Beiträge von RobertU

    ...Aber wenn ich Sie richtig verstanden habe, ist durch den Wegfall der
    Zivis ein bedeutender betriebswirtschaftlicher "Schaden" bzw. Nachteil
    entstanden. ..



    Guten Tag,


    so ist es. Die Zivis waren sehr hilfsbereit, sozial engagiert und flexibel.
    Wir haben überwiegend gute Erfahrungen gemacht.
    Alle Beteiligten und Betroffenen hatten einen Nutzen aus dieser Zusammenarbeit.
    Die Abschaffung der Wehrpflicht und des Zivildienstes war ein Fehler.


    Robert

    Guten Tag Herr Kreuna, ich kann Ihr Anliegen ganz nachvollziehen, dass Sie für etwas nicht bezahlen möchten was Sie nicht bekommen können. Ich kann Ihnen allerdings aus der Perspektive eines "Betreutes Wohnen"-Anbieters erklären, warum und wie das passiert, dass immer weniger für die Senioren in den Anlagen angeboten wird.


    Wir betreiben mehrere Seniorenwohnanlagen in Niedersachsen und NRW seit vielen Jahren und anfangs hat die Idee "Betreutes Wohnen" prima funktioniert. In jedem Haus hatten wir eine Rund-um-die-Uhr Besatzung, man hat fast täglich mit den Senioren diverse Spiele gemacht, Veranstaltungen wurden angeboten, gemeinsam gegessen und gekocht, in die Röhre geschaut, Klavier gespielt, Notrufe wurden direkt an die Nachtwache geschickt, somit eine sofortige Hilfe gewährleistet wurde.
    Das Personal hat sich um die "Bürokratie" der Bewohner gekümmert, Fragen wurden beantwortet und Beratung geleistet. Busfahrten und Tanzabende organisiert.


    Was ist in den Jahren passiert? Warum funktioniert das in vielen Orten nicht mehr?


    Die Antwort ist einfach - es fehlt an Geld.


    Früher gab es Menschen, die in eine Seniorenwohnanlage gezogen haben, weil sie nicht mehr, oft alleine in ihren Häusern zurecht kamen. Die Menschen waren in den meisten Fällen dann auch pflege- und betreuungsbedürftig jedoch nicht in ein typisches Pflegeheim gehen wollten. Also die Seniorenwohnanlage wurde von pflegebedürftigen Menschen bewohnt. Der Betreiber, der in den meisten Fällen auch die Pflege anbietet, konnte also mit kalkulierbaren, festen Einnahmen rechnen. Aus diesen Einnahmen wurden zum Teil auch die Seniorenaktivitäten bezahlt z.B. die Nachtwache oder der Techniker, der sich um das Notrufgerät oder Internetzugang gekümmert hat.


    Leider hat sich die Situation geändert, wir stellen Folgendes fest.


    In die Seniorenwohnanlagen ziehen immer jüngere Menschen ein, die noch gesund und unabhängig sind.
    Die brauchen natürlich keine Pflege und auch keine Hilfe. Man konnte fragen, warum man solche Menschen einziehen lässt? Immer öfter hat der Betreiber hier keine Wahl mehr, eine leerstehende Wohnung verursacht laufend mehr Verluste als eine Wohnung, die von einer Pflege nicht bedürftigen Person, bewohnt wird. "Lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach" - das ist oft die Realität.


    Es ziehen aber auch Menschen in eine SWA, die pflegebedürftig sind, die aber den bisherigen Pflegedienst behalten wollen. In diesem Fall geht der Betreiber natürlich wieder leer aus. Es gibt auch Bewohner, die jahrelang die Leistungen in Anspruch genommen haben und dann nach der Einstufung in eine Pflegestufe einen 2 Euro günstigeren externen Pflegedienst wählen. Sie haben meine Ironie hier verstanden.


    Wie oft hören wir von dem einen oder anderen: "ich kann mir eure Pflege nicht leisten, da ich das Geld brauche, wissen sie, mein Sohn baut jetzt neu und ich muss ihm helfen. Letztendlich hat die arme Person von dem Sohn aber meistens keine Hilfe bekommen. Wie kann jemand bei der täglichen Pflege helfen, der 400 km entfernt in einer Großstadt wohnt?


    Früher hatten wir mehrere Zivis gehabt, die kostengünstig z.B. für die Nachtwachen oder Fahrten eingesetzt wurden.
    Heute kostet eine funktionierende Nachtwache sehr viel mehr. Soviel, dass sie oft nicht mehr finanzierbar für den Betreiber ist. Die Notrufe werden dann in die Zentrale weitergeleitet, die Nachtwache verschwindet und die Bewohner bleiben ohne Hilfe vor Ort.


    Viele Bewohner wollen die sog. Grundleistungen (bei Ihnen Zusatzmiete) nicht bezahlen, weil sie immer weniger dafür bekommen und der Betreiber bietet immer weniger Leistungen, weil immer weniger Geld zur Verfügung steht.


    Ein Teufelskreis.


    Ich sehe im Moment keinen Ausweg. Wenn´s so weiter bleibt wird das "Betreute Wohnen" verschwinden.
    Und die Verlierer sind wir alle, die ganze Gesellschaft.


    Mit freundlichen Grüßen


    Robert U.