hohen Zinsen denn erwirtschaftet worden sein?


    Das ist direkt auch ein Hieb auf das Finanztip-Portal hier, die Greensill ja mal empfohlen hatten. Das ist nicht erste Mal und auch nicht nicht das letzte Mal, dass sich so ein Finanztip später als böser Rohkrepierer herausstellt. Womit wir wieder beim Thema wären: Finanzen sind nix Vollkasko. Auch nicht die Empfehlungen von Finanztip. Nirgends.

  • So toll waren die Zinsen der Greensill Bank nun auch wieder nicht. Ich habe eine Anlage Anfang Dezember 19 gemacht, 1,25 % für 3 Jahre. Solche Zinssätze gab es damals von mehreren Banken. Dieses Angebot haben sie schnell zurückgezogen, weil (angeblich) die Bank von der Nachfrage überrannt wurde. Schon damals habe ich das nicht wirklich nachvollziehen können. Danach war es aus mit attraktiven Zinsen seitens der Greensill Bank.


    Für mich ist das Einlagensicherungssystem sehr wohl eine Vollkaskoversicherung.