Hallo Stephan,
ich kann verstehen, dass du nach der vielen Arbeit und den Pflegefällen sehr erschöpft bist.
Ich halte den Kapitalstock allerdings für noch zu gering, um komplett auszusteigen oder komplett auszuwandern und würde so lange wie möglich die Teilzeitarbeit in Deutschland beibehalten. So kann das Vermögen hoffentlich noch etwas weiter wachsen, du bist weiter versichert und du erholst dich wieder von den Strapazen der letzten Jahre.
Vielleicht wirst du 100 Jahre alt und du bist noch 47 Jahre auf dein Kapital angewiesen.
Eine Daumenregel, wie viel man vom Kapital jährlich verwenden darf, ohne dieses je aufzubrauchen sind 4%, sicherer sind 3%. Diese Regel gilt allerdings nur, wenn man sein Geld im Aktienmarkt investiert hat. Bei 500.000,- Euro wären das konservativ mit 3% gerechnet 15.000,- Euro Brutto.
Ein breit diversifiziertes Aktienportfolio war in der bisherigen Geschichte immer nach 10-15 Jahren im Plus. Wenn du nun jedoch Geld für die nächsten 10 Jahre schwankungsarm in Rendite schwachen Anlagen wie z.b. Tagesgeld zur Verfügung haben möchtest und 15.000,- Euro als jährlichen Kapitalbedarf ansetzt, dann könnten nur 350.000,- Euro am Aktienmarkt verbleiben.
Wenn weniger Geld im Aktienmarkt und dafür mehr in renditeschwachen Anlagen steckt, dann kannst du dauerhaft noch weniger als 15.000,- Brutto verbrauchen. Wenn du dann nicht mehr arbeiten solltest, musst du daraus noch die Krankenversicherung bestreiten. Sofern du doch auswanderst, solltest du dich genau informieren, welche deutschen Sozialleistungen dir auch im Ausland noch zustehen. Nach meinen bisherigen Informationen ist es von Vorteil, innerhalb der EU zu bleiben.
Bitte bedenke, verbrauchst du 1x mehr als oben aufgeführt und gleichst es nicht mehr aus, dann kann dieses Geld nie mehr für dich arbeiten und du kannst dauerhaft noch weniger entnehmen.
Das sind für mich die Parameter, an welchen man sich orientieren kann. Deshalb lese ich deine Pläne eher mit Sorge und würde wie oben beschrieben so lange wie möglich mindestens Teilzeit arbeiten und versuchen, in diesem Zeitraum das Kapital nicht anzutasten und weiter zu vermehren.
Hierzu würde ich die Geldanlage mit ETF komplett in die eigenen Hände nehmen und mir die Gebühren für einen Fremdanbieter sparen. Gerade bei einem 6 stelligen Depot kommt sonst einiges an jährlichen Gebühren zusammen. Finanztip hat hier sehr viele gute Informationen inzwischen auch in You Tube Videos zusammengefasst.
Wie von anderen Kommentatoren beschrieben, würde ich als Börsenneuling das investierte Kapital an der Börse in mehreren Stufen steigern, um mich an die Schwankungen zu gewöhnen.
Ich denke man sollte immer versuchen, auf eigenen Füßen zu stehen, weshalb ich nun das Vermögen deiner Freundin
nicht berücksichtigt habe. Den Ausstieg aus dem Erwerbsleben und die Auswanderung würde ich dir sehr gönnen, doch ich hoffe du verstehst, warum ich das zum jetzigen Zeitpunkt kritisch sehe.
Alles Gute,
Mingus