Es ist schön zu sehen, dass einige Teilnehmer mit großer juristischer Fachkompetenz nun - leider erst nach dem Urteil - den Weg in dieses Forum gefunden haben, die sich bemühen, auch mir etwas Unbedarftem nicht die Rechtmäßigkeit (denn die steht ja wohl außer Frage), sondern die Grundlagen dieses wegweisenden BGH-Urteils sowie das „Pacta sunt servanda“ der Bausparkassen zu erklären.
Diese Situation möchte ich gerne beim Schopf ergreifen - obwohl ich bei der Fallkonstellation, die jüngst entschieden wurde, noch als interessierter Betrachter an der Seitenlinie stand und stehe.
Der Bausparkasse können Sie allerdings auch nicht vorwerfen, dass sie sich nicht an den Vertrag halten würde. Sie hält sich an den Vertrag und nimmt reguläre Kündigungsmöglichkeiten wahr. Das machen andere Kreditnehmer auch regelmäßig: Etwa, wenn ein normaler Darlehensnehmer (sagen wir: Bei einem Verbraucherdarlehen mit einer Bank auf der Seite des Darlehensgebers) Darlehen vorzeitig kündigt, weil es ihm gesetzlich erlaubt ist und er so Zinszahlungen sparen kann.
Bislang konnte mir noch niemand - auch keiner derjenigen in diesem Forum, die das Urteil aus juristischer Sicht begrüßen - erklären, weshalb §§ 488, 489 BGB bei Bausparverträgen … nein, richtig muss es wohl heißen „bei Darlehensverträgen mit Bausparkassen“ (denn §§ 488, 489 BGB regeln nicht Rechte und Pflichten bei Bausparverträgen, sondern bei Darlehensverträgen … „verrückt“ eigentlich im ursprünglichen Wortsinn) nur teilweise gelten soll.
Die Bausparkassen führen für ihren Standpunkt immer wieder, so auch hier, § 488, Abs. 3 als Argument ins Feld:
„Ist für die Rückzahlung des Darlehens eine Zeit nicht bestimmt, so hängt die Fälligkeit davon ab, dass der Darlehensgeber oder der Darlehensnehmer kündigt.“
Dem sind die Gerichte in aller Regel und auch bei den nun entschiedenen Fällen willig gefolgt, lassen aber gerne und ohne Erklärung den Abs. 1 unbeachtet, in dem vertragstypisch geregelt ist, wodurch ein Darlehensvertrag überhaupt erst zustande kommt:
„Durch den Darlehensvertrag wird der Darlehensgeber verpflichtet, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen.“
Das heißt nach meiner „Otto-Normalverbraucher“-Logik, dass die Höhe des Geldbetrages, der der Bausparkasse als Darlehen zur Verfügung gestellt werden soll, im Darlehensvertrag vereinbart worden sein muss, damit es sich überhaupt erst um ein Darlehen handelt.
Nun kann ich allerdings nicht erkennen, dass an irgendeiner Stelle eines Bausparvertrages oder in den ABB ein Geldbetrag als Darlehenshöhe vereinbart wurde, eine vom Bausparer/Darlehensgeber geschuldete Darlehenssumme ist also in keiner Weise festgelegt.
Weshalb handelt es sich bei Bauspareinlagen denn trotzdem um Darlehen? Weshalb also handelt es sich bei Bausparverträgen um Darlehensverträge, bei denen die Vorschriften der § 488, 489 BGB zum Tragen kommen?
Vielleicht kann @alpenveilchen mir da etwas auf die Sprünge helfen, gerne auch @muc oder andere???
Ach sorry, bevor ich es vergesse - eine Frage noch an den Experten:
§ 489 BGB gilt für ALLE Arten von Darlehen. Diese Vorschrift kann auch durch Vertragsbedingungen nicht ausgeschlossen werden. Der Gesetzgeber will einfach JEDEM, der einem anderen Geld schuldet, nach 10 Jahren ein ordentliches Kündigungsrecht einräumen.
Nun liegen hier gerade neben mir die „Allgemeine Bedingungen für Bausparverträge (ABB)
mit Abschlussdatum vom 01.03.1998 bis 31.12.2000“ in der zuletzt geänderten Fassung vom Januar 2013.
Ich zitiere daraus:
„§ 14 Kündigung des Bausparvertrages
(1) Die Bauspar AG kann den Bausparvertrag nicht kündigen, solange der Bausparer seine vertraglichen Verpflichtungen erfüllt.
(2) Der Bausparer kann den Vertrag jederzeit kündigen. [...]“
Ist diese Vereinbarung dann also ungültig, weil rechtswidrig?
Danke und Gruß
Eagle Eye