Zu Scalable Capital und Whitebox, die beide ein Value at Risk Modell fahren, lese man bitte im Buch „Eiszeit für die Weltwirtschaft“ oder im Blog von Herrn Dr. Stelter nach:
https://think-beyondtheobvious…dem-geld-5-selber-denken/
„Banken und Investoren versuchen, Risiko und Ertrag mit ausgeklügelten Modellen zu steuern. Ein wichtiges Konzept dabei ist das sogenannte „Value at Risk“. Dabei wird unter Annahme von bestimmten Wahrscheinlichkeitsverteilungen ausgerechnet, wie hoch der potenzielle Verlust eines Investments innerhalb eines bestimmten Zeitraumes maximal sein wird. Als Input dienen dabei vor allem die Daten der Vergangenheit. Übersetzt bedeutet dies, die Investoren gehen davon aus, dass die Zukunft sich analog zur Vergangenheit entwickelt. Strukturbrüche werden so nicht vorhergesehen. Lange Phasen der Stabilität und Ruhe an den Finanzmärkten, gemessen an der Volatilität, führen dann wiederum zu einem geringeren erwarteten Risiko und damit geringeren Verlustwahrscheinlichkeiten. Die Investoren können dann höhere Risiken als zuvor eingehen, weil diese ja nicht mehr so riskant sind.
Wenn es dann zu einem Bruch der Entwicklung kommt, sind es gleich deutliche Abweichungen von dem, was die Modelle erwarten. Schnell wird dann von „schwarzen Schwänen“ gesprochen, also Dingen, die außerhalb des Erwartbaren waren. Dieser Begriff wurde von Nassim Taleb eingeführt und beschreibt Ereignisse, „die extrem unwahrscheinlich sind, völlig überraschend eintreffen und sich im Nachhinein einfach erklären lassen“.
Goldman Sachs ist sicherlich eine der professionellsten Adressen in der Finanzwelt. Wie die Financial Times berichtet, jedoch auch nicht frei von den Tücken der Modelle. Im Jahre 2007 bei Ausbruch der Finanzkrise (wir erinnern uns: angeblich risikofreie AAA-Papiere wurden über Nacht zu Ramsch) vermeldete die Firma 25 „Verletzungen der Standardabweichung mehrere Tage in Folge“ (25-Sigma-Ereignis). Dies bedeutet, die Verluste waren größer, als sie nach den Annahmen des Modells hätten sein dürfen. Und dies mehrere Tage in Folge, was noch unwahrscheinlicher ist.
Um es greifbarer zu machen, haben Kevin Dowd, John Cotter, Chris Humphrey and Margaret Woods von der Nottingham Business School mal nachgerechnet: How Unlucky is 25-Sigma?
Ein 3-Sigma-Ereignis kommt alle 741 Tage vor, also ungefähr einmal in drei Jahren.
Ein 4-Sigma-Ereignis kommt alle 31.560 Tage vor, also einmal in 126 Jahren.
Ein 5-Sigma-Ereignis kommt alle 2.483.046 Tage vor, entspricht allen 13.932 Jahren. So lange ist die Eiszeit her.
Ein 6-Sigma-Ereignis kommt alle 1.009.976.678 Tage vor – also einmal in 4.039.906 Jahren – so lange gibt es den heutigen Menschen.
Ein 7-Sigma-Ereignis einmal in 3.105.395.365 Tagen. – fünfmal länger als es Leben auf der Erde gibt. Wow.
Die Wahrscheinlichkeit für eine derartige Abweichung vom Erwartungswert um 25 Sigma ist so hoch, wie der Gewinn beim Lotto 21 bis 22 Mal in Folge! Das aber hat Goldman nicht nur einmal, sondern mehrfach hintereinander erlebt. „Oskar Wild hätte es wohl so umschrieben: Einmal ein 25-Sigma Ereignis zu erleben, kann man als Pech ansehen. Es mehr als einmal zu erleben, sieht nach Schlamperei aus.“
Ich würde es einfach ausdrücken: Die Fortschreibung der Vergangenheit ist keine Garantie für eine risikofreie Zukunft.
- Zitat Ende -
Ich habe Ende 2016 auch bei Scalable angelegt. Das investierte Kapital aber mittlerweile wieder abgezogen, da die Kosten für die Scheinsicherheit VaR zu hoch sind. Nach obiger Lektüre war ich nicht mehr dazu bereit, mich auf ein solches Modell zu verlassen. Als Marketingtool ist VaR natürlich genial gewählt.
Wer eher Filme mag: der schaue mal „Margin Call“, der die Risikobewertung von Banken hinterfragt.