Noch zur Klarstellung:
Ich bin auch der Überzeugung, dass die gesetzlichen Regelungen über die Ehe in den allermeisten Fällen einen Ehevertrag überflüssig machen.
Das BGB ist durchzogen vom Bestreben des Gesetzgebers einen fairen Interessenausgleich sicherzustellen. Das ist so. Auch wenn es immer wieder Betroffene gibt, die davon berichten, dass ihre Scheidung sie "ruiniert" hat. Das ist häufig eine sehr einseitige Sicht. Würde man den anderen Ehepartner dazu hören, sähe es wahrscheinlich ganz anders aus.
Die Grundidee der Zugewinngemeinschaft (=der gesetzliche Güterstand von Ehepartnern) ist die, dass jeder sein eigenes Vermögen hat und auch während der Ehe behält!!!
Wenn oben in einem Beitrag davon die Rede ist, für die Schulden des Mannes aufkommen zu müssen, hat das mit gesetzlichem Güterstand nichts zu tun! In der Zugewinngemeinschaft haftet jeder nur für sich selbst und sein eigenes Vermögen. Mal abgesehen von Bagatellgeschäften des täglichen Lebens gem. § 1357 Abs. 1 BGB. Wenn ich also beim Kaufmann an der Ecke (gibt es den noch?) anschreiben lasse für den Lebensmitteleinkauf, dann kann der die Rechnung auch gegen meine Ehefrau einklagen. Aber das isses auch schon!
Ein Wort noch zum gemeinsamen Girokonto: sehr weit verbreitet, weil viele glauben, als Ehepaar gehört ihnen jetzt alles gemeinsam! Trotzdem rate ich dringend davon ab, wenn es das einzige Konto sein sollte. Gerade wenn einer von beiden in eine Pfändungssituation hineingerät, lässt sich im Nachhinein schwer beweisen, welcher Teil des Guthabens auf dem gemeinsamen Konto wem gehört.
Empfehlenswert ist hingegen ein "Drei-Konten-Modell". Jeder hat ein "privates" Giro-Konto für sich. Hier geht Gehalt oder ähnliches ein. Daneben gibt es ein "Haushaltskonto" und davon werden die gemeinschaftlichen Lebenshaltungskosten bezahlt. Z.B. die Miete, Strom, Telefon, Rundfunk, die Versicherungen und der Lebensmitteleinkauf.
Das "Haushaltskonto" wird dann von beiden per Dauerauftrag aufgefüllt entsprechend dem monatlichen Bedarf. Hier kann man miteinander sprechen, ob die Beiträge 50:50 sind oder etwa nach Einkommen aufgeteilt werden. Letzteres ist meines Erachtens ein Gebot der Fairness. Wenn er mit 3.000,00 € netto nach Hause kommt und sie wegen Halbtagjob neben Kindererziehung nur 1.000,00 € netto verdient, kann sie kaum 50 % der Lebenshaltung bezahlen! Fair wäre hier eine Aufteilung von 75 % der Kosten bei ihm und 25 % der Kosten bei ihr. Wenn also die Lebenshaltung alles in allem 3.000,00 € monatlich kostet, dann zahlt er 2.250,00 € auf das Haushaltskonto ein und sie leistet 750,00 € Beitrag in den gemeinsamen Topf.
Das hat aber nichts mit der Zugewinngemeinschaft zu tun!!!
Der Zugewinn wird erst bei Ende der Ehe festgestellt. Und die Formel ist vergleichsweise simpel:
Schritt 1: Ermittlung des Endvermögens jedes Ehegatten getrennt. Hier kommen Sparbücher, Immobilien, Wertpapierdepots usw. in die Berechnung.
Schritt 2: Subtraktion des Anfangsvermögens. In vielen Fällen ist das Anfangsvermögen null. Z.B. wenn beide sehr jung und ohne große Ersparnisse geheiratet haben. Hat einer der Ehegatten während der Ehe eine Erbschaft gemacht oder ein Vermögensteil geschenkt bekommen, dann erhöht dieser Zuwachs das Anfangsvermögen. D.h. es wird rechnerisch so getan, als ob das Erbe/Geschenk schon bei Beginn der Ehe da gewesen wäre.
Das Ergebnis von Schritt 2 ist der Zugewinn. Also die Differenz von Endvermögen minus Anfangsvermögen.
Schritt 3: Vergleich des Zugewinns: Haben beide Ehegatten den gleichen Zugewinn, zahlt niemand etwas. Hat ein Ehegatte einen größeren Zugewinn als der andere, dann muss er die Hälfte des Unterschiedsbetrags an den anderen Ehegatten auszahlen. Nach diesem Zugewinnausgleich gehen beide mit dem gleichen Zugewinn aus der Ehe heraus!
Das muss nicht bedeuten, dass beide nach der Ehe gleich vermögend sind!
Nur zur Verdeutlichung ein Beispiel: Nehmen wir den Klassiker, alter Mann mit viel Geld heiratet attraktive junge Frau ohne jedes Vermögen. Er ist Millionär (hat 1 Million Vermögen), sie hat nix!
Sie leben einige Jahre in Zugewinngemeinschaft und lassen es sich gut gehen. Er kommt für alles auf. Sie arbeitet nicht und kann deshalb auch nichts auf die Seite legen. Nach einiger Zeit hat sie die Nase voll und lässt sich scheiden.
Wegen des aufwendigen Lebensstils ist sein Vermögen kleiner geworden. Er hat nur noch 750.000,00 €. Sie hat immer noch nix!
Frage: Wer bekommt was? Antwort: Keiner bekommt irgendwas! Es wurde von keinem der Ehegatten ein Zugewinn erzielt und deshalb behält er seine (Rest-)Kohle und sie muss sich ein anderes "Versorgerli" suchen.
Die Zugewinngemeinschaft ist nur dann problematisch, wenn einer von beiden während der Ehe ein Vermögen aufbaut, das sich am Ende der Ehe nicht verflüssigen lässt. Typischerweise ist dies - wie in meinem vorigen Thread schon ausgeführt - bei Selbstständigen der Fall. Der Wert der eigenen Firma wird im Endvermögen dazu gezählt und ist ausgleichspflichtig. Aber den "Firmenwert" hat niemand in flüssiger Form verfügbar. Und wenn der Ehegatte bei Scheidung gezwungen wird, die Firma zu verkaufen, dann ist nicht nur Ehe und Familie weg, sondern auch gleich die berufliche Existenz. Das ist die Gefahr! Hier sollte ein Ehevertrag für einen vernünftigen Ausgleich sorgen.
Wenn aber beide als Angestellte arbeiten, stellt sich diese Problematik überhaupt nicht.