Hallo Rodan,
Ihrer Einschätzung, dass der Vertrag - soweit in diesem nichts anderes geregelt ist - abzunehmen ist, schließe ich mich an. Nicht aber Ihrer Einschätzung, dass das absolute Zinsniveau zu diesem Zeitpunkt hierfür eine Rolle spielt, da die Bank ja auf der Kreditseite kein "eigenes" Geld verleiht, sondern Kundengelder auf der anderen Bilanzseite, die je nach Dauer der Zinsbindung des Darlehenskunden auf der Anleihenseite aktuell, also sehr zeitnah "gegen-" bzw. "re"-finanziert werden müssen. Daher ist die Marge der Bank im Grunde, je nach Ertragsanspruch natürlich, also immer gleich hoch, egal wie hoch oder niedrig das "absolute" Zinsniveau am Markt ist. Beispiel: bei einem Einstandszins (Refinanzierungszins) am Markt von 0,5% und einer Marge der Bank von z.B. 0,5% - würde das vereinfacht einen Kundenzinssatz von 1% bedeuten. In einem höheren Zinsumfeld (früher) von z.B. 3% am Markt für die Refinanzierung des Darlehens und einer Marge der Bank von 0,5% - einen Kundenzins von dann 3,5%
Möchte nun ein Kunde sein Darlehen ganz oder in Teilen nicht abnehmen entstehen der Bank zu diesem Zeitpunkt ggf. zwei Kostenszenarien, 1) der sog. Refi-Schaden, also der Schaden zum Zeitpunkt der Nichtabnahme oder Sonderrückzahlung (z.B. bei Objektverkauf), der dadurch entsteht, dass die Bank das Geld zurückbekommt oder eben nicht rausbekommt, dieses also zum aktuell gegeben Zinsniveau "wiederanlegen" muss. Stammt der DV also aus der 3% Refi-Zeit, hat die Bank ein Problem, da sie das rückfließende Geld aktuell nur mit null oder niedrigem Zins wiederanlegen kann, in diesem Beispiel also ein "echter" Refi-Schaden, den sie sicher vom Kunden, der die Nichtabnahme/vorzeitige Rückzahlung zu vertreten hat, wieder haben möchte. 2) entsteht der Bank durch Nichtabnahme/Sonderrückzahlung (z.B. im Verkaufsfall des Objekts) noch der Schaden aus der "entgangenenen Gewinnmarge" für die Restlaufzeit, die sie ggf. ebenfalls dem Kunden in Rechnung stellt. Aus diesen beiden Kostenfaktoren, die um ersparte Risikokosten und ersparte Verwaltungskosten gekürzt werden müssen, bestehen im Grunde die sog. Vorfälligkeits- oder Nichtabnahmekosten. Kommt nun ein in Niedrigzinszeiten refinanziertes Darlehen zur Nichtabnahme/Sonderrückzahlung kann es sein, dass die Bank durch den zu diesem Zeitpunkt gegebenen höheren Wiederanlagemarktzins keinen oder nur einen geringen "echten" Refi-schaden sowie den entgangen "Margenschaden" (im Grunde entgangenen Gewinn) hat, welchen sie dann entweder (je nach Interesse am Kunden/Folgegeschäft) ggf. nicht oder nicht in voller Höhe an den Kunden weitergeben wird. Dies ist allerdings eher die Ausnahme, da der Kund selbst in diesem Szanario - also niedriger Darlehenszins im Vergleich zum aktuellen Markt - versuchen wird, das Darlehen selbst auf ein anderes bzw. Folgeobjekt zu übernehmen (Pfand- oder Objekttausch), oder aber der Käufer des betreffenden Objekts möchte das günstige Darlehen übernehmen (Schuldnerwechsel).
Die eingangs erwähnte Abnahme- bzw. Rückzahlungssperrfrist ist bis auf zwei gesetzlich geregelte Fälle (z.B. Objektverkauf) für die Banken bzw. das Funktionieren des Kapitalmarkts von existenzieller Bedeutung, da diese ansonsten das Darlehensgeschäft einstellen könnten, wenn es möglich wäre, alle höheren Zinsdarlehen in Niedrigzinsphasen ohne Einschränkungen in niedrigere "tauschen" bzw. "nichtabnehmen" zu können, da hierdurch dann im Grunde dann keine Zinsbindungsvereinbarungen bzw. deren Refinanzierungen mehr möglich wären, da natürlich in Niedrigzinsphasen alle höheren Darlehenszinsen getauscht würden und so die dahinterstehende Refinanzierung zusammenbrechen würde, die ja im Grunde auch nur ein (Anlage)-Kunde auf der anderen Bilanzseite ist.
Vertiefende Fragen hierzu gerne und viele Grüße.
Eurone
Beiträge von Eurone
-
-
Hallo Rodan,
sofern im DV keine anderweitige Regelung zu (Teil-)Nichtabnahme gegeben ist, ist das Darlehen komplett abzunehmen. Dies ist, je nach Höhe des Darlehenszinses vs. Bereitstellungszinshöhe (i.d.R. 3% p.a oder auch 0,25% pro Monat) ggf. sogar günstiger, als das Darlehen gegen Zahlung BZ nicht abzurufen.
Selbstverständlich kann man mit der Bank aber auf Kulanzbasis verhandeln und versuchen, eine kostenlose bzw. kostengünstige (in Ihrem Fall) Teilnichtabnahme zu erreichen, "müssen" tut dies die Bank aber nicht, wird aber im Zweifel sehen, Sie als guten Kunden ggf. im Zeitalter der abnehmenden Kundenbindung (Internet, etc.) durch Entgegenkommen emotional zu binden, zumindest wenn der für die Bank entstehende Nichtabnahmeschaden (Refi-Schaden + entgangener Gewinn aus Margenschaden) nicht allzu groß ist.
Spätestens zum nächsten Zinsablauftermin können Sie das Verhalten "Ihrer" SpK ja dann für Ihre weiteren Überlegungen in Betracht ziehen.Alternative Lösungen - je nach Vertragsausstattung - könnten sein:
- Abruf und entsprechende Sondertilgung (ggf. verteilt auf die nächsten Jahre
- Abruf und SoTi + Erhöhung der laufenden Rate (Tilgung) bis der überschüssige Darlehensbetrag verbraucht ist mit anschließender Senkung der Rate auf das ursprüngliche Niveu (hierfür ist natürlich eine entsprechend flexible DV-Ausstattung erforderlich, wofür die SpK nicht allgemein im "Verdacht" stehenViel Erfolg für Ihre Verhandlungen wünscht
Eurone