Beiträge von Dr. Schlemann

    Ich rufe hier noch einmal unsere Diskussion zur PKV auf. Inzwischen hat mich der alte Seeräuber überrascht, nämlich dadurch, dass es dieses Jahr erstmals seit vielen Jahren in keinem Tarif eine Beitragserhöhung gab, außer der unverschämten Erhöhung in der PV um 40% zum Jahresanfang natürlich. Deshalb die Frage an Dr. Schlemann , wie es dieses Jahr damit insgesamt in der Branche aussieht. Du müsstest doch eigentlich einen recht guten Überblick haben. Ist das eine Ausnahme oder sind die Beiträge insgesamt in der Branche nicht oder zumindest weniger stark als in den letzten Jahren erhöht worden? Dass höhere Beiträge dieses Jahr sachlich nicht gerechtfertigt sind, liegt auf der Hand. Díe Leistungsausgaben sind in den letzten Jahren kaum gestiegen oder sogar zurückgegangen, die Sterbewahrscheinlichkeit ist erstmals seit vielen Jahrzehnten angestiegen, die steigenden Zinsen sorgen für höhere Kapitalerträge. Andererseits waren auch die z. T. drastischen Erhöhungen der letzten Jahre, bei mir 27% in 2019 und weitere 11% in 2020 im ambulanten Tarif nicht begründbar. Zugelangt wurde trotzdem.

    Dazu steht einiges auf unserer Seite "PKV Beitragsanpassung: Was tun wenn der Beitrag erhöht wird?".


    Bei der Pflegepflichtversicherung fiel zwar einerseits der Corona-Zuschlag (7,30 EUR pro Monat für Beihilfeberechtigte, 3,40 EUR für alle anderen), den per Gesetz nur Privatversicherte entrichten mussten, zum 31.12.2022 weg.


    Der Grund dafür, dass die private Pflegepflichtversicherung dennoch ab 1.1.2023 deutlich teurer wurde, sind, wie auf der Seite des PKV Verbands im Detail beschrieben, politische Reformen (Entlastung Pflegebedürftiger von Zuzahlungen, Tariflohn für Pflegekräfte). Bis steigende Zinsen zu einer Entlastung führen dauert es eine Weile, da die Gesellschaften ja nicht mit Tages- und Festgeld arbeiten, sondern mit längerfristigen Anlagen. Aus dem gleichen Grund stiegen die Beiträge auch nicht unmittelbar bei sinkenden Zinsen.


    Bei der Einordnung hilft übrigens, wenn man nicht von Prozent spricht, sondern von absoluten Beträgen. Wenn ich für mein Croissant 100% mehr zahle klingt das erst mal dramatisch. Wenn der Preis absolut aber nur von einem Euro auf zwei Euro steigt, ist das selten existenzgefährdend. :)


    Nicht ganz unwichtig, wie schon von Alexis zutreffend angemerkt: Der Beitrag zur privaten Pflegepflichtversicherung liegt weiterhin deutlich unter dem auf unserer Seite "Sozialversicherungswerte 2023: GKV wird 4,70% teurer!" beschriebenen Beitrag zur gesetzlichen sozialen Pflichtversicherung von 169,58 EUR im Monat für Kinderlose bzw. 152,12 EUR mit Kind. Das sind die Sätze für Höchstbeitragszahler als Benchmark für normale Angestellte. Wer weniger verdient, könnte nicht in die PKV wechseln. Wenn jemand mit Kind in Hausnummer 132 EUR wohnt, scheint er monatliche sozialversicherungspflichtige Bezüge i.H.v. 4.327 EUR zu erhalten. :)

    Bezüglich Krankenversicherung finde ich insbesondere die stationäre Zusatzversicherung sehr sinnvoll. Damit ist das Kind zumindest im Krankenhaus, wo es meistens um ernstere Erkrankungen geht, Privatpatient. Ambulant und Zahnzusatz sind für mich eher Geschmackssache und eine Frage der persönlichen Risikoeinschätzung. Haben die Eltern z.B. keine so guten Zähne, dann steigt die Wahrscheinlichkeit, dass das Kind von diesem Baustein profitiert. Dabei geht es aber weniger um die Qualität der medizinischen Versorgung, sondern um die Hoffnung, damit etwas Geld zu sparen.


    Pflegetagegeld und Kinderunfallversicherung können ebenfalls sinnvoll sein. Dazu möglichst noch wie auf unserer Website beschrieben eine Grundfähigkeitsversicherung, die mit 10 Jahren in eine vollwertige Berufsunfähigkeitsversicherung umgetauscht werden kann.


    Letztlich ist das halt auch eine Budget-Frage. Wer es sich leisten kann, dem sollten seine Kinder schon ein paar solcher Bausteine wert sein, die - solange sie gesund sind - früh abgeschlossen deutlich günstiger sind.

    Frage: Hobbys wie reiten oder klettern führen wohl oftmals zum Ausschluss - wie sieht es z. B. mit normalem Wandern aus? Das müsste ja eigentlich eher positiv sein, oder?


    Antwort: Es wird nur nach Hobbies gefragt, die zu erhöhten Risiken führen. Wandern gehört normalerweise nicht dazu. :) Es gibt allerdings auch keinen "Bonus" für "gute" Sportarten.

    Frage: Gibt es eine Empfehlung, ab wann man frühestens nach dem Abschluss einer BU-Versicherung wieder zum Gesundheits-Checkup gehen sollte oder ist das nicht relevant (falls da etwas entdeckt werden sollte)?


    Antwort: Sofern bei Antragstellung alle Angaben richtig und vollständig gemacht wurden, spricht nichts dagegen, "einen Tag nach Policierung" zum nächsten Check-up zu gehen. Sofern ohne Gesundheitsrisiken vermeidbar aber bitte nicht vor oder während der Antragstellung. Dabei können bislang unbekannte Diagnosen zutage treten, die dann im Antrag oder bei späteren Nachfragen der Gesellschaft anzugeben sind.

    Frage: Flugangst kann wohl zum Ausschluss führen. Ist das wirklich ein Thema (sofern man hierzu nie in Behandlung war und es nirgendwo vermerkt wurde)?


    Antwort: Das hängt von der konkreten Fragestellung ab. Regelmäßig wird auch nach unbehandelten "Beschwerden" gefragt, dann sind solche Umstände anzugeben. Flugangst muss allerdings nicht unbedingt zu einem Leistungsausschluss führen. Ein Bäcker wird deshalb kaum berufsunfähig werden, ein international tätiger Manager schon eher. Fehler bei der Antragstellung bezüglich undokumentierten Beschwerden kann die Gesellschaft im Leistungsfall zudem kaum nachweisen.

    Frage: Es wird empfohlen sich im Vorfeld von der Krankenkasse alle vorliegenden Patientenakten anzufordern. In wie weit ist das praktikabel bzw. noch Stand der Dinge?


    Antwort: Grundsätzlich sollte die Gesundheitshistorie sehr sorgfältig aufbereitet werden, damit die Berufsunfähigkeitsversicherung im Ernstfall zahlt und sich nicht auf eine sog. "vorvertragliche Anzeigepflichtverletzung" berufen kann. Generell ist das Einholen von Auskünften bei Krankenversicherung und Ärzten sinnvoll, auch im Hinblick auf evtl. Abrechnungsdiagnosen. Die Rechtsprechung macht eine solche Akteneinsicht nicht zur zwingenden Voraussetzung, siehe zuletzt OLG Dresden, 4. Zivilsenat, Urteil vom 6. Dezember 2022, Az.: 4 U 1215/22 (der Urteilstext kann nicht direkt verlinkt werden, bei der Justiz Sachsen aber über diesen Link aufgerufen werden).

    Frage: Wenn man über einen längeren Zeitraum nicht mehr in der Lage ist die monatlichen Beiträge zur BU-Versicherung zu bezahlen, ab wann verliert man die Versicherung?


    Antwort: Das ist je nach Anbieter / Tarif unterschiedlich geregelt. Die meisten Gesellschaften bieten Stundungsmöglichkeiten von 12 bis 24 Monaten an, in manchen Fällen (z.B. Arbeitslosigkeit) sogar zinsfrei.

    Frage: Wer zahlt die gesetzliche Krankenversicherung, Pflegeversicherung und die Rentenversicherung im Falle einer anerkannten BU?


    Antwort: Wichtiger Punkt! Diese Beträge (bzw. alternatives Sparen bei der Rentenversicherung) bezahlt die berufsunfähige Person selbst. Das ist einer der Gründe, weshalb wir in den meisten Fällen empfehlen, das Nettoeinkommen gegen BU abzusichern.


    Siehe dazu auch

    • in unseren BU FAQs: "Wer zahlt bei Berufsunfähigkeit meine Beiträge zur Krankenversicherung?"
    • unseren Blogbeitrag "Muss ich von meiner Berufsunfähigkeitsrente Krankenversicherungsbeitrag zahlen?"

    Frage: Welche Auswirkungen hat denn die aktuelle Wirtschafts-/Krisensituation konkret auf Neu-/Altverträge für BU-Versicherungen? Oder anders gefragt: Ist das aktuell eher eine schlechte Zeit eine entsprechende Versicherung abzuschließen?


    Antwort: Der Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung ist unabhängig von der aktuellen Wirtschaftslage sinnvoll. Aufgrund hoher Inflationsraten bekommt der Inflationsausgleich durch Beitragsdynamik und Leistungsdynamik noch mal eine höhere Bedeutung bei der BU Konfiguration. Künftige Beitragsdynamiken sollten noch regelmäßiger mitgenommen werden, damit die Kaufkraft der versicherten Berufsunfähigkeitsrente nicht mit den Jahren sinkt.

    So, jetzt mal der Reihe nach. Zur besseren Übersicht beantworte ich die Fragen von SteWiFT nacheinander in einzelnen Posts.


    Vorab verrate ich ein großes Geheimnis: Man muss sich nicht unbedingt mühsam durch Foren hangeln, um eine "gute" Berufsunfähigkeitsversicherung abzuschließen, die im Ernstfall auch leistet. Der deutlich einfachere Weg führt über eine Terminbuchung bei einem auf das Thema BU spezialisierten Berater / Versicherungsmakler. Bei einigen dieser Experten reicht dazu ein Klick auf "Termin anfragen" oder "Jetzt kostenlos beraten lassen" auf deren Website. :)

    Ui, da steckt ja einiges an zusätzlichem Material für unsere BU FAQ's drin. In der nächsten ruhigen Minute versuche ich etwas ausführlicher auf die Fragen einzugehen. Einige der Antworten sind auch schon in unseren "BU FAQs" enthalten, die man mit dieser Google Suche eigentlich ganz gut findet. Wer mag darf gerne schon mal mit entsprechenden Links antworten. :)