Persönlicher Steuersatz: Wie genau verrechnen?

  • Hallo zusammen,


    ich bin 34 Jahre alt und beschäftige mich seit einigen Wochen/Monaten ausgiebig mit dem Thema Altersvorsorge. Dabei bin ich zuletzt über das Thema "Private bzw. fondsgebundene Rentenversicherung (FRV)" gestolpert, nachdem ich für mich Riester und Basisrente ausgeschlossen habe (vor allem wegen den hohen, von den Versicherern angesetzten Lebenserwartungen --> es dauert ewig, bis man sein angehäuftes Kapital ausgezahlt bekommen hat).


    Was ich bereits weiß:

    • Wenn überhaupt eine FRV, dann Nettopolice (obwohl mir mein Makler natürlich immer die Provisions-FR10 der Alten Leipziger empfiehlt).
    • Alternativ zur FRV käme auch ein ETF-Sparen in Eigenregie in Frage.

    Ich versuche gerade herauszufinden, welche der beiden Varianten die Bessere ist. Ich kenne die Artikel / Videos von Finanztip dazu (https://www.finanztip.de/alter…/flexible-altersvorsorge/ bzw. das entsprechende Youtube-Video "Rentenversicherung durchgerechnet: Warum sie sich (nicht) lohnt").


    Leider fehlen in den Artikeln detaillierte Rechenwege, was für mich das Nachvollziehen schwierig gestaltet. Ein ganz entscheidender Faktor ist die Besteuerung der FRV im Alter, insbesondere bei Kapitalauszahlung. Dann greift ja bei gegebenen Voraussetzungen (62+ Jahre, 12+ Jahre Laufzeit) das Halbeinkünfteverfahren. Sinngemäß liest man dann häufig Folgendes:


    Bei Auszahlung wird nur die Hälfte der Gewinne mit dem persönlichen Steuersatz versteuert.


    Als typischer Beispielwert werden dann 20% für den persönlichen Steuersatz genannt.

    Ich verstehe das mit dem persönlichen Steuersatz ehrlich gesagt nicht so recht. Laut Internet ist der persönliche Steuersatz synonym mit meinem Durchschnittssteuersatz. Ist das so korrekt?


    Sagen wir mal "ja". Also nehmen wir z.B. an, ich verdiene gut und mein Grenzsteuersatz läge heute als Arbeitnehmer bei 42%, und mein durchschnittlicher Steuersatz bei 30%.

    Wenn ich heute als besagter Arbeitnehmer etwas von der Steuer absetze, spare ich mir natürlich die 42% Steuern. Hier kann ich also den Grenzsteuersatz - nicht den durchschnittlichen Steuersatz - ansetzen.

    Wäre das im Alter bei Auszahlung des Kapitals aus einer FRV dann anders? Ist folgendes Szenario richtig?


    Annahmen:

    2.750 € gesetzliche Rente & 1.450€ Betriebsrente pro Monat. Das entspricht 50.400€ / Jahr. Das zu versteuernde Einkommen (zvE) nach allen möglichen Abzügen sei dann 42.000€. Weiter nehmen wir an, ich lasse mir (bereits nach Teilfreistellung) 50.000€ Gewinn aus der FRV im ersten Jahr des vollen Rentenbezugs ausbezahlen.


    Dann gilt für das besagte Jahr: 42.000€ + 50.000€ = 92.000€ zvE.

    Laut Steuerrechner des BMF (https://www.bmf-steuerrechner.de/) wäre der Grenzsteuersatz im Jahr 2021 dann 42% und der persönliche/durchschnittliche Steuersatz ca. 33%.

    Heißt: 50.000€ halbieren --> 25.000€. 33% von 25.000€ = 8.250€ Steuer.


    Stimmt diese Rechnung so? Falls nein, wie wäre der korrekte Rechenweg?


    Danke und viele Grüße!


  • Bei der späteren Auszahlung ist wieder der Grenzsteuersatz relevant. Du hast ja die Wahl, das Produkt abzuschließen und dann diese Auszahlung zu generieren, oder das Ganze bleiben zu lassen. Die Auszahlung erhöht das zu versteuernde Einkommen on top.

  • Hallo Tobias,


    danke für die Antwort! Das macht in meinen Augen auch mehr Sinn. Dann sind die typischen Aussagen aus diversen Quellen - wie im Eingangspost erwähnt - nicht korrekt.


    Heißt, wenn ich in meinem Beispiel bleibe:

    • zvE = 92.000€, davon 50.000€ aus der Auszahlung der Rentenversicherung
    • Ab 57.919 € (Stand 2021) gilt der Grenzsteuersatz 42%.
    • Der erste Teil der Auszahlung (92.000€ - 57.919€ = 34.081€) würde dann theoretisch mit 42% besteuert werden.
    • Der Rest iHv 15.919€ mit dem entsprechenden, progressiven Steuersatz.
    • Aus beiden abgeführten Steuerbeträgen kann ich einen Durchschnittssteuersatz bilden.
    • Diesen Durchschnittssteuersatz darf ich dank Halbeinkünfteverfahren halbieren und auf die 50.000€ anwenden --> das ist die letztendlich abzuführende Steuer.

    Mein Fazit: Durch die Anwendung des höheren Grenzsteuersatzes statt des durchschnittlichen Steuersatzes wird der Vorteil einer FRV im Vgl zum ETF-Sparen im Falle höherer Alterseinkommen verringert, da das steuerliche Delta zur Abgeltungssteuer kleiner wird.


    Dann gebe ich Finanztip auf jeden Fall recht: Die FRV lohnt sich nicht - nicht einmal als Nettopolice. ;)

  • wenn Du Dir 50.000 auszahlen lässt, werden die nicht voll versteuert, sondern nur die Erträge daraus. Du musst also Deine Einzahlungen noch davon abziehen. Da kommt tatsächlich eine niedrige Steuerlast raus.


    Allerdings fressen die laufenden Kosten während des Vertrags meist so viel Rendite, dass netto trotz weniger Steuer weniger übrig bleibt.