Beiträge von alpenveilchen

    Prüfen kann man immer und die "Heilung" von Fehlern aus Altverträgen durch neue Verträge ist grundsätzlich nicht möglich, sofern der Fehler nicht explizit angesprochen wird/eine rückwirkende Vereinbarung geschlossen wird (es kann allenfalls sein, dass sich aufgrund des Neuvertrags keine Rechte mehr aus den alten Fehlern herleiten lassen; etwa wegen Verwirkung. Bei Verbraucherdarlehensverträgen hat sich der BGH hierzu aber in der Vergangenheit sehr zurückhaltend gezeigt und auch in Fällen, in denen eine Verwirkung nahe liegt, diese Argumentation der Banken zurückgewiesen).


    Was ich allerdings nicht verstehe, sind die angeblichen Fehler. Ich kenne jetzt die Verträge nicht, aber "Annuitätendarlehen" und "Forward-Darlehen" schließen sich nicht aus Ein Forward-Darlehen ist sogar zumindest im Regelfall ein Annuitätendarlehen. Ob die Gesamtdauer bis zur vollständigen Tilgung richtig ist, lässt sich natürlich ohne Kenntnis der Verträge und einer Berechnung auch nicht sagen, aber: Bei Baufinanzierungen handelt es sich im Regelfall um Prognosen, weil regelmäßig 1. das Darlehen am Ende der Zinsbindungsfrist nicht vollständig abbezahlt ist (hier nach Ablauf der Zinsbindungsfrist also nicht zwingend mit dem Vertragszinssatz gerechnet wird, sondern ggf. mit einem Prognosezinssatz) und 2. Verträge häufig in irgendeiner Form Ratenanpassungen, -Aussetzungen oder Sondertilgungen ermöglichen. Mich würde wundern, wenn ein Darlehensvertrag ausgerechnet bei der Gesamtdauer bis zur vollständigen Tilgung falsche Angaben macht, da diese Berechnungen eigentlich rein automatisch ablaufen und es relativ wenig Spielraum für Patzer seitens der Bank gibt, wenn nicht gerade ein Programmierfehler bei der IT vorliegt. Zudem ist die Berechnung der Laufzeit schon bei bis zum Laufzeitende feststehenden Zinsen kompliziert und dürfte einem Laien (ich weiß natürlich nicht, wie tief Sie mathematisch in der Materie sind) kaum auffallen: Die Raten müssen bei der Zinsberechnung jeweils zum Zeitpunkt der Zahlung berücksichtigt werden, was zu ziemlich schiefen Aufteilungen der Zins- und Tilgungsrate abhängig von der zum jeweiligen Zahlungszeitpunkt bestehenden Restschuld führt. Ausschließen lässt sich ein solcher Fehler aber natürlich nicht.

    @eagle_eye
    Ah ja, sorry. Auf dem Kontoauszug steht "Tarif D4". Bauspartechnischer Vertragsbeginn ist 1988, der Vertrag wurde aber auch 2 mal aufgestockt/geändert. Kann jetzt nicht sagen wie die Tarifbezeichnung 1988 war, ob es da schon einen Tarif D4 gab.


    MfG
    forenteilnehmer


    Edit: da ich gerade im Deutschlandfunk gehört habe, dass die "Zusatzkosten für 0180-Nummern" nicht rechtens sind und vom EuGH moniert werden (siehe auch https://www.teltarif.de/0180-n…teil-eugh/news/67672.html ), wie bekommt man die "Verbraucherbenachteiligung" durch die BSK vor den EuGH? Könnten die vor dem BGH unterlegenen Bausparkunden jetzt vor den EuGH ziehen? Oder "wie kommt man da hin"?

    Die Entscheidung zur kostenpflichtigen Rufnummer war ein Vorabentscheidungsverfahren. Vereinfacht dargestellt können nationale Gerichte dem EuGH Fragen zur Auslegung europäischer Rechtsakte zur Entscheidung vorlegen, wenn die Beantwortung der Frage streiterheblich ist. Dies dient der einheitlichen Auslegung europäischen Rechts.


    Ansonsten kann man zum EuGH kommen, wenn ein Klagegegenstand europarechtliche Bezüge hat/es auf die Auslegung europäischen Rechts ankommt. Die Details zur Zuständigkeit des EuGH sind in Art. 251 ff. AEUV geregelt.


    Insgesamt gilt: Der EuGH ist keine Superrevisionsinstanz und prüft nicht beliebige Urteile nationaler Gerichte auf Rechtmäßigkeit.

    Wenn der Bonus vertraglich vereinbart wurde, würde ich mich hüten, den Vertrag eigenständig zu kündigen. Ein Unternehmen kann sich nicht aussuchen, welche Regeln es - gerade im Hinblick auf AGB - befolgt. Spontan halte ich die Aussage der Mitarbeiterin für Unfug, allerdings kenne ich die vertraglichen Ausgestaltungen auch nicht genau.

    Sie wurden nicht "nach Zuteilungsreife" zum Darlehensgeber, sondern bereits vorher. Die Zuteilungsreife ist nach Ansicht des BGH (die ich im Übrigen für richtig halte: Die Mindesteinzahlung ist der Höchstbetrag, die die Bausparkasse vom Bausparer rechtlich verlangen kann) lediglich maßgeblich für den Beginn der 10-Jahres-Frist.


    Dass Sie die Bedingungen nicht beeinflussen konnten, mag richtig sein; für ein Kündigungsrecht ist es aber nicht maßgeblich.

    Richtig: Titel 3 lautet „Darlehensvertrag; Finanzierungshilfen und Ratenlieferungsverträge zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher.“. Was folgt daraus? In Titel 3 ist zunächst der Darlehensvertrag geregelt (Untertitel 1), die vollkommen unabhängig davon sind, ob ein Verbraucher beteiligt ist. Untertitel 2 regelt dann die Finanzierungshilfen zwischen Unternehmer und Verbraucher.


    § 489 BGB ist eine allgemeine Vorschrift zum Darlehensvertrag, die immer gilt und nicht auf Verbraucherdarlehensverträge zu Gunsten des Verbrauchers beschränkt ist. Hätte der Gesetzgeber die Kündigungsmöglichkeit des § 489 BGB nur dem Verbraucher zugestehen wollen, hätte er diese Kündigungsmöglichkeit in Titel 3 Untertitel 1 (Darlehensvertrag) Kapitel 2 (Besondere Vorschriften für Verbraucherdarlehensverträge) geregelt, nicht in Titel 3 Untertitel 1 (Darlehensvertrag) Kapitel 1 (Allgemeine Vorschriften [zum Darlehensvertrag]).

    Wirklich sehr unausgereift.


    Erstens ist es keine plötzliche Erkenntnis von Bausparkassen, dass Einlagen rechtlich Darlehen darstellen. Das ist von der Rechtsprechung mindestens seit Jahrzehnten anerkannt. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob es nicht schon bei Inkrafttreten des BGB so war, dass der Gesetzgeber ebenfalls davon ausgegangen sind, dass Einlagen Darlehen darstellen. Dazu müsste ich in die Motive und in die Protokolle zum BGB gucken.
    Einlagen kann man jedenfalls kaum anders als als Darlehen klassifizieren, weil sich Einlagen und Darlehen nur durch den Blickwinkel unterscheiden.


    Zweitens ist es ziemlicher Unfug, eine nicht vorhandene Klausel als "überraschende Klausel" im Sinne des § 305c BGB zu klassifizieren. Für den Laien ist allenfalls überraschend, dass eine solche Klausel nicht vorhanden ist. Das ist allerdings systematisch auch überhaupt nicht notwendig: Was das Gesetz regelt, muss im Vertrag nicht erneut geregelt werden. Wenn Sie in einen Laden gehen und einkaufen, wird Ihnen die Kassiererin auch nicht die gesetzlichen Regelungen zum Kaufvertrag herunterbeten. Vielmehr einigen Sie sich mindestens auf die wesentlichen Vertragsbestandteile ("essentialia negotii"), treffen gegebenenfalls einige weitere Vereinbarungen (etwa über eine Garantie) und der Rest - wie zum Beispiel der komplette Gewährleistungsteil - ergibt sich aus dem Gesetz.

    @alpenveilchen


    Ein kleiner Unterschied:
    Als Kunde einer Bausparkasse, hatte ich beispielsweise, im Gegensatz zu einem Finanzinstitut, zu keiner Zeit die Möglichkeit, dass Vertragsregelwerk zu gestalten.

    Also sollten nach ihrer Auffassung nur diejenigen ihre Rechte wahrnehmen, die sich bei Verträgen in der schwächeren Position befinden, während der stärkere Part zu Gunsten der schwächeren Partei auf eigene Rechte verzichten soll?

    @ Alpenveilchen


    Ich habe nicht den Bausparkassen Schäbigkeit vorgeworfen - obwohl es dafür gute Gründe gäbe, sondern dem Diskutanten "BSH-Kunde". Ich lasse mir nicht den Mund verbieten oder mich als Troll bezeichnen, nur weil ihm meine Meinung nicht in den Kram passt.

    Ich hatte es falsch gelesen, bitte um Entschuldigung und möchte meine Frage umformulieren:


    Sind Sie der Auffassung, dass sich ein nicht-institutioneller Darlehensnehmer durch die rechtmäßige Kündigung eines Vertrags ebenfalls "davonstiehlt" und dafür "von denen, die Recht sprechen und nicht Politik machen sollen" auch noch belohnt wird?

    @ BSH-Kunde


    Wer wie Sie keine Argumente hat, der wirft dem anderen vor, er sei ein Troll und seine Haltung sei verhetzend. Das ist ja in letzter Zeit modern, wird aber deshalb nicht richtiger und bleibt das, was es ist: schäbig. Für mich gilt: Pacta sunt servanda. Und das gilt eben für den Einzelnen genauso wie für Institutionen. Ich habe mich an alle Vertragsbestandteile gehalten, die Bausparkasse stiehlt sich dagegen davon - und wird von denen, die Recht sprechen und nicht Politik machen sollen - auch noch belohnt.


    Sie persönlich dürfen aber gerne nach dem Grundsatz leben, sich alles bieten zu lassen - und dafür auch noch "Danke" zu sagen ...

    Der Bausparkasse können Sie allerdings auch nicht vorwerfen, dass sie sich nicht an den Vertrag halten würde. Sie hält sich an den Vertrag und nimmt reguläre Kündigungsmöglichkeiten wahr. Das machen andere Kreditnehmer auch regelmäßig: Etwa, wenn ein normaler Darlehensnehmer (sagen wir: Bei einem Verbraucherdarlehen mit einer Bank auf der Seite des Darlehensgebers) Darlehen vorzeitig kündigt, weil es ihm gesetzlich erlaubt ist und er so Zinszahlungen sparen kann. Sind Sie auch der Auffassung, dass dieses rechtmäßige Verhalten eines nicht-institutionellen Darlehensnehmers schäbig ist?

    Es ist schon interessant: Vor einem Jahr, als es um den Widerruf von Verbraucherdarlehensverträgen ging, hat keinen Verbraucherschützer der Grundsatz "pacta sunt servanda" interessiert. Aber jetzt wird der BGH kritisiert, weil er eine Kündigungsregelung vollkommen korrekt anwendet und es wird als Bruch der Vertragstreue fehlinterpretiert.


    Dabei ist es mitnichten so, dass ein einmal geschlossener Vertrag für immer eingehalten werden muss: Genau dafür hat der Gesetzgeber gesetzliche Kündigungsmöglichkeiten geschaffen. Die Ansicht, der § 489 BGB gelte nicht für Bausparkassen, war von Anfang an verfehlt: Das steht so nicht im Gesetz, es gibt keine durchschlagenden Gründe für diese Annahme.


    Prantl holt aber die ganz großen Keule heraus: Anpassungsmöglichkeiten oder Kündigungsgründe bestünden nur bei Wegfall der Geschäftsgrundlage, der BGH hätte also eine Kündigungsmöglichkeit fälschlicherweise angenommen. Hätte Prantl mal einen Blick ins Gesetz geworfen. Dann hätte er gesehen, dass seine Aussage vor dem Hintergrund des § 489 BGB schlichtweg völliger Unfug ist und der Gesetzgeber im Gegenteil für einige Vertragsarten reguläre Kündigungsmöglichkeiten vorsieht. Insofern: Miserabler Artikel von Prantl. Das Thema hat er offensichtlich nicht ansatzweise verstanden.

    Die Nichtabnahmeentschädigung ist rechtlich ein Ersatzanspruch des Kreditinstituts für eine Pflichtverletzung des Darlehensnehmers (=die Nichtabnahme des Darlehensbetrags). Wenn das Kreditinstitut von sich aus kündigt, ist die Berechnung einer Nichtabnahmeentschädigung grundsätzlich selbst dann rechtlich kaum haltbar, wenn die Kündigung berechtigt erfolgt (Grenzfälle mal außen vor; bei einer Kündigung aufgrund der verweigerten Abnahme kann es eventuell anders aussehen), da die Kündigung durch die Bank nicht aus deiner Risikosphäre stammt.


    Sofern du kein Interesse an der Abnahme des Darlehens haben solltest, würde ich die Bank ggf. nochmal anschreiben, darauf hinweisen, dass die Nichtabnahme alleine auf der Kündigung durch die Bank beruht und ihnen eine Frist (4 Wochen, falls es zeitlich bei dir passt, sonst 2 Wochen) setzen, innerhalb derer sie erklären sollen, ob sie an der Nichtabnahmeentschädigung festhalten.


    Solltest du weiterhin Interesse an dem Darlehen haben, würde ich sofort einen Anwalt kontaktieren. Wenn du das Forwarddarlehen 2013 abgeschlossen hast, hast du einen Vertrag mit der DSL-Bank, den diese nicht einfach ohne weiteres kündigen kann. Zumindest müsste es irgendeinen Kündigungsgrund geben. Gegebenenfalls bestehen hier sogar Ansprüche gegen die Bank, wenn der neue Zinssatz höher sein sollte, als der mit der DSL-Bank vereinbarte oder wenn durch einen aufgrund einer unberechtigten Kündigung und hartnäckigen Verweigerungshaltung der DSL-Bank erzwungenen neuen Darlehensvertrag sonstige Zusatzkosten auf dich zukommen.

    Berliner Kindl (1.054)


    Woher wissen Sie so genau, dass die fehlerhafte Belehrung von Sparkassen nach dem 10.06.2010 - angeblich - nicht mehr verwandt worden ist??? Warum i. Ü. nach dem 10.06.2010???


    Wir haben gerade eine Belehrung einer Sparkasse aus Rottach aus einem Vertrag aus dem Jahre 2011 geprüft. Auch diese Belehrung war nach unserer Beurteilung grob falsch.

    Die Widerrufsbelehrungen mit der Fußnote und der "frühestens"-Formulierung stammen aus der Zeit bis 2008, da die Musterwiderrufsbelehrung in der BGB-InfoV zum 01.04.2008 geändert wurde. Der Sparkassenvordruck mit diesen Formulierungen wurde regelmäßig bis Mitte 2008 verwendet, danach gab es ein neues Formular, in dem die Fußnote so nicht mehr enthalten ist. Sie wurde zeitgleich mit der Formulierung zum Fristbeginn entfernt, die neuen Formulare enthalten meines Wissens unten auf der Seite nur noch einen explizit als "Bearbeiterhinweis" gekennzeichneten Hinweis zum Fristbeginn.
    Das schließt natürlich eine Verwendung nach 2008 nicht zwingend aus, aber zumindest eine flächendeckende Verwendung fand nicht mehr statt.

    Hallo Bauss,sowie ich das sehe hätten die 246€ bis zum 20.4.2015 eingefordert werden müssen.
    Verjährung ist 3 Jahre.
    uim Vertrag: ich finde 11% Zinsen in dieser Zeit ganz schön happich.
    Alles Gute
    Alf

    Bis zum 31.12.2015 wohl eher. Ich sehe auf dem Vertrag nicht, wann er abgeschlossen wurde, vermutlich aber 2012 wegen der ersten Fälligkeit. Die Verjährungsfrist beträgt 3 Jahre (§ 195 BGB), beginnt aber erst mit Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist, § 199 Abs. 1 BGB.

    Wenn Sie das für eine Verdrehung von Ursache und Wirkung halten, liegen Sie falsch. Ursache für die fehlerhaften Widerrufsbelehrungen ist nicht die fehlende Nachbelehrung (die zahlreiche Probleme aufgeworfen hätte, zumal die Rechtsprechung teilweise noch nicht abschließend geklärt hat, ob bestimmte Widerrufsbelehrungen tatsächlich derart fehlerhaft sind, dass die entsprechenden Verträge widerrufbar sein, eine Nachbelehrung bei massiv gesunkenen Zinsen zu enormen Risiken in den Bankenbilanzen geführt hätte und auch völlig unklar ist, wie eine Nachbelehrung rechtssicher hätte ausgestaltet werden können). Ursache für die fehlerhafte Widerrufsbelehrung ist ein Gesetz, das die konkreten Pflichten der Banken in keiner Weise erkennen ließ, gepaart mit völlig unzureichenden Musterwiderrufsbelehrungen, von denen unklar war, ob sie in der Form überhaupt eine Regelungswirkung entfalten können.


    Letztendlich bleibt dann die Frage, wen die Folgen eines Versagens des Gesetzgebers treffen sollen: Verbraucher oder Banken. Wenn man sich aber den Schutzzweck der Widerrufsbelehrungen anguckt - nämlich den Schutz des Verbrauchers vor übereilten Entscheidungen - ist es völlig irrational, bei einer (ursächlich auf den Gesetzgeber zurückzuführenden) fehlerhaft erteilten Widerrufsbelehrung dem Verbraucher ein ewiges Widerrufsrecht zu gewähren. Man muss sich immer klar machen: Das Widerrufsrecht hat nicht den Sinn, das Zinsänderungsrisiko auf die Bank zu überwälzen. Dazu wurde das Widerrufsrecht aber in den letzten Jahren genutzt: Die Verbraucher sind durch Verträge mit langer Zinsbindung eine Zinswette eingegangen, die sie verloren haben. Nun merken die Verbraucher, dass sie mit der Festzinsbindung aufgrund des fallenden Zinsniveaus die falsche Entscheidung getroffen haben und verlangen über den Widerruf von den Banken, dass diese die Kosten ihrer Fehlentscheidung treffen.


    Aus Verbrauchersicht kann ich das Verhalten aufgrund der hohen Geldbeträge, um die es geht, verstehen. Dass etliche Gerichte dieses Spiel mitspielen, ist ein Armutszeugnis, zumal es rechtliche Argumentationsmuster gäbe, eine Widerrufsmöglichkeit abzulehnen. Konsequenterweise hat deswegen der Gesetzgeber eingegriffen: Nicht, weil die böse, böse Bankenlobby die Parlamentarier in der Hand hat, wie man bei vielen Verbraucherschützern und Verbrauchern zumindest zwischen den Zeilen liest, sondern weil die Beschränkung der Widerrufsmöglichkeit konsequent ist, um weiteren Missbrauch auszuschließen.

    alpenveilchen, sagst du das aus Überzeugung?Also, Daumen hoch für deinen Arbeitgeber.
    Wie mir bekannt ist (das behaupte ich aus eigener Erfahrung) sind die Banken für solche Einigung, neue Konditionen oder Kompromisse leider nicht bereit und verhindern jegliche Gespräche auf Augenhöhe mit abschmetternden Schreiben.

    Ich bin tatsächlich davon überzeugt, dass die Rechtsprechung zum Widerruf in weiten Teilen unsinnig ist, zumal man die Rolle des Gesetzgebers und des Verordnungsgebers beachten muss: Für Banken war lange Zeit schlicht nicht klar, wie Widerrufsbelehrungen rechtssicher ausgestaltet werden können.


    Meinem Arbeitgeber sind meine Überzeugungen in Bezug auf das Widerrufsrecht übrigens relativ egal. Ich arbeite zwar weiterhin im Bereich Bank- und Kapitalmarktrecht, seit einiger Zeit aber nicht mehr im Widerrufsbereich. Inzwischen verfolge ich die Debatten hierum nur noch aus persönlichem Interesse

    Weil Banken das Risiko in Kauf genommen haben, sofern sie nicht ohnehin Widerrufe kategorisch abgelehnt haben, weil die Einigung möglicherweise ein ebenfalls riskantes Gerichtsverfahren verhindert. Wenn ein Kunde den Widerruf erklärt, kann die Bank natürlich den Vertrag theoretisch mit veränderten Konditionen mit Zustimmung des Kunden fortführen. In einem Großteil der Fälle sind alle glücklich, es kommt nie zu einem Gerichtsverfahren, die Sache ist damit aus der Welt. Das bietet sich besonders bei Banken an, die noch ein relativ enges Verhältnis zum Kunden haben, etwa bei ländlich geprägten, kleinen Sparkassen, bei denen der Kunde mit dem Berater per Du ist. Sollte es allerdings trotz des Vergleichs zum Verfahren kommen (etwa weil der Kunde merkt, dass er mit einer vollständigen Rückabwicklung noch einmal deutlich mehr Geld rausholen könnte), wird es äußerst problematisch. Dann wird nämlich die Frage im Raum stehen, ob der Vertrag widerrufbar war (vermutlich, wenn die Bank sich auf Gespräche eingelassen hat; bei sicheren Verträgen passiert das eher nicht) und welche Folgen der Widerruf ausgelöst hat.
    Ich hätte als Jurist vor Ablauf der Widerrufsfrist jeder Bank tunlichst von so einer Einigung abgeraten. Das gilt besonders deswegen, weil nach meinen Erfahrungen die Kunden in den letzten anderthalb Jahren deutlich klagefreudiger als in der Zeit davor geworden sind.


    Zur "Augenhöhe": Die meisten Banken dürften tatsächlich davon überzeugt sein, dass ein Widerruf der Verträge zum jetzigen Zeitpunkt rechtlich nicht mehr möglich ist, die entgegenstehenden Obergerichtlichen Urteile zum Widerruf rechtlich also falsch sind. Man muss immer bedenken: Auch wenn an den OLGs und am BGH nicht die schlechtesten Juristen Recht sprechen, vertreten sie im Regelfall nur eine von mehreren vertretbaren Meinungen. Zum Teil sind die Urteilsbegründungen rechtlich auch völlig hanebüchen (beispielsweise bei dem Urteil zur Verjährungsfrist von Bearbeitungsgebühren). Insofern kann man meiner Ansicht nach nicht davon sprechen, dass Banken Kunden nicht auf Augenhöhe begegnen würden: Wenn der Kunde meint, dass er versuchen muss, durch vermeintliche Formfehler geldwerte Vorteile zu ziehen, ist es das Recht der Bank, sich rechtlich gegen vermeintliche Ansprüche des Kunden zu wehren.

    Die Bank begegnet dem Kunden doch auf Augenhöhe. Wenn der Kunde den Widerruf erklärt, gibt er eine vertragsgestaltende Willenserklärung ab. Die Bank muss dann prüfen, ob diese Erklärung so überhaupt berechtigt ist. Natürlich können dazu unterschiedliche Ansichten bestehen. Wenn divergierende Auffassungen über die Zulässigkeit des Widerrufs bestehen, die Bank den Widerruf also zurückweist, bleibt es dem Kunden unbelassen, die Wirksamkeit des Widerrufs in einem Klageverfahren zu klären.


    Im Übrigen: Vor Erklärung des Widerrufs kann man sich ggf. noch über die Konditionen eines Vertrags unterhalten und einen Kompromiss finden und vertraglich regeln, dass der Widerruf aufgrund des Kompromisses nicht erklärt wird. Nach Erklärung des Widerrufs gibt es eigentlich für die Bank nichts mehr zu klären. Denn ist der Widerruf erst einmal in der Welt, wirkt sich dies - vorausgesetzt, er ist berechtigt - unmittelbar auf den Vertrag aus. Ein Widerruf kann nicht "zurückgenommen" werden. Jedes Gespräch und jede Einigung nach Erklärung des Widerrufs birgt für die Bank hohe rechtliche Risiken.

    So wie Verbraucherschützer häufig rechnen: Ab Rückführung auf die 50.000,- Euro plus Zinsleistung, davor auf die Zins- und Tilgungsleistung. Das ist allerdings nicht unbestritten. Problematisch sind zudem die genauen Modalitäten: Es ergibt eigentlich keinen Sinn, dass auf die 50.000,- Euro plus Zinsleistung Nutzungsersatz unabhängig von der Tilgung bis zum Widerruf gezahlt wird, während die Bank lediglich Zinsen für den noch offenen Darlehensbetrag in Höhe des üblichen Zinssatzes, höchstens jedoch in Höhe des vertraglich vereinbarten Zinssatzes, erhalten soll. Diese doch recht grotesk anmutende Rechnung - die von Verbraucherschützern regelmäßig bei zurückgeführten Darlehen angewendet wird - würde dazu führen, dass die Bank ab dem Zeitpunkt der Rückführung keinen weiteren Zins erhält, während der Darlehensnehmer praktisch Geld geschenkt bekommt (Obwohl der Verbraucher ihr die ihr ohnehin zustehenden 50.000,- Euro zurückgezahlt hat und praktisch nur die Zinsleistung zusätzlich finanzieren musste). Eigentlich müsste die vertraglich vereinbarte Tilgungsleistung zumindest auch in Richtung des Verbrauchers berücksichtigt werden, wenn sie andererseits in Richtung der Bank berücksichtigt wird. Die meiner Ansicht nach richtige Rechnung könnte allenfalls so aussehen, dass Tilgungsleistungen bei der Nutzungsersatzberechnung vollkommen außen vor bleiben oder alternativ die Bank Nutzungsersatz für sämtliche Zins- und Tilgungsleistungen erbringen muss, der Verbraucher dafür im Umkehrschluss aber auch den vollen Darlehensbetrag bis zum Widerruf verzinsen muss.


    Ich wäre bei so einem Fall allerdings nicht sehr optimistisch, was die Erfolgsaussichten angeht: Das Darlehen wurde selbst im besten Fall (Aufnahme: Dezember 2006) vor über 9 Jahren vollständig zurückgeführt. Ob Gerichte in so einem Fall immer noch den Widerruf zulassen, halte ich für sehr fragwürdig. Es kommt im Detail natürlich auf die Umstände im Einzelfall an (bei einer Umschuldung sind die Aussichten zum Beispiel etwas besser), aber ich wäre sehr vorsichtig, hier voreilig in ein teures Klageverfahren zu gehen.

    zu 'alpenveilchen' v. 04.06.2016



    Sie sprechen in Ihrem Beitrag davon, der Vertrag müsse nach dem 01.11.2002 geschlossen worden sein. Das Widerrufsrecht erlischt aber für alle Verträge, die in der Zeit vom 01.09.2002 bis zum 10.06.2010 geschlossen wurden.

    Nur ein "fortbestehendes" Widerrufsrecht erlischt für ab dem 01.09.2002 geschlossene Verträge. Es muss also zunächst geprüft werden, ob das Widerrufsrecht überhaupt zum jetzigen Zeitpunkt noch besteht. Wie dargestellt gilt das bei Immobiliardarlehensverträgen nur eingeschränkt, weil die 2002 eingeführten Regelungen Übergangsfristen vorsahen.

    Kommt darauf an.
    Nehmen wir mal an, du hast keine Rechtsschutzversicherung und so kurzfristig keine Möglichkeit mehr, das Risiko finanzieren zu lassen und die Widerrufsbelehrung ist eindeutig falsch (bei so späten Widerrufsbelehrungen sind die Fehler im Regelfall zumeist weniger offensichtlich; für die Widerrufsbelehrungen vieler Kreditinstitute besteht aus diesem Zeitraum keine umfangreiche Rechtsprechung): Dann wirst du spätestens letztinstanzlich Recht bekommen. Bedeutet: Nach Abschluss des Verfahrens erhältst du deine Rechtsanwalts- und Gerichtskosten erstattet, zudem muss das Kreditinstitut ggf. weitere Zahlungen (Nutzungsersatz plus Zinsen) erbringen. Im Ergebnis kann es sich also lohnen, vorausgesetzt die höheren Instanzen bestätigen die zumindest teilweise angewendete Nutzungsersatzberechnung (Basiszins + 5 Prozentpunkte). Da kann schnell einiges zusammenkommen.


    Auf der anderen Seite bestehen natürlich auch Risiken: Bis zum Abschluss des Verfahrens können enorm hohe Kosten auflaufen, die du ggf. zumindest teilweise vorstrecken musst. Maßgeblich ist also selbst bei einem eindeutigen Fall, wie lang dein Atem ist und ob das Kreditinstitut das Verfahren schnell abschließen möchte. Letzteres könnte der Fall sein, da das Widerrufsrecht bis zu einem Verhandlungstermin ohnehin ausgelaufen ist und das Kreditinstitut so den Rechtsstreit abhaken kann, Nachahmereffekte also nicht mehr zu befürchten sind.
    Weiterhin bestehen natürlich immer Prozessrisiken. Ich kenne deinen Fall nicht und weiß nicht, wie die Widerrufsbelehrung ausgestaltet ist. Selbst bei vermeintlich eindeutigen Fällen ist es aber häufig so, dass der BGH genau diesen einen Fall noch nicht entschieden hat und ihn vielleicht nicht als ganz so eindeutig bewertet. Die Rechtsprechung lässt sich zwar von der Tendenz vorhersagen, hundertprozentige Gewissheit besteht aber in den wenigsten Fällen.


    Du hast mehrere Möglichkeiten:


    1. Den Widerruf sofort zu erklären. Vorteil: Du hast Zeit genug, dir Gedanken über das weitere Vorgehen zu machen. Nachteil: Die Bank wird nicht sehr erfreut sein. Das ist im Regelfall nicht relevant, kann aber dann zu Problemen führen, wenn du an anderer Stelle auf sehr gute Zusammenarbeit angewiesen bist. Theoretischer Nachteil: Die Bank könnte den Widerruf anerkennen mit der Folge, dass du innerhalb von 30 Tagen die Restschuld begleichen musst. Das wird aber erstens nicht passieren (Banken erkennen im Regelfall nie an), zweitens nehme ich an, dass sich 8.500,- Euro auch kurzfristig finanzieren ließen.
    2. Mit einem Anwalt sprechen und dich erst einmal genau aufklären lassen. Vorteil: Kein Stress mit der Bank, wenn die Widerrufsbelehrung doch nicht so ganz eindeutig falsch ist. Nachteil: Zeitlich wird das verdammt eng, zudem trägst du die (sich normalerweise im Rahmen haltenden) Kosten für die Erstberatung selber.
    3. Den Fall zu den Akten legen und ihn abhaken. Das ist dann sinnvoll, wenn du dir einen länger andauernden Rechtsstreit mit hohen Kostenrisiken sparen willst.


    Im Ergebnis musst du abwägen: Potentieller Gewinn von mehreren tausend Euro vs. potentiell stressiges Verfahren (die Belastungen eines Gerichtsverfahrens sollte man nicht unterschätzen; einige stecken das ohne Weiteres weg, andere haben damit aber arge Probleme) und Kostenrisiko.