Hallo eagle_eye, Betroffener2015,
ich selbst bin kein Freund von BSV. Werder habe ich einen, noch habe ich je zu einem geraten. Ich halte sie für pure Geldvernichter. Das ist jedoch meine Meinung und die muss man nicht teilen. Wenn man jedoch eine andere Ansicht vertritt und Bausparverträge abschließen möchte, dann sollte man auch das Gesamtbild betrachten.
Der Fortbestand des gesamten Geschäftsprinzips steht auf der Kippe. Dass ist einigen nicht bewusst. Dass Verträge mit Zinsen weit über dem Marktniveau kein tragfähiges Geschäftsmodell ist, sollte jedem einleuchten. Richtig, die Bausparkassen haben das so beworben. War das abzusehen? Ein Thema über das man diskutieren kann. Ich bin der Meinung: vielleicht. Ich möchte dies in wenigen Sätzen darlegen.
Die BSK muss ein Balanceakt auf dem Drahtseil bewältigen. Da mindestens so viel Sparguthaben vorhanden sein muss, wie als Darlehn nachgefragt wird. Diese Zyklen unterliegen starken Schwankungen, nicht immer sind diese abzusehen. Vor rund 30 Jahren gab es einem unvorhergesehenen Boom auf die Darlehn der BSV. Die BSK musste gegensteuern. Die Sparguthaben waren nicht ausreichen, die Darlehn konnten nicht bedient werden.
Die Institute waren gezwungen neue Konditionen auszugeben. Höhere Zinsen, zwischen 1990 und 1999 waren teilweise über 5 % Zinsen nötig um genug Sparguthaben anzuhäufen. Zusätzlich und vor diesem Problem stehen die Kassen nun, wurde als Anreiz geboten, den Vertrag einseitig verlängern zu können.
Ab 2012, 2013 war das Sparguthaben praktisch nutzlos. Die Sparer hatten begonnen die Darlehn nicht mehr anzunehmen. Die Quote von rund 80% rutschte weit unter die 50% Marke. Das ist jedoch nur ein Teil des Problems. Bausparkassen sind sträng reguliert. Sie dürfen die Überschüsse der Sparguthaben, die nun weitaus größer sind, nur in eine kleine Auswahl von „sicheren“ Wertpapieren investieren. Im Vergleich dazu dürfen Versicherer unter anderem in Aktien investieren - Bausparkassen nicht.
Hinzu kommt ein drastischer Rückgang an Neuabschlüssen. (Das verstehe ich wiederum auch nicht. Der einzige Grund, der mir einfällt, warum man jemals einen Bausparer abschließen sollte, ist der Einkauf niedriger Zinsen in einem Niedrigzinsmarkt für die Zukunft). In Zahlen: von rund 5 Millionen Verträge in 2002 geschrumpft auf 2,8 Millionen Verträge in 2014.
Man merkt, da läuft einiges schief. Die Konsequenzen der Kassen waren unter anderem Personalabbau und die besagte Kündigung der Hochzins BSV. Wohlgemerkt: Die Anzahl der gekündigten BSV beläuft sich auf weit unter 1%. Es betrifft also im Grunde sie Härtefälle.
Und ich bin mir sicher: das Ganze wird wieder kippen, wenn die Zinsen anziehen und die Kassen Darlehn mit niedrigen Zinsen bedienen müssen. Ich bin der Meinung, dieses ganze System ist auf sehr fragilen Stützen gebaut und funktioniert nur wirklich gut bei einer Seitwärtsbewegung der Zinskurve. Abgesehen davon, dass der Gesamtnutzen für den Verbraucher überaus fraglich ist. Einige meiner Kollegen in Deutschland, Verbraucherzentralen und andere verbraucherorientierte Einrichtungen haben durch Rechnungen stets belegt das Kosten / Nutzen einfach nicht gegeben ist.
Aber wenn man in diesem System operieren möchte und es nutzen möchte, dann muss man sich auch mit der Realität beschäftigen. Es hilft nicht, die Augen zu schließen und sich zu sagen: Ich habe aber recht.
Ja, das sind die Probleme der Kassen und es wurden Fehler durch die Kassen gemacht. Aber als Kunde dieser Kasse ist es bedauerlicherweise auch zu Ihrem Problem geworden. Nicht umsonst wurde der Garantiezins der Versicherer gekippt. (Wobei ich finde, dass dort zunächst ganz andere Dinge hätten gekippt werden können). Ich kann mich nur wiederholen: Ich habe vollstes Verständnis für die Betroffenen. Und ich kann den Unmut nachvollziehen.
Ich begrüße eine Entscheidung zugunsten der Verbraucher – ich halte sie aber in diesem Fall für Kontraproduktiv, da die Folgen schlicht nicht abzusehen sind. Ich hätte ein Kompromiss für produktiver gehalten. Noch besser hätte ich es gefunden, wenn die Kassen von sich aus ein Kompromiss erwogen hätten und nicht ein teurer Rechtsstreit nötig gewesen wäre. Ob Bausparkassen überhaupt eine Zukunft haben und wie nah der Abgrund für die Kassen ist, wird sich zeigen. Wir dürfen also weiter gespannt sein.