Hallo Derfla,
wie versprochen ein paar Gedanken zu den von Dir eingestellten Dokumenten und den darin von den Bausparkassen vorgetragenen „Argumenten“ – wobei ich in den vergangenen Monaten immer mehr zur Einsicht gelangt bin, dass sowohl die Kundenbeschwerdestelle der Bausparkassen als auch der Ombudsmann der privaten Bausparkassen nach der Maxime vorgehen „Wes Brot ich ess, des Lied ich sing“.
Das, was da als scheinbar „rechtliche“, scheinbar „juristische“ Begründung für eine Vertragskündigung vorgetragen wird, ist n. m. M. widersprüchlich und muss es wohl auch sein, weil hier schlichtweg etwas konstruiert wird, was den vertraglichen Vereinbarungen jedenfalls des BHW-Dispo nicht entspricht.
Bislang schien es den Bausparkassen zu genügen, dass ihre Kündigungen in denjenigen Fällen auch von den Gerichten immer dann als wirksam bestätigt wurden, wenn das Bausparguthaben die Bausparsumme erreicht bzw. überschritten hatte.
Eine neue Qualität scheint sich allmählich breit zu machen, die sich allein in diesem einen Satz manifestiert, den ich aus dem Schlichtungsspruch des Herrn Dr. Klein zitiere:
„Dass das Bausparguthaben bei Ausspruch der Kündigung des Vertrages die Bausparsumme nicht erreichte, berührt die Wirksamkeit der Kündigung nicht.“
Dann folgt in den nächsten Absätzen einiges - mit Verlaub - „Geschwurbel“, u. a. mit dem inzwischen ständig vorgetragenen Mantra, bei einem Bausparvertrag tauschen Darlehensgeber und Darlehensnehmer irgendwann ihre Rolle mit dem Ergebnis, dass die Vorschrift des 488 BGB mit der Beendigung des Vertragsverhältnisses grundsätzlich anwendbar sei.
Wörtlich heißt es dann allerdings weiter für den Fall, dass das Bausparguthaben kleiner ist als die Bausparsumme:
„Solange der Kunde Anspruch auf Gewährung des Bauspardarlehens hat, scheidet eine Kündigung durch die Bausparkasse aus, […].“
Drei Absätze weiter führt Herr. Dr. Klein dann allerdings plötzlich einen Begriff ein, der an keiner Stelle (!) der Allgemeinen Bausparbedingungen vorgesehen ist: Er spricht nicht mehr von einem „Anspruch“ oder „Nichtanspruch“ des Kunden auf ein Bauspardarlehen, sondern davon, dass die Inanspruchnahme des Darlehens „nachteilig“ wäre.
„Nachteilig“ deshalb, weil „der Kunde den möglichen Anspruch auf die Höherverzinsung verliert“. Das heißt schlichtweg, dass dem Kunden eine eigene Entscheidung auf der Grundlage des vereinbarten Vertrages verwehrt wird, dass der Bausparer sozusagen „entmündigt“ wird, weil die Bausparkasse berechtigt sein soll, diese Entscheidung für den Kunden zu treffen, zu der sie vertraglich nicht berechtigt ist. Ich wiederhole: Dies ist genau das Gegenteil von dem, was zwischen Bausparer und Bausparkasse bei Abschluss vertraglich vereinbart wurde, dies ist etwas, was durch keinen Satz der ABB gedeckt ist.
In diesem Schlichtungsspruch wird mit Hilfe einer am Ende rein wirtschaftlichen Argumentation, die ja auch schon in den BHW-Kündigungsschreiben verfolgt wird, die aber in keiner Weise auf dem Boden der vertraglichen Vereinbarungen stattfindet, der Weg für eine Vertragskündigung bereitet, mit der dem Bausparer nicht nur das Recht auf eine eigene Entscheidung „Darlehen ja oder nein“, sondern auch andere Rechte verwehrt werden, die er vertragsgemäß besitzt. Hier sei nur exemplarisch hingewiesen auf das Recht einer späteren Erhöhung der Bausparsumme, das der Dispo für den Bausparer vorsieht.
So viel zu dem, was Bausparkassen und ihre „Helfer“ - aus meiner Sicht vertragswidrig - als Kündigungskonstruktion vortragen.
Zur Kenntnis nehmen müssen wir wohl darüber hinaus, dass wir zumindest erstinstanzlich geografisches Glück oder Pech haben – je nachdem, an welchem Gericht die Rechtmäßigkeit einer Kündigung bewertet wird.
So wird z. B. im betreffenden Urteil des AG Ludwigsburg ein Kündigungsrecht der Bausparkassen nach 488 / 489 BGB grundsätzlich bestritten, und zwar deshalb, weil „im Bausparvertrag die vom Darlehensgeber „geschuldete“ Darlehenssumme mit keinem Wort festgelegt“ ist und § 488 BGB deshalb nicht zur Anwendung kommen kann.
In § 488 BGB heißt es nämlich unter „Vertragstypische Pflichten beim Darlehensvertrag“:
„Durch den Darlehensvertrag wird der Darlehensgeber verpflichtet, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen.“
Folge dieses Urteils wäre: Dem Schlichtungsspruch des Dr. Klein fehlt neben der vertraglichen darüber hinaus auch die gesetzliche Grundlage.
Andere Gerichte scheinen der Argumentation der Bausparkassen aufgeschlossener gegenüber zu stehen. So gehen Erfahrungen von Bausparern, mit denen ich in Kontakt stehe, mit dem LG Hannover offensichtlich in eine Richtung, die man – vorsichtig formuliert – als Bausparkassen–„freundlich“ beschreiben könnte und die in Teilen noch über den Schlichtungsspruch hinausgeht.
Ohne aktuell schwebende Verfahren oder noch nicht rechtskräftige Urteile an dieser Stelle im Detail kommentieren zu wollen: Wenn § 3 ABB „Die Gesamtverzinsung von 5 Prozent wird auch bei einer Kündigung nach 7 Jahren und einem Guthaben von 7000 DM gewährt“ so interpretiert wird, dass auch die Bausparkasse nach 7 Jahren bei einem Guthaben von 7000 DM ein Kündigungsrecht besitzt, dann kann man schon nachdenklich werden. Nachdenklich deshalb, weil in diesem § 3 die „Verzinsung des Sparguthabens“ geregelt ist und nicht irgendwelche Kündigungs–„Rechte“ der Bausparkasse oder deren Voraussetzung.
Nun zum Schluss noch meine Meinung zu Deiner Frage, wie man sich weiter richtig verhält.
Ich fürchte, Du wirst mit einem Weiterverfolgen Deiner Beschwerde bei dieser Kundenbeschwerdestelle keinerlei Erfolg haben, auch ein Anrufen des Ombudsmannes scheidet aus ersichtlichen Gründen aus.
Aus meiner Sicht bleiben drei Möglichkeiten:
1. Beschreiten des Rechtsweges, falls eine Rechtsschutzversicherung besteht und sie Dir eine Deckungszusage gäbe.
2. Mitteilung an die BHW, dass Du Deinen Widerspruch aufrecht hältst – nötigenfalls durch einen Anwalt, der dann gegen eine evtl. kleine Pauschale die Entwicklungen bei den verschiedenen Gerichten verfolgt und – wenn das Ganze irgendwann einmal (2017 ?) höchstinstanzlich positiv für Bausparer geklärt ist, Deine Ansprüche geltend macht.
3. Den Vertrag „abhaken“, das Geld ausgeben und Dich nicht weiter mit der Angelegenheit beschäftigen – worauf die Bausparkassen natürlich in jedem einzelnen Kündigungsfall hoffen …
Nur noch nebenbei: Ich befinde mich in genau derselben Situation wie Du, habe mich für Möglichkeit 1 entschieden und kann vielleicht irgendwann in den kommenden Monaten über eine erste Entscheidung berichten.
So, das war's für den Moment. Ich wünsche Dir und allen anderen hier friedliche, erfreuliche Feiertage und freue mich auf jede weitere erhellende Äußerung an dieser Stelle.
Eagle Eye